Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Deutschland
16. Nov 2017, Recht & Steuern | Kaufrecht

Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Deutschland (1/2)

Ab dem 01.01.2018 hat der Käufer einer mangelhaften Sache gegen seinen Verkäufer einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Ersatz der Kosten.

Dieser Aspruch gilt zum einen für den Ausbau der mangelhaften Sache und zum anderen für den Wiedereinbau einer mangelfreien Sache. Daneben hat der deutsche Gesetzgeber einen allgemeinen Lieferantenregress in das Kaufrecht aufgenommen – und zwar sowohl im B2C- als auch B2B-Bereich.

1. Hintergrund der gesetzlichen Neuregelung

Bei Lieferung einer mangelhaften Sache hat der Käufer gegen den Verkäufer einen Anspruch auf Nacherfüllung. Entweder in Form der Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder Lieferung einer mangelfreien Sache (Nachlieferung) auf Kosten des Verkäufers. Hatte der Käufer die Kaufsache vor Entdeckung des Mangels bereits in eine andere Sache eingebaut oder mit ihr verbunden, stellte sich die Frage, ob der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung auch verpflichtet ist, auf eigene Kosten die mangelhafte Kaufsache wieder auszubauen bzw. zu entfernen und die Ersatzsache einzubauen.

Nach der Gesetzeskonzeption waren die Aus- und (Wieder-)Einbaukosten nicht vom Nacherfüllungsanspruch des Käufers umfasst, sofern der Verkäufer sich nicht ausnahmsweise vertraglich zum Einbau der Sache verpflichtet hatte. In der Folge konnte der Käufer den Ersatz der Aus- und Einbaukosten nur mit einem Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer geltend machen. Hierfür hatte der Verkäufer allerdings nur einzustehen, wenn er für den Mangel verantwortlich war.

Recht der Mängelhaftung an Rechtsprechung des EuGH angepasst

Mit Urteil vom 16.06.2011 (C 65/09 und C 87/09) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgrund einer Vorlage durch den Bundesgerichtshof (BGH) folgendes entschieden: Es ergibt sich eine Pflicht des Verkäufers zur Übernahme der Aus- und Einbaukosten im Rahmen der Nacherfüllung aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 1999/44/EG. In der Folge urteilte der BGH, dass der Verkäufer, der an einen Verbraucher verkaufe (B2C), im Rahmen der Nacherfüllung auch für die Aus- und Einbaukosten hafte. Für einen Kaufvertrag zwischen Unternehmern (B2B) gelte dies nicht.

Die Spaltung der Rechtslage führt dazu, dass ein Verkäufer gegenüber seinem Verbraucherkunden im Rahmen der Nacherfüllung auch die Kosten des Ausbaus der mangelhaften Sache und Einbaus der mangelfreien Ersatzsache tragen muss. Von seinem Lieferanten kann er als Teil der Nacherfüllung nur die Lieferung der benötigten Ersatzsache verlangen. Die Aus- und Einbaukosten erhält er nur als Schadensersatz, wenn er eine Verantwortlichkeit des Lieferanten für den Mangel nachweisen kann. Bei produktionsbedingten Mängeln ist jedoch in der Regel der Hersteller für den Mangel verantwortlich. Der Letztverkäufer muss die Aus- und Einbaukosten also selbst tragen. Mit dem Gesetz zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung vom 28.04.2017 (BGBl. I 2017, 969) hat der deutsche Gesetzgeber nun reagiert und das Recht der Mängelhaftung insgesamt an die Rechtsprechung des EuGH angepasst – und zwar sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich.

2. Verschuldensunabhängiger Anspruch auf Aufwendungsersatz

§ 439 BGB, der den Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung normiert, wird nun um einen neuen Absatz 3 ergänzt. Darin ist geregelt, dass der Verkäufer dem Käufer die Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen hat – wenn der Käufer die mangelhafte Sache gemäss ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht hat.

Ausgangspunkt für die Ersatzfähigkeit der Aufwendungen ist somit, ob die Sache objektiv dazu bestimmt war, in eine andere Sache eingebaut oder an ihr angebracht zu werden. Dies ist vor allem bei Baumaterialien und -zubehör wie zum Beispiel Bodenbelägen, Farben und Lacken, Leuchten oder Dachrinnen der Fall, aber auch bei Ersatzteilen für Maschinen und Anlagen. Wenn der Käufer die Kaufsache durch den Einbau entgegen ihrer funktionellen Bestimmung verwendet, ist er nicht schutzwürdig. Somit hat er keinen Anspruch auf Erstattung der mit dem Aus- und Einbau verbundenen Kosten. Ferner ist der Ersatzanspruch mangels Schutzwürdigkeit ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel zum Zeitpunkt des Einbaus bereits kannte.

Anbindung an Nacherfüllung: Verkäufer muss nicht für Mängel verantwortlich sein

Darüber hinaus werden nur diejenigen Aufwendungen ersetzt, die erforderlich waren. Dies sind jene, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Auftraggeber aufgrund sachkundiger Beratung oder Feststellung für eine geeignete und Erfolg versprechende Massnahme zur Mängelbeseitigung erbringen konnte und musste.

Bei Einführung des § 439 Abs. 3 BGB-E hat sich der Gesetzgeber bewusst dagegen entschieden, den Verkäufer selbst zum Aus- und Einbau zu berechtigen bzw. zu verpflichten. Dies wäre gerade in längeren Lieferketten kompliziert gewesen und hätte zu stark in die individuellen Vertragsbeziehungen eingegriffen. Stattdessen wurde ein reiner Aufwendungsersatzanspruch geschaffen. Aufgrund der Anbindung an die Nacherfüllung ist es – anders als bei einem Schadensersatzanspruch – nicht erforderlich, dass der Verkäufer für den Mangel verantwortlich ist. Er haftet verschuldensunabhängig.




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