Bild Produktsicherheitsverordnung
24. Okt 2024, Recht & Steuern

GPSR: Neue EU-Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit

Neue Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten für Schweizer Unternehmen

Die EU-Verordnung 2023/988 über die allgemeine Produktsicherheit (GPSR) wurde am 25. April 2023 verabschiedet und tritt am 13. Dezember 2024 in Kraft. Während die Verordnung für Unternehmen in den EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar gilt, müssen Schweizer Wirtschaftsakteure die neuen Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten beachten, wenn sie ab dem 13. Dezember 2024 Produkte in die EU exportieren möchten.

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Was ist das Ziel der GPSR?

Das Ziel der GPSR besteht darin, die Funktionsweise des Binnenmarkts zu optimieren und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Alle Wirtschaftsakteure sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass nur sichere Produkte auf den EU-Markt gelangen.

Für welche Produkte gilt die GPSR?

Sofern keine sektorspezifischen Sicherheitsbestimmungen im EU-Recht existieren, die das gleiche Ziel verfolgen, gilt sie für Produkte, die innerhalb der EU in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden. Sie gilt sowohl für neue als auch für gebrauchte, reparierte oder wiederaufgearbeitete Produkte.

Sie gilt jedoch nicht für Produkte, die vor der Verwendung repariert oder wiederaufgearbeitet werden müssen und als solche gekennzeichnet werden. Zudem sind folgende Produktklassen ausgeschlossen: Human- und Tierarzneimittel, Lebensmittel, Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere sowie genetisch veränderte Organismen, Tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte, Pflanzenschutzmittel, Transportmittel die von Dienstleistern betrieben werden, Luftfahrzeuge, Antiquitäten.

Verschärfte Bewertungskriterien für die Produktsicherheit

Folgende Aspekte fliessen nun in die Bewertung der Sicherheiten von Produkten mit ein:

  • Produkteigenschaften: Dazu zählen Gestaltung, technische Merkmale, Zusammensetzung, Verpackung sowie Anweisungen zu Zusammenbau, Installation, Verwendung und Wartung.
  • Wechselwirkungen mit anderen Produkten: Die Einwirkung des Produkts auf andere Produkte und umgekehrt wird bewertet, insbesondere wenn eine gemeinsame Verwendung absehbar ist.
  • Aufmachung und Etikettierung: Das Erscheinungsbild, die Etikettierung (inklusive Alterskennzeichnung), Warnhinweise, sowie Hinweise zur sicheren Nutzung und Entsorgung.
  • Verbraucherkategorien: Die speziellen Risiken für schutzbedürftige Verbrauchergruppen wie Kinder, ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen werden berücksichtigt, ebenso geschlechtsspezifische Gesundheits- und Sicherheitsaspekte.
  • Cybersicherheit: Sofern aufgrund der Art des Produkts erforderlich, die angemessenen Cybersicherheitsmerkmale, die erforderlich sind, um das Produkt vor äusseren Einflüssen, einschliesslich böswilliger Dritter, zu schützen, sofern sich ein solcher Einfluss auf die Sicherheit des Produkts auswirken könnte, einschliesslich eines möglichen Ausfalls der Verbindung.
  • Lernfähige Produkte: Falls relevant, auch die lernenden und prädiktiven Funktionen eines Produkts.
Wesentliche Produktveränderung

Wer ein Produkt wesentlich verändert gilt nun als Hersteller und unterliegt den im Folgenden aufgeführten Herstellerpflichten. Eine physische oder digitale Änderung eines Produkts gilt als wesentlich, wenn sie sich auf die Sicherheit des Produkts auswirkt und die folgenden Kriterien erfüllt sind:

  • Durch die Änderung wird das Produkt in einer Weise verändert, die in der ursprünglichen Risikobewertung des Produkts nicht vorgesehen war und
  • aufgrund der Änderung hat sich die Art der Gefahr geändert, ist eine neue Gefahr entstanden oder hat sich das Risikoniveau erhöht und
  • die Änderungen wurden nicht von den Verbrauchern selbst oder in ihrem Auftrag für ihren eigenen Bedarf vorgenommen.
Welche Wirtschaftsakteure werden benannt?

Wie bisher gelten als Wirtschaftsakteure der Hersteller, der Bevollmächtigte, der Einführer und der Händler
Neu erfasst werden nun:

  • ausdrücklich der Fulfilment-Dienstleister,
  • indirekt der Anbieter eines Online-Marktplatzes.
Welche Hauptpflichten treffen den Hersteller?

Die Pflichten der Hersteller umfassen die folgenden Aspekte:

  • Sicherheitsgarantie: Wenn Hersteller ihre Produkte in Verkehr bringen, gewährleisten sie, dass diese Produkte sicher entworfen und hergestellt wurden.
  • Risikoanalyse und technische Dokumentation: Vor dem Inverkehrbringen müssen Hersteller eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen, die eine allgemeine Beschreibung des Produkts und der für die Sicherheit relevanten Merkmale beinhalten. Hersteller müssen die technischen Unterlagen aktuell halten und sie für einen Zeitraum von zehn Jahren aufbewahren, um sie auf Anfrage den Marktüberwachungsbehörden zur Verfügung zu stellen.
  • Ergreifen von Korrekturmassnahmen und Risikoanzeige: Hersteller haben unverzüglich zu handeln und Verbraucher und nationale Behörden über das Safety Business Gateway zu informieren, wenn sie glauben, dass ein auf dem Markt befindliches Produkt gefährlich ist.
  • Produktkennzeichnung: Sie haben wesentliche Informationen zur Produktsicherheit und -rückverfolgbarkeit auf Produkten oder deren Verpackungen bereitzustellen.
  • Angabe von Kontaktdaten: Die Hersteller haben ihren Namen, ihren eingetragenen Handelsnamen oder ihre eingetragene Handelsmarke, ihre Postanschrift und ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Falls abweichend, ist zusätzlich die Postanschrift oder die E-Mail-Adresse ihrer zentralen Kontaktstelle in der EU anzugeben. Darüber soll unter anderem die Entgegennahme und Untersuchung von Beschwerden ermöglicht werden. Es ist ein internes Verzeichnis der eingegangenen Beschwerden zu führen.
Produktverkehrsfähigkeit nur durch zentrale EU-Kontaktstelle

Damit die Produkte aus Drittländern wie der Schweiz in Zukunft überhaupt für den EU-Markt zugelassen sind, wird die Existenz eines in der EU niedergelassenen Wirtschaftsakteurs vorausgesetzt, welcher von den EU-Verbrauchern bei Beschwerden kontaktiert werden kann. Dieser verantwortliche Wirtschaftsakteur kann einer der Folgenden sein:

  • Hersteller mit Sitz in der EU,
  • Einführer, falls der Hersteller ausserhalb der EU sitzt,
  • Bevollmächtigter, der vom Hersteller schriftlich beauftragt wurde,
  • Fulfilment-Dienstleister, wenn kein anderer Akteur gemäss den oben genannten Kategorien in der EU ansässig ist.

Auf dem Produkt oder auf seiner Verpackung, auf dem Paket oder in einer Begleitunterlage ist der Name, der eingetragene Handelsname oder die eingetragene Handelsmarke und die Kontaktdaten, einschliesslich der Postanschrift und der E-Mail-Adresse, des Wirtschaftsakteurs anzugeben.

Pflichten des EU-Wirtschaftsakteurs

Der verantwortliche EU-Wirtschaftsakteur hat zudem bestimmte Pflichten zu erfüllen:

Überprüfung:

  • dass das Produkt den technischen Unterlagen der Risikoanalyse entspricht, sowie eine konforme Produktkennzeichnung besteht;
  • dass die EU-Konformitätserklärung oder Leistungserklärung sowie technische Unterlagen erstellt wurden (falls vorgeschrieben), und Bereithaltung dieser für Marktüberwachungsbehörden.

Dokumentation: Übermittlung der Konformitätsnachweise an Marktüberwachungsbehörden auf Anfrage.

Meldung von Risiken: Benachrichtigung der Marktüberwachungsbehörden, falls ein Produkt ein Risiko darstellt.

Zusammenarbeit: Kooperation mit Behörden bei der Umsetzung von Korrekturmassnahmen im Falle von Nichtkonformität des Produkts und/oder der Risikominderung.

Der Wirtschaftsakteur stellt auf Verlangen der Marktüberwachungsbehörden dokumentierte Nachweise über die durchgeführten Überprüfungen bereit.

Besondere Pflichten im Fernabsatz

Bei der Bereitstellung von Produkten im Fernabsatz (z.B. im Online-Handel) müssen Wirtschaftsakteure gemäss den Produktsicherheitsvorschriften bestimmte Informationen im Angebot deutlich sichtbar angeben, um die Sicherheit und Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. Die erforderlichen Angaben umfassen:

  • Herstellerinformationen: Der Name, der eingetragene Handelsname oder die Handelsmarke des Herstellers sowie die Postanschrift und E-Mail-Adresse, unter denen er kontaktiert werden kann.
  • Verantwortliche Person: Falls der Hersteller ausserhalb der EU niedergelassen ist, müssen die Kontaktdaten der in der EU ansässigen verantwortlichen Person angegeben werden.
  • Produktidentifikation: Angaben zur Identifizierung des Produkts, einschliesslich einer Abbildung, der Art des Produkts und anderer relevanter Identifikatoren.
  • Warnhinweise und Sicherheitsinformationen: Alle erforderlichen Warnungen und Sicherheitsinformationen müssen in der Landessprache des jeweiligen EU-Mitgliedstaates angegeben werden, entweder direkt auf dem Produkt, der Verpackung oder in beigefügten Unterlagen.
Neue Vorgaben für Abhilfemassnahmen bei Produktsicherheitsrückrufen

Im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs, der von einem Wirtschaftsakteur initiiert oder von einer nationalen Behörde angeordnet wird, ist der verantwortliche Wirtschaftsakteur verpflichtet, dem Verbraucher wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe anzubieten.

Abhilfemassnahmen

Der Wirtschaftsakteur hat dem Verbraucher die Wahl zwischen mindestens zwei der folgenden Abhilfemassnahmen zu lassen:

  • Reparatur des zurückgerufenen Produkts.
  • Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs mit vergleichbarem Wert und Qualität.
  • Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts, mindestens in Höhe des gezahlten Preises.
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Hier zur Anmeldung

Wenn Sie Fragen haben zur Anwendbarkeit oder Umsetzung der GPSR, die Handelskammer Deutschland-Schweiz ist für Sie da und berät Sie gerne.

Bei den Informationen handelt es sich um eine zusammenfassende Darstellung, die nur erste Hinweise enthält und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Eine Haftung für inhaltliche Richtigkeit kann nicht übernommen werden. Insbesondere kann sie eine eingehende Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.



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