Hintergrund
Diese Regel der Nichtbesteuerung findet jedoch nur dann Anwendung, wenn der Wertgegenstand nicht im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit veräussert wird. Dieser Wertgegenstand muss also im Privatvermögen gehalten werden.
Die Beurteilung, ob eine Veräusserung eines Wertgegenstands eine berufliche Tätigkeit darstellt und somit steuerbar ist, ist oftmals nicht einfach vorzunehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Interessen des Steuerpflichtigen von denen des Steueramts entgegengesetzt sind.
Mit diesem Beitrag wird ein Überblick verschafft über die heute geltenden Regeln und die Konsequenzen – falls diese nicht eingehalten werden. Im Speziellen wird auf Veräusserungsgewinne von Wertschriften (Aktien, Obligationen, Derivate o.ä.) eingegangen. Die Veräusserung von Grundeigentum bildet nicht Gegenstand dieses Artikels.
Grundlagen und Besteuerungsregeln
Das Steueramt stützt sich bei der Beurteilung der Besteuerung von Kapitalgewinnen aus der Veräusserung von privaten Wertgegenständen insbesondere auf das Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung ESTV vom 27. Juli 2012. Allerdings wird betont, dass eine gesamtheitliche Betrachtungsweise eingenommen wird und sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalles in die Beurteilung miteinbezogen werden.
Im Sinne einer sogenannten «safe haven» Regel hat die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) Kriterien definiert, wonach im Zusammenhang mit der Veräusserung von Wertschriften nie eine berufliche und danach steuerbare Tätigkeit ausgeübt. Wenn die nachfolgenden Kriterien kumulativ erfüllt werden, geht das Steueramt demnach von einem steuerfreien privaten Kapitalgewinn aus:
- Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens 6 Monate
- Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode
- Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen
- Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z.B. Zinsen, Dividenden, usw.) sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen
- Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen
Weitere Präzisierung der Kriterien
Die Gerichte haben in ständiger Rechtsprechung die Kriterien weiter präzisiert. Für eine selbständige oder steuerbare Tätigkeit wird vorausgesetzt, dass eine Tätigkeit entfaltet wird, die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist, oder dass solche Geschäfte systematisch mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden. Für die Besteuerung der Veräusserungsgewinne wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass die steuerpflichtige Person die Tätigkeit gegen aussen sichtbar ausübt oder einen eigentlichen organisatorischen Betrieb hat. Wenn demnach An- und Verkäufe von Wertgegenständen in einer Art getätigt werden, die über die schlichte Verwaltung von Privatvermögen hinausgeht, werden Kapitalgewinne als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit qualifiziert.
Sofern die vorstehenden «safe haven» Regeln nicht erfüllt werden, werden folgende Kriterien zur Beurteilung herangezogen:
Höhe des Transaktionsvolumens (Häufigkeit der Geschäfte und kurze Besitzdauer)
Eine kurze Besitzdauer deutet gemäss Praxis darauf hin, dass die steuerpflichtige Person nicht vorwiegend Anlagezwecke verfolgt, sondern vielmehr an einer raschen Erzielung eines Gewinns interessiert ist. Unter Umständen kann sogar schon eine einzige Transaktion dazu führen, dass eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt. Die Häufigkeit der Geschäfte und die Kürze der Besitzdauer der Wertschriften sind Indizien dafür, dass die steuerpflichtige Person keine zumindest mittelfristige Kapitalanlage anstrebt, sondern auf eine rasche Erzielung eines Kapitalgewinns angewiesen ist und auch in Kauf nimmt, dass bedeutende Verluste entstehen könnten.