Die Eigenheiten der verschiedenen Rechtssysteme der beteiligten Jurisdiktionen kommen hier erschwerend hinzu. Um die rechtlichen und steuerlichen Risiken frühzeitig zu erkennen und deren Handling optimal in einer vertraglichen Regelung abzubilden, ist bei den involvierten Unternehmen ein Transaktions-Risikomanagement notwendig. Es ist Aufgabe der spezialisierten Berater, die beteiligten Parteien durch diese Klippen zu lotsen, um die M&A-Transaktion erfolgreich abzuschliessen.
Rechtliche und steuerliche Fallstricke – TEIL 1
Transaktionsrisiken werdem üblicherweise in diesen vier Schritten bewältigt:
- Erkennung der Risiken und Analyse der Auswirkungen durch die beteiligten Parteien im Rahmen der Due Diligence-Prüfung.
- Entscheid über die Transaktion nach Auswertung der Due Diligence-Berichte.
- Im Rahmen der Vertragsverhandlungen erfolgt die Risikoallokation zwischen den Parteien.
- Bewältigung der Risiken durch die Vertragspartei, der das Risiko im Vertrag oder durch Gesetz zugewiesen wurde.
In Bezug auf grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Deutschland und der Schweiz hat die Praxis gezeigt, dass gewissen Transaktionsrisiken besonderes Augenmerk zu schenken ist. Auf diese Risiken soll nachfolgend eingegangen werden.
Scheitert eine Transaktion, trägt normalerweise der Käufer das Risiko auf seinen Verfahrenskosten sitzen zu bleiben, zum Beispiel für die Due Diligence oder die Vertragsverhandlungen. In der Schweizerischen Lehre und Rechtsprechung hat sich das Rechtsinstitut der culpa in contrahendo entwickelt. Dieses räumt dem Käufer die Möglichkeit ein, seine sogenannten Broken Deal Costs beim Verkäufer einzufordern – insofern dem Verkäufer im Transaktionsprozess ein Verhalten wider Treu und Glauben vorgeworfen werden kann. Die Hürde für eine erfolgreiche Schadenersatzklage ist erfahrungsgemäss sehr hoch. Der Verkäufer kann sich einfach von seiner Haftung befreien, indem er beweist, dass ihn kein Verschulden trifft.
Dem Käufer ist daher zu empfehlen, sich in einem Vorvertrag mit dem Verkäufer vor den Broken Deal Costs abzusichern. Mit diesem Vorvertrag werden die Rechte und Pflichten der Parteien im Transaktionsprozess geregelt. Dieser kommt oftmals in Form eines Letters of Intent, eines Term Sheets oder eines Memorandums of Understanding daher. Obschon solche Vorverträge in aller Regel als unverbindliche Absichtserklärungen qualifizieren, werden gewisse Regelungen von den Parteien ausdrücklich für rechtlich verbindlich erklärt – wie beispielsweise die Kostentragung, die Exklusivität oder die Vertraulichkeit.
Um das Risiko der Broken Deal Costs gerecht zwischen Verkäufer und Käufer zu verteilen oder allenfalls ganz auf den Verkäufer abzuwälzen, ist die Break-up Fee eine bewährte Lösung. Darunter versteht man eine pauschalisierte Schadenersatzzahlung des Verkäufers für die Verfahrenskosten des Käufers – falls die Transaktion unter gewissen, vorab definierten Umständen abgebrochen wird, die nicht der Käufer zu vertreten hat.
Der Käufer ist üblicherweise darauf bedacht, möglichst früh im Transaktionsprozess die Verhandlungsexklusivität vom Verkäufer zu erhalten. Durch die Exklusivität hat der Käufer die Gewissheit, nicht parallel und damit in direkter Konkurrenz mit Drittparteien verhandeln zu müssen. Die Exklusivität ist ein effektives Instrument des Käufers, sein Risiko der Broken Deal Costs zu minimieren
In unkomplizierten Transaktionen kann das Risikomanagement des Käufers bezüglich Transaktionskosten zudem darin bestehen, dass bereits im Vorvertrag die Vorbedingungen des Käufers für den Abschluss der Transaktion und die wichtigsten Vertragskonditionen verbindlich festgelegt werden. In einem solchen Fall hat der Käufer die Garantie, dass die Transaktion zum Abschluss kommen wird – wenn seine Bedingungen erfüllt worden sind, zum Beispiel der zufriedenstellende Abschluss der Due Diligence-Prüfung. Das funktioniert aber nur, wenn in der Transaktion ausschliesslich Bedingungen zugunsten des Käufers eine Rolle spielen, sonst geht die Abschlusssicherheit für den Käufer verloren.
Aus steuerlicher Sicht gilt es zu beachten, dass das Tragen der Transaktionskosten Sache des Verkäufers respektive Käufers ist. Durch die Zielgesellschaft getragene Transaktionskosten sind steuerlich nicht abzugsfähig und können unliebsame Steuerfolgen auslösen – zum Beispiel Korrektur bei der Gewinnsteuer oder Verrechnungssteuerfolgen. Betreffen die Transaktionskosten einen Bereich, von welchem die Zielgesellschaft selbst profitiert, ist eine steuerlich akzeptierte Kostentragung durch die Zielgesellschaft möglich. In diesem Fall qualifizieren die Kosten als geschäftsmässig begründet.
Ein gewichtiger Fallstrick lauert in der vertraglichen Vereinbarung, mit welcher die Verkäufer der zu verkaufenden Rechtseinheit ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten als Aktionäre beziehungsweise Gesellschafter geregelt haben: der sogenannte Aktionär- beziehungsweise Gesellschafterbindungsvertrag. Standardmässig findet man in solchen Verträgen Vorhandrechte (das Recht, vorab den Kaufgegenstand vom Verkäufer angeboten zu erhalten) und Vorkaufsrechte (das Recht, anstelle des Käufers den Kaufgegenstand zu denselben Konditionen zu erwerben) zugunsten der übrigen Aktionäre beziehungsweise Gesellschafter – in seltenen Fällen auch zugunsten Drittparteien.
Solche Vorkaufsrechte unterliegen in der Schweiz keiner Formvorschrift und sind damit einfach zwischen den Parteien zu vereinbaren – mit Ausnahme von Vorkaufsrechten über Grundstücke. Wie die Praxis zeigt, stellen sie eine deutliche Behinderung des Verkaufsprozesses dar. Über der ganzen Transaktion schwebt als Damoklesschwert die Unsicherheit, ob die berechtigte Partei letztendlich ihr Vorkaufsrecht ausüben und den Kaufgegenstand erwerben wird. Nach der wirtschaftlichen Logik wird sich ein Käufer nicht in einen kostenintensiven Due Diligence- und Verhandlungsprozess begeben, wenn Vorkaufsrechte immanent sind. Der Käufer wird daher regelmässig vom Verkäufer verlangen, vorab oder frühzeitig im Prozess entsprechende Verzichtserklärungen von den berechtigten Parteien vorgelegt zu bekommen. Die Verzichtserklärungen sind in der Praxis oftmals, wenn überhaupt, nur durch teure Entschädigungszahlungen des Verkäufers an die berechtigte Partei beizubringen – da die berechtigte Partei nur ungern auf diese wirtschaftliche Opportunität verzichtet.
Im Hinblick auf den Exit ist daher eine standardmässige, unreflektierte Übernahme der Vorhand- und Vorkaufsrechte in die Aktionär- beziehungsweise Gesellschafterbindungsverträge abzulehnen. Vielmehr empfiehlt es sich, diese nur bei absoluter Notwendigkeit oder in abgeschwächter Form zu gewähren. So reicht es in vielen Fällen, wenn das Vorhand- und Vorkaufsrecht nur zugunsten des Hauptaktionärs eingeräumt wird – was sich kaum als Behinderung des Verkaufsprozesses auswirkt. Ebenfalls bewährt hat sich die blosse Einräumung des Vorhandrechts ohne Vorkaufsrecht. Dies führt dazu, dass der Verkäufer und der Käufer mit Beginn der Verkaufstransaktion Gewissheit über die Rechtslage haben.
>> 2.Teil der rechtlichen und steuerlichen Fallstricke bei M&A–Transaktionen
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