Allianz Global Wealth Report: Höchstes Vermögenswachstum seit 2003
27. Okt 2014, Finanzen | Allianz Global Wealth Report

Höchstes Vermögenswachstum seit 2003

Im September hat die Allianz Suisse die fünfte Ausgabe ihres «Global Wealth Reports» vorgestellt. Darin wurde die Vermögens- und Schuldenlage der privaten Haushalte in über 50 Ländern analysiert. 

  • Globales Brutto-Geldvermögen steigt 2013 auf neues Rekordniveau von 118 Billionen Euro 
  • Schweizer bleiben weiterhin auf Platz eins der globalen Rangliste; gleichzeitig haben sie auch die höchste private Verschuldung 
  • Privatvermögen in der Schweiz stagniert im internationalen Vergleich 
  • Licht und (etwas) Schatten bei der globalen Vermögensverteilung: 65 Millionen «Absteiger», aber knapp eine halbe Milliarde «Aufsteiger»

Nach dem aktuellen «Global Wealth Report» von September 2014 vorgestellt. Darin wurde die Vermögens- und Schuldenlage der privaten Haushalte in über 50 Ländern analysiert.

Danach erzielte das globale Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte 2013 eine Zuwachsrate von 9,9 Prozent und damit das höchste Wachstum seit 2003. Rund um den Globus summierte sich das Finanzvermögen auf ein neues Rekordniveau von 118 Billionen Euro.

Haupttriebfeder des Wachstums war dabei die ausgezeichnete Entwicklung der Aktienmärkte in Japan, den USA und Europa: Das in Form von Wertpapieren gehaltene Vermögen erzielte ein Plus von 16,5 Prozent – sogar mehr als in den Jahren unmittelbar vor Ausbruch der Finanzkrise. Dahinter steht aber nicht die plötzlich wiederentdeckte Liebe der Sparer für Aktien. Lediglich in den USA floss frisches Geld in nennenswerter Höhe in Aktien oder andere Wertpapiere, vor allem Europäer zogen hingegen weiter Geld ab.

Unterdurchschnittliche Entwicklung in der Schweiz im langjährigen Vergleich

In der Schweiz wuchs das Brutto-Geldvermögen im vergangenen Jahr um 5,3 Prozent – marginal schneller als der europäische Durchschnitt. Seit 2007, dem letzten Vorkrisenjahr, summiert sich der Zuwachs auf 10,6 Prozent, was deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 15,1 Prozent liegt.

Betrachtet man einen noch längeren Zeithorizont, lässt sich für die Entwicklung des Privatvermögens eine im europäischen Kontext nur sehr magere Bilanz ziehen: Seit Ende 2000 stieg das Brutto-Geldvermögen der schweizerischen Haushalte um durchschnittlich 2,3 Prozent pro Jahr, während sich die regionale Zuwachsrate auf 3,5 Prozent im Mittel belief.

Noch langsamer als in der Schweiz entwickelte sich der Vermögensbestand lediglich in Italien und im krisengebeutelten Griechenland. In Pro-Kopf-Rechnung reduziert sich die mittlere jährliche Wachstumsrate sogar auf 1,3 Prozent – nach Abzug der durchschnittlichen Inflationsrate von 0,6 Prozent ist in der Schweiz nahezu eine Stagnation zu konstatieren. Selbst die Japaner schnitten in diesem Zeitraum besser ab.

Unverkennbar leiden die schweizerischen Sparer unter den Auswirkungen der Niedrigzinsen. Ein Trost bleibt jedoch: Absolut betrachtet verfügten die Schweizer mit rund 204.000 Euro immer noch über das höchste Brutto-Geldvermögen pro Kopf weltweit.

Grosses Vermögen, hohe Verschuldung

Die Vermögenssituation der schweizerischen Privathaushalte zeichnet sich aber nicht nur durch hohe Ersparnisse aus, sondern auch durch eine hohe Verschuldung. In keinem anderen Land war die private Schuldenlast pro Kopf grösser als in der Schweiz – auf jeden Einwohner entfielen durchschnittlich 75.490 Euro.

Immerhin ist das Wachstum der privaten Verbindlichkeiten im letzten Jahr aber deutlich auf 1,5 Prozent zurückgegangen. Die Schuldenstandsquote (Verbindlichkeiten in Prozent der Wirtschaftsleistung) verharrte bei 124 Prozent – auch dies ein Spitzenwert. Allerdings relativiert sich die Schuldenlast ein wenig, wenn die Verschuldung in Relation zum Brutto-Geldvermögen gesetzt wird: Dabei errechnet sich für die Schweiz eine Quote von 34 Prozent. Das entspricht exakt dem europäischen Mittelwert.

Für das globale Netto-Geldvermögen (Brutto-Geldvermögen abzüglich Verbindlichkeiten) ergab sich für 2013 insgesamt ein zweistelliges Plus von 12,4 Prozent. In der Rangliste der reichsten Länder kam es vor allem zu wechselkursbedingten Verschiebungen – zum Beispiel ist Japan um zwei Plätze abgestiegen.

Trotz der im europäischen Vergleich langfristig schwachen Vermögensentwicklung stand die Schweiz nach wie vor mit einem durchschnittlichen Netto-Geldvermögen von 146.540 Euro pro Kopf an der Spitze, der Abstand zu den USA war deutlich. Neben der Schweiz zählten vier weitere europäische Länder zu den Top 10 weltweit – und zwar Belgien, die Niederlande, Schweden und Grossbritannien.

Ungleichheit in der Schweiz nimmt zu

In diesem Jahr nimmt die Allianz erstmals die Entwicklung der innerstaatlichen Vermögensverteilung näher unter die Lupe – mit Hilfe einer «Vermögensmatrix». Die Ergebnisse entsprechen nicht unbedingt dem Bild einer stark zunehmenden Ungleichheit. Tatsächlich gibt es unter den betrachteten Ländern mehrere, in denen sich die Vermögensverteilung in der letzten Dekade kaum verändert oder sogar verbessert hat. Das trifft vor allem auf aufstrebende Volkswirtschaften und hier insbesondere Lateinamerika zu.

In einigen grossen Ländern – wie Indien und Russland – ist allerdings eine gegensätzliche Entwicklung zu beobachten. So auch in den entwickelten Ländern: Hier hat sich die Vermögensverteilung der meisten betrachteten Länder eher verschlechtert, das heisst der Vermögensanteil der reichsten zehn Prozent ist noch einmal gestiegen. Nirgendwo ist diese Entwicklung markanter als in den USA. Doch auch die Schweiz und einige andere europäische Länder (Frankreich, Irland oder Italien) mussten eine signifikante Zunahme der Ungleichheit hinnehmen.

Ein krisenbedingt eher schwaches Vermögenswachstum scheint vor allem die kleinen und mittleren Vermögen in Mitleidenschaft zu ziehen. «Die politischen Implikationen sind klar: Wer für eine homogenere Verteilung der Vermögen eintritt, sollte nicht darauf zielen, durch Steuern und Abgaben das Vermögenswachstum zu begrenzen – sondern vielmehr alles daran setzen, die Vermögensentwicklung insgesamt zu fördern. Wachstum ist die beste Medizin für soziale Gerechtigkeit», sagt Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz Gruppe.

Weltweit heterogenes Bild bei der Vermögensverteilung

Die folgende Grafik bekräftig die Untersuchung nach globalen Vermögensklassen.

Vermögensverteilung: Westeuropa, Nordamerika, Ozeanien

2013 lebten insgesamt 912 Millionen Menschen mit mittlerem Netto-Geldvermögen in den von der Allianz untersuchten Ländern.

Die Dynamik, mit der sich die globale Mittelschicht entwickelt, wird dabei vor allem über einen längeren Zeitraum hinweg deutlich: Seit Beginn des neuen Jahrtausends hat sich die Bevölkerung, die im globalen Massstab über ein mittleres Vermögen verfügt, in Lateinamerika verdoppelt, in Osteuropa beinahe verdreifacht und in Asien sogar versiebenfacht.

Das rapide Wachstum der Mittelschicht ist aber nicht für alle eine Erfolgsgeschichte. Gerade in den Ländern, in denen die Verschuldung in den letzten Jahren enorm angestiegen ist und deren Geldvermögen in der Krise gelitten hat, gibt es heute weniger Menschen mit hohem Vermögen als noch zu Beginn des Jahrtausends.

Insgesamt ist die «Vermögensoberklasse» in den letzten Jahren um gut 65 Millionen Menschen geschrumpft. Die stärksten absoluten Verschiebungen in diese Richtung mussten dabei die USA, Japan, Frankreich und Italien verzeichnen – alles Länder, in denen auch die innerstaatliche Vermögensverteilung signifikant «ungleicher» geworden ist.

Top 20 im Jahr 2013 nach...

Die Zahl der Mitglieder der unteren Vermögensklasse (durchschnittliches Netto-Geldvermögen pro Kopf von weniger als 5.300 Euro) ist mit rund 3,5 Milliarden Menschen in den letzten Jahren relativ konstant geblieben. Allerdings ist dies vor allem eine Folge des hohen Bevölkerungswachstums. Wird die Entwicklung um diesen natürlichen Anstieg «bereinigt», wird deutlich, welch immense Aufstiegsgeschichte sich hinter diesen Zahlen verbirgt: Nahezu eine halbe Milliarde Menschen ist den vergangenen dreizehn Jahren in die globale Vermögensmittelklasse aufgestiegen.

«Mehr als alles andere unterstreicht diese Zahl, dass im globalen Massstab immer mehr Menschen am weltweiten Wohlstand partizipieren können. Von zunehmender Ungleichheit kann aus dieser globalen Perspektive keine Rede sein», so Heise.

(Bildquelle: Allianz SE; Bildtitel: Allianz Flaggen)




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