Die zweite Corona-Welle bremst den Aussenhandel zwischen Deutschland und der Schweiz wieder ab
Die erhoffte Wende und Erholung zum Jahresende im Aussenhandel zwischen Deutschland und der Schweiz ist nicht eingetroffen. Gemäss den Zahlen der Oberzolldirektion von Januar bis Oktober 2020 liegen die Importe der Schweiz aus Deutschland gegenüber dem Vorjahr um 9,5% und die Exporte nach Deutschland um 10% im Minus. Nach dem tiefen Einbruch im 2. Quartal erfolgte über den Sommer eine leichte Erholung und liess auf einen V-förmigen Verlauf der Konjunktur hoffen. Doch die zweite Corona- Welle kam mit den erwarteten Bremswirkungen.
Praktisch alle bedeutenden Branchen im Güteraustausch zwischen Deutschland und der Schweiz sind von dem Rückgang betroffen.
Den höchsten Anteil am Handelsvolumen hat die Pharma- und Chemiebranche mit 40% der Schweizer Exporte und 24% der Importe nach bzw. aus Deutschland. Bis Ende Oktober liegen die Schweizer Exporte 3% im Minus und wenigstens die Importe um 5,4% im Plus. Damit enden die guten Nachrichten der Aussenhandelsergebnisse.
Schwer in Mitleidenschaft gezogen ist die zweitgrösste Branchengruppe im Schweizer Aussenhandel mit Deutschland, die Maschinen und Apparate, der Anlagenbau und die Elektroindustrie. Sie steht für 18% der Schweizer Im- und Exporte. Der Export nach Deutschland liegt per Ende Oktober um 14,1% zurück und die Importe um 10,7%.
Ein Blick in die Metallzulieferindustrie ist ebenfalls trübe. Die Branche macht etwa 11% des Güteraustausches aus. Die Exporte liegen im o.g. Referenzzeitraum um 17,8% unter dem Vorjahr und die Importe um 15,1%.
Auch in den vielen weiteren Branchen des Wirtschaftsverkehrs zwischen Deutschland und der Schweiz, egal ob Automobil und Automotiv, Präzisionsinstrumente oder Uhren, der Aussenhandel weist tiefrote Zahlen auf.
Aktuelle Lage der deutschen Wirtschaft und Aussichten
Für die Schweizer Exportwirtschaft ist es nicht unerheblich, wie die Konjunktur bei ihrem wichtigsten Aussenhandelspartner Deutschland verläuft. 18% der Schweizer Exporte und 30% der Importe werden mit dem nördlichen Nachbarn ausgetauscht.
Gemäss Einschätzung des Sachverständigenrats vom 11. November 2020 für das Jahr 2020 dürfte mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,1% zu rechnen sein. Für das Jahr 2021 rechnet die Gruppe der fünf Wirtschaftsweisen mit einem positiven Wachstum von 3,7%. Für die Perspektiven ist es ausgesprochen schwierig, eine valide Prognose abzugeben, da die weitere Entwicklungvon dem Verlauf des Infektionsgeschehens und von dem Verlauf der Weltwirtschaft abhängig ist.
Der deutsche Aussenhandel verzeichnet in den ersten drei Quartalen des Jahres 2020, kumuliert per Ende September, ein Minus von -11,7% bei den Exporten und ein Minus von -9,3% bei den Importen. Das zeigt, wie stark der Aussenhandel unter der Corona-Krise leidet. Je nach Handelspartner war der Aussenhandel unterschiedlich stark beeinträchtigt: Während beispielsweise die Exporte in die Volksrepublik China im September 2020 um 10,6% auf 8,5 Milliarden Euro gegenüber September 2019 stiegen, nahmen die Exporte in die von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Vereinigten Staaten um 5,8% auf 9,3 Milliarden Euro ab. Die Exporte in das Vereinigte Königreich verzeichneten im September 2020 einen Rückgang von 12,4% auf 6,4 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahresmonat.
Die letzte Umfrage der deutschen Auslandshandelskammern bei ihren Mitgliedsunternehmen, die der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kürzlich veröffentlichte, zeigen, dass die Geschäfte unter dem Strich in vielen Weltregionen noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt bleiben und die Investitionstätigkeit der Unternehmen, unter anderem wegen der vielfachen Reisebeschränkungen, noch nicht wieder in Gang gekommen ist. Von einer Rückkehr zur Normalität mit Blick auf die eigenen Geschäfte kann daher vielerorts noch keine Rede sein.
In der Eurozone rechnen 32% der Unternehmen für das Jahr 2021 mit einer Normalisierung ihrer Geschäftstätigkeit, 44% erst für 2022 und 19% erwarten dies sogar noch später. Dabei bleiben die Reiseeinschränkungen ein grosses Problem.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Aktuell berichten 75% der deutschen Auslandsunternehmen von einer Belastung ihrer Geschäfte durch Reiseeinschränkungen – deutlich mehr als noch im Sommer (63%). 53% vermelden weniger Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen und 51% abgesagte Messen und Veranstaltungen.
Gemäss Rückmeldungen der Mitgliedsfirmen der Handelskammer Deutschland-Schweiz sind in den kommenden zwölf Monaten die folgenden Risiken besonders schwerwiegend:
- Der Nachfrageausfall
- Das Wechselkursrisiko (für die Schweizer Exporteure insbesondere der starke Schweizer Franken)
- Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen
Die «Nach» Corona Zeit beginnt schon jetzt
Die Corona-Krise ist zwar noch lange nicht überwunden. Doch die Zukunftsperspektiven für die Schweizer und die deutsche Aussenwirtschaft rücken indes für die Zeit nach der Corona-Krise bereits ins Blickfeld. Ziel ist es, gestärkt aus der Krise hervorzugehen und den Herausforderungen für die Schweiz und Deutschland – die Digitalisierung, den Klimawandel, den demografischen Wandel und nicht zuletzt die nachhaltige Sicherung des freien Zugangs zu den Weltmärkten und Handelsräumen – zu begegnen.
Gerade für mittelständische exportorientierte Unternehmen entsteht zurzeit ein wirtschaftlicher Aufholprozess unter verschärften internationalen Wettbewerbsbedingungen. In diesem Wettlauf um Aufträge auf dem Weltmarkt sind die bereits bestehenden Massnahmen der finanziellen Überbrückungshilfen die notwendige Basis, welche punktuell ergänzt werden sollten:
- Der erleichterte Einsatz von Exportkreditgarantien und
- gezielte zusätzliche Exportfördermassnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen auf projektbezogener Basis durch die Exportförderungseinrichtungen zur Markterschliessung, den Ausbau von Marktpositionen sowie der Neuausrichtung von Lieferketten auf den Auslandsmärkten (Programme).
Diese zusätzlichen Massnahmen wären eine hilfreiche Stützung der kleinen und mittelständischen Unternehmen im Export.