1.1 Erweiterung der Zollschuldnerschaft
Der UZK sieht eine ganz erhebliche und oft übersehene Ausweitung der Zollschuldnerstellung für (mittelbare) Falschangaben gegenüber den Zollbehörden vor, die nicht nur für die Schweizer Unternehmen, sondern auch für Logistikunternehmen bedeutsam werden kann.
Nach dem alten Recht des ZK konnten die Mitgliedstaaten eine Erweiterung möglicher Zollschuldner durch nationales Recht festlegen. Deutschland hatte von dieser Regelungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Personen, die dem Anmelder die für die Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert haben, aber nicht Anmelder oder indirekte Vertreter waren, konnten in Deutschland bislang nicht als Zollschuldner in Anspruch genommen werden. Exportierte das Schweizer Unternehmen zur Lieferbedingung FCA, so wurde die Zollanmeldung in der EU vom Importeur abgegeben, der auch Zollschuldner wurde. Das Schweizer Unternehmen konnte vom Zoll grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden. Hatte der Verkäufer aus der Schweiz dem Importeur aber falsche Angaben geliefert, die zu einer Mehrverzollung führten, so gab es bis anhin allenfalls zivilrechtliche Rückgriffsansprüche zwischen den Vertragsparteien.
Verschärfung der Rechtslage
Diese Rechtslage wird mit Art. 77 Abs. 3 UZK verschärft: Hat der Schweizer Lieferant für die Zollanmeldung erforderliche aber unzutreffende Angaben geliefert, die dazu geführt haben, dass Einfuhrabgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, wird der Schweizer Lieferant auch zum Zollschuldner, soweit er gewusst hat oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig waren. Insofern reichen Fälle einfachster Fahrlässigkeit aus, um auch den Schweizer Lieferanten gegenüber den europäischen Zollbehörden haften zu lassen. Falsche Angaben, die dazu führen, dass die gesetzlich geschuldeten Abgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, können sich z.B. auf den Zollwert/Zolltarif oder auf fehlerhafte Präferenznachweise beziehen. Zu beachten ist, dass die Regelung in Art. 77 Abs. 3 UA 2 UZK zwingend in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuwenden ist.
Definition von Verantwortlichkeiten für Richtigkeit von Angaben
Die Haftung betrifft aber auch jeden Dienstleister, der an der Lieferkette beteiligt ist, sofern er den Fehler erkennen konnte. Exporteure und auch die Logistikunternehmen aus der Schweiz sollten sich mit der neuen Haftungsnorm auseinandersetzen und in ihren vertraglichen Regelungen Verantwortlichkeiten für die Richtigkeit der Angaben definieren – sowie Rechtsfolgen, sollte es zu einer Inanspruchnahme als Zollschuldner kommen. Hierbei ist aber klarstellend festzuhalten, dass diese Regelungen nicht mit Wirkung gegenüber den Zollbehörden vereinbart werden können.