Welche Auswirkungen hat dieses neue Recht auf Schweizer Unternehmen? Im Folgenden haben wir einige der relevanten Änderungen zusammengefasst.
Das neue europäische Zollrecht – Bedeutung für Schweizer Unternehmen (1/2)
Mit dem UZK, dem Basisrechtsakt, ist der Delegierte Rechtsakt (sogenannter Delegated Act, «DA») in Kraft getreten, der die technischen Bestandteile des UZK umsetzt. Unionszollkodex (UZK) und Delegated Act (DA) müssen in jedem Fall zusammen gelesen werden. Der DA wird ergänzt durch einen im Wesentlichen Verfahrensvorschriften enthaltenden Durchführungsrechtsakt (sogenannter Implementing Act, «IA»). UZK, DA und IA haben in allen Mitgliedstaaten der EU unmittelbare Geltung.
2.1 Grenznahe Abfertigung
Eine Zollanmeldung kann nur von einer Person abgegeben werden, die im Gebiet der EU ansässig ist (vgl.Art.170Abs.2UZK). Unter dem alten ZK war die Ausnahme anerkannt, dass Schweizer Logistikdienstleister als Zollanmelder in den Bezirken der HZA Ulm, Singen und Lörrach Zollanmeldungen abgeben konnten. Die deutsche Bundesfinanzverwaltung hatte im Mai 2009 in einer Verfügung diese Ausnahme ausdrücklich festgehalten und auf das Bestehen von entsprechenden historischen Absprachen verwiesen. Das Gewohnheitsrecht wurde davon abhängig gemacht, dass der schweizerische Anmelder den Zugriff der deutschen Zollverwaltung auf Unterlagen und Daten der Buchführung, die für eine nachträgliche Prüfung erforderlich sind, zu gewährleisten hatte.
Weitere Entwicklungen der neuen Regelung im Unionszollkodex (UZK)
Nach der neuen Regelung im UZK kann von der Ansässigkeit nur abgesehen werden, wenn die «Waren an einer Grenzzollstelle der Union» gestellt werden. Die Grenzzollstelle muss zudem «an der Grenze zu diesem Land» liegen. Bei wörtlicher Auslegung könnte damit keine Abfertigung durch einen Schweizer Logistiker im grenznahen Hinterland erfolgen. Zudem verlangt Art. 170 Abs. 3 UZK weiter, dass die Schweiz die grenznahe Abfertigung auch allen anderen europäischen Nachbarn (und nicht nur Deutschland) gewährt. Das ist derzeit nicht der Fall.
Die deutsche Zollverwaltung führt ihre bis anhin bestehende Abfertigungspraxis unverändert fort. Sie stützt sich dabei auf eine Verfügung zur Umsetzung des UZK vom 27.04.2016, nach der die grenznahe Abfertigung weiterhin auch im Hinterland erlaubt sein soll. Es ist dennoch ratsam, die weitere Entwicklung im Auge zu behalten und Abfertigungsmöglichkeiten über andere Mitgliedstaaten wie Österreich und Frankreich als mögliche Alternativen zu prüfen.
2.2 Änderungen beim Zollwert
2.2.1 Abschaffung von Vorerwerbspreisen
Seit der Anwendung des UZK wird der Transaktionswert grundsätzlich zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung bestimmt. Dies geschieht aufgrund des unmittelbar vor dem Verbringen der Waren in das Zollgebiet erfolgten Verkaufs (vgl. Art. 128 Abs. 1 UZK-IA).
Der Käufer von Waren konnte bis anhin im Rahmen der Zollwertermittlung jeden beliebigen Vorerwerberpreis angeben, der innerhalb der Verkaufskette durch einen anderen Käufer gezahlt wurde. Der angemeldete Vorerwerberpreis musste nur aus einem «Verkauf zur Ausfuhr in die EU» stammen. Dies war etwa dann der Fall, wenn die Waren nachweislich für den europäischen Markt hergestellt wurden oder unmittelbar in die EU geliefert wurden.
Mit der Abschaffung der Vorerwerberpreisregelung wird ein Wettbewerbsnachteil für Unternehmen aus der Schweiz geschaffen. Denn sie müssen nun die Waren, die eingeführt werden inklusive der Gewinnmarge des Unternehmens aus der Schweiz verzollen. Hinsichtlich der Vorerwerberpreisregelung wurde eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2017 geschaffen. Der Transaktionswert kann weiter auf Basis eines vorherigen Verkaufs ermittelt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind und eine entsprechende vertragliche Regelung zwischen den Parteien besteht.
2.2.2 Hinzurechnung von Lizenzgebühren
Im Hinblick auf gezahlte Lizenzgebühren hat es Verschärfungen gegeben. War es bislang so, dass eine Hinzurechnung von Lizenzgebühren zum Zollwert importierter Waren nur möglich war, wenn ohne Zahlung der Lizenzgebühr die Einfuhrware überhaupt nicht oder nicht zu den vereinbarten Konditionen geliefert werden konnte.
Nun enthält Art. 136 Abs. 4 lit. c UZK- DVO eine gesetzliche Vermutung. Danach wird grundsätzlich angenommen, dass Lizenzgebühren eine Bedingung für den Verkauf der Ware sind. Diese Norm führt damit zu einer Beweislastumkehr. Der Käufer hat nun nachzuweisen, dass die Zahlung der Lizenzgebühr tatsächlich nicht Voraussetzung für den Kaufvertrag war. Dieses dürfte im Regelfall schwer möglich sein. Zwangsläufig werden damit wohl fast alle Lizenzgebühren in den Zollwert einbezogen.
>>Teil 2 der Artikelreihe «Das neue europäische Zollrecht – Bedeutung für Schweizer Unternehmen»