Aussenhandel Deutschland-Schweiz bleibt im Juli im Tief
Die Aussenhandelszahlen zwischen Deutschland und der Schweiz im Juli zeigen keinen schnellen Erholungskurs: Die Exporte der Schweiz nach Deutschland sind mit – 17,4% gegenüber dem Vorjahreszeitraum immer noch dramatisch tief ausgefallen und die Importe mit – 6,1% zeigen ebenfalls eine weitere starke Beeinträchtigung der Güterströme vor dem Hintergrund der Corona-Krise. Im April und Mai dieses Jahres hatte der Lockdown der Wirtschaft zu dramatischen Einbrüchen im Aussenhandel der Schweiz mit Deutschland geführt. Im Juni 2020 zeigten sich dann erste Erholungstendenzen, die jedoch eher als ein Nachholeffekt zu den miserablen Vormonaten zu deuten waren.
Der Aussenhandel zwischen beiden Ländern ist neben der Entwicklung der Binnenkonjunktur auch stark vom Verlauf der Weltkonjunktur abhängig. Die Wirtschaft beider Länder haben Exportquoten von über 50% und die Lieferbeziehungen über Wertschöpfungsketten sind ausgesprochen eng. Die zukünftige Entwicklung der Weltkonjunktur ist mehr als mit Risiko behaftet: So steigen die Infektionszahlen in den letzten Wochen wieder deutlich an. Die Pandemie bleibt wohl noch länger eine enorme Belastung für die deutsche und schweizerische Wirtschaft. Vor allem für Industriebetriebe fallen viele Aufträge im Welthandel weg. Bei einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) erwarten mehr als acht von zehn international tätigen deutschen Firmen Umsatzeinbrüche im Jahr 2020. 93% erwarten eine Erholung der Konjunktur frühestens im Jahr 2021 oder sogar später. Nach Einschätzung der Experten des DIHK hat sich die chinesische Konjunktur inzwischen wieder etwas erholt, doch die Geschäftsmöglichkeiten in der EU, UK und den USA dürften noch über Monate auf bescheidenem Niveau bleiben. Die V-förmige Konjunkturerholung wird für die Aussenwirtschaft der deutschen und schweizerischen Wirtschaft folglich kaum mehr realistisch.
Das internationale Geschäft verändert sich
Die Auswirkungen der Corona-Krise auf das internationale Geschäft lassen sich in mehreren Bereichen feststellen:
- Grosse Umsatzeinbrüche in den Hauptexportmärkten der Unternehmen
- Instabile oder weggebrochene grenzüberschreitende Lieferketten
- Einschränkung des Geschäftsreiseverkehrs mit entsprechenden Hürden für grenzüberschreitende Dienstleistungen und den komplementären Güterverkehr
- Zurückhaltung von Investitionsentscheidungen
Wie Umfragen zeigen überwiegen bei vielen Firmen in der Aussenwirtschaft erfreulicherweise der Pragmatismus und die Zuversicht. Kaum ein Unternehmen denkt derzeit daran, das Auslandsgeschäft aufzugeben. Allerdings zeigt die Erfahrung geschlossener Grenzen, dass manches Unternehmen in Zukunft an eine verstärkte Kooperation mit lokalen Partnern denkt. Auch wollen sich viele wieder auf europäische Märkte im Absatz konzentrieren. Unter den Präferenzländern steht für deutsche Unternehmen zum Beispiel der Exportmarkt Schweiz auf den vordersten Rängen. Ein grosser Teil will auch wieder im eigenen Land oder im nahen europäischen Ausland nach neuen Beschaffungsquellen suchen. Immerhin waren in Deutschland und der Schweiz schätzungsweise ein Fünftel der Unternehmen von unterbrochenen Lieferketten betroffen oder sind es zum Teil heute noch. Hingegen, aktuelle Anzeichen, dass eine Mehrheit von Firmen Standortverlagerungen oder einen Ausbau oder Abbau von Investitionen in bestimmten Regionen und Märkten in direktem Zusammenhang mit der Corona-Krise planen, sind unserer Kammer nicht bekannt. Die Entscheidungen für Direktinvestitionen werden denn auch mit dem Blick auf einen sehr komplexen und langfristigen Horizont gefällt.
Einschränkungen bei Geschäftsreisen hemmen den internationalen Handel
Das Volumen des unternehmensnahen Geschäftsreiseverkehrs, welcher heute zwischen Deutschland und der Schweiz stattfindet, wird regelmässig unterschätzt. Heute beträgt er ein Drittel des Güteraustauschs, d.h. 35 Mrd. CHF jährlich. Im Lockdown im Frühjahr wurde durch die Schutzmassnahmen im Personenverkehr auch der Geschäftsreiseverkehr drastisch eingeschränkt und damit die grenzüberschreitenden Dienstleistungen erheblich gestört. Auch das Problem unterbrochener Lieferketten ist durch diesen Effekt deutlich verstärkt worden. Viele Maschinen und Anlagen können gar nicht in Betrieb genommen werden, wenn nicht Fachleute vor Ort dazu kommen können. Das gilt auch für den Service und Unterhalt. Neben den Handelsströmen von Gütern gilt es, bei einer eventuellen zweiten Infektionswelle vor allem auch die Dienstleistungserbringung aufrecht zu erhalten. Weltweit scheinen die Einschränkungen für Geschäftsreisen derzeit schon eine grosse Hürde für das Wiederanspringen des internationalen Handels zu sein.