3.1 Wohnsitz / Ansässigkeit
Gemäss Art. 4 Abs. 3 und Abs. 4 DBA CH-D gelten Regelungen bezüglich Definition der steuerlichen Ansässigkeit, welche vom OECD-Musterabkommen zu Gunsten Deutschlands abweichen. Gemäss diesen Regelungen ist eine steuerliche Wohnsitzverlegung mit einer Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen noch nicht abgeschlossen. Verfügt der Unternehmer, welcher mit seiner Familie in die Schweiz zieht und dort ein Haus oder eine Wohnung kauft oder mietet, noch über eine ständige Wohnstätte in Deutschland, so bleibt er immer noch in Deutschland steuerlich wohnhaft, bis diese Wohnstätte aufgegeben wird. Die Wohnstätte ist dabei weit zu definieren, womit empfehlenswert ist, sämtliche «Zelte» in Deutschland abzubrechen. Neben der ständigen Wohnstätte ist auch ein gewöhnlicher Aufenthalt während mehr als sechs Monaten im Jahr schädlich. Sodann ist zu beachten, dass auch nach Wegzug und ohne ständige Wohnstätte oder Aufenthalt in Deutschland für deutsche Staatsbürger eine Steuerpflicht für Einkünfte aus deutscher Quelle in Deutschland – ungeachtet der übrigen Bestimmungen im DBA – für fünf Jahre nach Wegzug gilt. In den Fällen von Art. 4 Abs. 3 und Abs. 4 DBA CH-D liegt somit eine Doppelwohnsitz- Situation vor, indem sowohl die Schweiz als auch Deutschland (teilweise) dieselben Einkünfte besteuern. Die Doppelbesteuerung wird zwar durch Anrechnung der Schweizer Einkommenssteuer in Deutschland vermieden, die Wohnsitzverlegung in die Schweiz hat aber steuerlich keine Auswirkungen. In der Praxis kann häufig auch ein «schrittweises» Vorgehen bezüglich der Wohnsitzverlegung beobachtet werden. So kann ein Unternehmer, welcher seine Familie in Deutschland belässt und dort ansässig bleibt, in der Schweiz als Wochenaufenthalter oder als leitender Angestellter im Sinne von Art. 15 Abs. 4 DBA CH-D tätig sein. Zu beachten ist allerdings der Grenzgängerstatus gemäss Art. 15a DBA CH-D.
3.2 Ordentliche vs. pauschale Besteuerung
Nach Wohnsitznahme in der Schweiz gilt der Unternehmer sodann als in der Schweiz steuerlich ansässig, sofern er auch seinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz verlegt und keine steuerlichen Anknüpfungspunkte in Deutschland, wie vorstehend beschrieben, hat. Er unterliegt sodann ab diesem Zeitpunkt der unbeschränkten Steuerpflicht in der Schweiz, d.h. alle seine weltweiten Einkünfte (ausser aus ausländischen Geschäftsbetrieben oder Liegenschaften) werden in der Schweiz besteuert. Neu hat er auch eine Vermögenssteuer auf seinem weltweiten Vermögen zu Verkehrswerten (ausser auf ausländischen Geschäftsbetrieben und Liegenschaften) zu entrichten, welche in Deutschland nicht existiert. Der Steuersatz ist zwar relativ tief (max. Satz zwischen rund 0.13 % und rund 0.8 %). Die Vermögenssteuerbelastung darf aber bei grossen Vermögen nicht unterschätzt werden. Geht der Unternehmer in der Schweiz nicht einer Erwerbstätigkeit nach und ist er nicht Schweizer Staatsbürger, so kann er in der Schweiz pauschaliert besteuert werden, d.h. die Bemessungsgrundlage für die Einkommenssteuer wird pauschal gemäss seinen Lebenshaltungskosten festgelegt. Verschiedene Spezialregelungen wie minimale Bemessungsgrundlagen, Kontrollrechnung, modifizierte Besteuerung, etc. sind zu beachten. Im Kanton Zürich ist eine Pauschalbesteuerung bspw. nicht mehr möglich. Die Pauschalbesteuerung kann je nach Höhe und Struktur des Vermögens und Einkommens sehr attraktiv sein.
3.3 Erbschafts- und Schenkungssteuer
Vererbt oder verschenkt der in der Schweiz ansässige Unternehmer seiner Ehefrau oder seinen direkten Nachkommen Vermögenswerte, u.a. auch Aktien oder Stammanteile seines Unternehmens, so ist dies einkommenssteuerfrei und in den meisten Kantonen erbschafts- resp. schenkungssteuerfrei möglich. Eine familieninterne Unternehmernachfolge lässt sich somit in der Schweiz steuereffizient umsetzen. In den Kantonen Schwyz und Obwalden bleiben Schenkungen und Erbschaften an alle Personen steuerfrei. Zwischen Deutschland und der Schweiz besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern (aber nicht bezüglich Schenkungssteuern). Diesbezüglich gilt zu beachten, dass auch hier überdachende Besteuerungsgrundsätze insbesondere nach dem Wegzug aus Deutschland gelten. Ferner dürfen die Erben bzw. Beschenkten nicht in Deutschland ansässig sein.
3.4 Reorganisation im Zusammenhang mit Wegzug
Die deutsche Wegzugssteuer kann erheblich ausfallen. Wird von einer zunehmenden Wertsteigerung der Beteiligungen ausgegangen, so empfiehlt sich eine Bezahlung der Wegzugssteuer zum jetzigen Wert, um danach wenn möglich den höheren Wert steuerfrei realisieren zu können. Allenfalls wäre aus Schweizer Steuersicht überlegenswert, die privat gehaltenen Beteiligungsrechte vor Wegzug aus Deutschland und Zuzug in die Schweiz an eine in der Schweiz neu gegründete Gesellschaft zu verkaufen. Damit kann zwar die deutsche Wegzugssteuer nicht vermieden werden. Durch den Verkauf wird aber immerhin ein step up erzielt, der steuerlich auch in der Schweiz genutzt werden kann.
3.5 Erwerb von Immobilien in der Schweiz
Ein Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz kann bewilligungsfrei eine Hauptwohnung (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung) am Ort seines tatsächlichen Wohnsitzes erwerben. Ausländer, die sich für einen bewilligungsfreien Grundstückerwerb auf ihren tatsächlichen Wohnsitz in der Schweiz berufen, müssen einen entsprechenden Nachweis erbringen. Eine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbewilligung und eine Bestätigung der Gemeinde über die erfolgte Anmeldung genügen für sich allein nicht. Ohne Nachweis des tatsächlichen Wohnsitzes in der Schweiz ist ein Erwerb von Liegenschaften in der Schweiz für Ausländer bewilligungsfrei nicht möglich. Wechselt der Unternehmer seinen Wohnsitz, so kann er grundsätzlich seine erworbene Liegenschaft behalten.
3.6 Sozialversicherungen
Zwischen der EU und der Schweiz ist mittels Verordnungen sichergestellt, dass die Unterstellung nur unter ein Sozialversicherungssystem eines Staates gilt. Eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt grundsätzlich den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats, wenn nicht im Wohnsitzstaat ein relevanter Teil der Beschäftigung erbracht wird oder mehrere Arbeitgeber existieren. Mit Zuzug wird der Unternehmer somit dem Sozialversicherungssystem der Schweiz unterstellt, sofern er in einem wesentlichen Umfang auch hier erwerbstätig ist. Steuerlich privilegierte Einkäufe in die Pensionskasse bieten sich an, wobei in den ersten fünf Jahren Beschränkungen gelten. Zu beachten ist diesbezüglich, dass die Beiträge in die erste Säule der Altersvorsorge (AHV) im Gegensatz zu Deutschland nicht nach oben begrenzt sind, was zu relativ hohen Belastungen führen kann.