In der Vergangenheit haben die positiven Auswirkungen der Automatisierung überwogen und sie dürften auch in Zukunft dominieren.
Geht uns die Arbeit aus?
Autos können heute weitgehend selbständig fahren, 3D-Drucker Produkte jeglicher Art herstellen und Software gewisse Krankheiten besser erkennen als Ärzte. Viele befürchten, dass Maschinen den Menschen die Arbeit wegnehmen. Müssen wir damit rechnen, dass uns bald die Arbeit ausgeht?
Die Effekte der Automatisierung auf den Arbeitsmarkt sind unterschiedlich. Grundsätzlich lassen sie sich in zwei Hauptgruppen unterteilen: Substitutive und komplementäre Effekte. Wird eine menschliche Arbeitskraft durch eine Maschine ersetzt, spricht man von einer Substitution.
Automatisierung kann aber nicht nur verdrängend, sondern auch ergänzend wirken. Dadurch ergeben sich neue Stellen. Werden Mensch und Maschine ergänzend im Produktionsprozess eingesetzt, erhöht sich die Produktivität und dadurch die Löhne der Mitarbeiter. Zudem kann der Einsatz von Maschinen zu Preissenkungen der produzierten Güter führen – etwa bei Kleidern oder Schuhen, deren Preise durch die maschinelle Anfertigung massiv gesunken sind. Beide Effekte erhöhen die Kaufkraft der Konsumenten, was die Gesamtnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigen lässt. Dadurch entstehen letztlich wieder neue Arbeitsplätze. Zudem benötigt auch die Produktion neuer Technologien und Maschinen Arbeitskräfte.
Für eine Abschätzung der Auswirkungen von Automatisierung auf die Gesamtbeschäftigung müssen die substitutiven und komplementären Effekte miteinbezogen werden. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass letztere bisher überwogen haben. Seit Beginn der Industrialisierung und der ersten grossen Automatisierungswelle ist die Beschäftigung in den Industrieländern mittel- bis langfristig deutlich gestiegen.
Denselben Schluss legt auch eine Studie von Deloitte nahe. Diese zeigt, dass in der Schweiz in den letzten fünfundzwanzig Jahren netto 800.000 neue Arbeitsplätze inklusive Teilzeitstellen, entstanden sind. Dahinter stehen zwar verschiedene Faktoren – wie das Bevölkerungs- oder Wirtschaftswachstum – eine wichtige Rolle spielte aber auch die Automatisierung.
Die Deloitte-Studie teilt von der Universität Oxford geschätzte Automatisierungswahrscheinlichkeiten Schweizer Berufen zu. Diese Berufe werden anschließend mit dem Beschäftigungswachstum verglichen. Dabei ergibt sich eine negative Korrelation. Mit anderen Worten: Je tiefer die Automatisierungswahrscheinlichkeit eines Berufes, desto höher war das Beschäftigungswachstum (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Automatisierungswahrscheinlichkeit nach Berufsgruppe (Quelle: Deloitte AG)
Nicht nur der historische Vergleich der Beschäftigungsentwicklung mit der Automatisierungswahrscheinlichkeit deutet darauf hin, dass die komplementären Effekte der Automatisierung auch in Zukunft überwiegen dürften. Basierend auf Beschäftigungsprognosen des European Centre for the Development of Vocational Training (Cedefop) hat Deloitte die Auto- matisierungswahrscheinlichkeiten mit dem zukünftigen Beschäftigungswachstum der neun ISCO-Berufshauptgruppen für den Zeitraum 2015 bis 2025 verglichen. Wie aus Abbildung 2 ersichtlich, zeigt sich erneut eine stark negative Korrelation zwischen Automatisierungswahrscheinlichkeit und Beschäftigungswachstum.
Abbildung 2: Beschäftigungswachstum und Automatisierung 2015-2025 (Quelle: Deloitte AG)
Automatisierung wird folglich weiterhin einen starken Einfluss auf den Schweizer Arbeitsmarkt haben und den Strukturwandel vorantreiben. Dadurch dürften aber mehr Stellen entstehen, als verdrängt werden. Gemäss den Beschäftigungsprognosen werden bis 2025 netto 270.000 neue Stellen geschaffen. Automatisierung dürfte demnach auch in Zukunft mehr Chancen als Gefahren bieten (siehe Abbildung 1).
(Bildquelle: © hamikus/iStockphoto)