Das neue europäische Zollrecht – Bedeutung für Schweizer Unternehmen (2/2)
27. Nov 2017, Recht & Steuern | Zollrecht

Das neue europäische Zollrecht – Bedeutung für Schweizer Unternehmen (2/2)

Weitere Änderungen die das neue Zollrecht in der EU, der Unionszollkodex (UZK), mit sich bringt.

1. Änderungen für Unternehmen aus der Schweiz

1.1 Erweiterung der Zollschuldnerschaft

Der UZK sieht eine ganz erhebliche und oft übersehene Ausweitung der Zollschuldnerstellung für (mittelbare) Falschangaben gegenüber den Zollbehörden vor, die nicht nur für die Schweizer Unternehmen, sondern auch für Logistikunternehmen bedeutsam werden kann.

Nach dem alten Recht des ZK konnten die Mitgliedstaaten eine Erweiterung möglicher Zollschuldner durch nationales Recht festlegen. Deutschland hatte von dieser Regelungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Personen, die dem Anmelder die für die Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert haben, aber nicht Anmelder oder indirekte Vertreter waren, konnten in Deutschland bislang nicht als Zollschuldner in Anspruch genommen werden. Exportierte das Schweizer Unternehmen zur Lieferbedingung FCA, so wurde die Zollanmeldung in der EU vom Importeur abgegeben, der auch Zollschuldner wurde. Das Schweizer Unternehmen konnte vom Zoll grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden. Hatte der Verkäufer aus der Schweiz dem Importeur aber falsche Angaben geliefert, die zu einer Mehrverzollung führten, so gab es bis anhin allenfalls zivilrechtliche Rückgriffsansprüche zwischen den Vertragsparteien.

Verschärfung der Rechtslage

Diese Rechtslage wird mit Art. 77 Abs. 3 UZK verschärft: Hat der Schweizer Lieferant für die Zollanmeldung erforderliche aber unzutreffende Angaben geliefert, die dazu geführt haben, dass Einfuhrabgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, wird der Schweizer Lieferant auch zum Zollschuldner, soweit er gewusst hat oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig waren. Insofern reichen Fälle einfachster Fahrlässigkeit aus, um auch den Schweizer Lieferanten gegenüber den europäischen Zollbehörden haften zu lassen. Falsche Angaben, die dazu führen, dass die gesetzlich geschuldeten Abgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, können sich z.B. auf den Zollwert/Zolltarif oder auf fehlerhafte Präferenznachweise beziehen. Zu beachten ist, dass die Regelung in Art. 77 Abs. 3 UA 2 UZK zwingend in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist.

Definition von Verantwortlichkeiten für Richtigkeit von Angaben

Die Haftung betrifft aber auch jeden Dienstleister, der an der Lieferkette beteiligt ist, sofern er den Fehler erkennen konnte. Exporteure und auch die Logistikunternehmen aus der Schweiz sollten sich mit der neuen Haftungsnorm auseinandersetzen und in ihren vertraglichen Regelungen Verantwortlichkeiten für die Richtigkeit der Angaben definieren – sowie Rechtsfolgen, sollte es zu einer Inanspruchnahme als Zollschuldner kommen. Hierbei ist aber klarstellend festzuhalten, dass diese Regelungen nicht mit Wirkung gegenüber den Zollbehörden vereinbart werden können.

1.2 Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen – Abfrage der Steuer-ID

Die Hauptzollämter stehen derzeit vor der Aufgabe, ca. 70‘000 Bestandsbewilligungen in Deutschland neu zu bewerten. Mit der Neubewertung soll sichergestellt werden, dass die Bewilligungen die Anforderungen des UZK erfüllen. Mit der Einführung des UZK haben sich die Anforderungen für die Erlangung von zollrechtlichen Vereinfachungen und Bewilligungen erhöht. Die Zollverwaltung ist daher verpflichtet hinsichtlich bereits bestehender Bewilligungen sukzessive zu prüfen, ob auch diese strengeren Anforderungen erfüllt sind. Die Neubewertung hat bereits mit dem 1. Quartal 2017 begonnen und wird bis Mai 2019 in Wellen durchgeführt werden, gestaffelt nach Bewilligungsart.

Die Abfrage der im Rahmen der Neubewertung zu prüfenden Kriterien erfolgt mit Hilfe von «Fragebögen zur Selbstbewertung». Das jeweils zuständige Hauptzollamt setzt sich schriftlich mit dem betroffenen Unternehmen in Verbindung und informiert dieses darüber, welcher der verfügbaren Fragenkataloge massgebend ist.

Abfrage der persönlichen Steuer-ID?

Im Zusammenhang mit der Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen plante die deutsche Zollverwaltung auch die Abfrage der persönlichen Steuer-ID von Vorstandsmitgliedern/Geschäftsführern, Beirats- und Aufsichtsratsmitgliedern, Haupteigentümern/-anteilseignern sowie der für Zollangelegenheiten verantwortlichen Mitarbeiter im Unternehmen. Mit Schreiben vom 06.06.2017 hat die Deutsche Generalzolldirektion (GZD) ihre Rechtsauffassung, nach der die Abfrage der Steuer-ID des genannten Personenkreises zulässig ist, zunächst bekräftigt. Nun hat die deutsche Zollverwaltung auf die anhaltende Kritik vieler Wirtschaftsverbände reagiert, die die Aussetzung der Abfrage der Steuer-ID bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gefordert hatten und die umstrittene Praxis vorerst ausgesetzt.

Finanzgericht Düsseldorf äußert Zweifel

Das Finanzgericht Düsseldorf hat Zweifel daran geäussert, dass die Praxis rechtlich zulässig und insbesondere verhältnismässig ist und hat die Praxis der Abfrage der Steuer-ID dem EuGH zur Überprüfung vorgelegt. Auch bei Neuanträgen zur Erteilung zollrechtlicher Bewilligungen wird vorerst auf die Abfrage der Steuer-ID verzichtet.




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