Deutschland
Aus Filmen, Serien und Büchern wissen Schweizerinnen und Schweizer, dass die Eisdiele zum deutschen Stadt- und Dorfbild gehört. Und tatsächlich, reist man als Schweizerin im Sommer durch Deutschland, sind die unzähligen Eiscafés unübersehbar. Zudem sind die Portionen wesentlich grösser und die Kreationen imposanter. Laut Statista beträgt der jährliche pro Kopf Konsum in Deutschland 8.7 Liter, in der Schweiz hingegen nur 5.4 Liter. Die deutsche Eisdiele erfüllt ganzjährig eine soziale Funktion und ist auch heute noch ein Treffpunkt. Da hat sich in den letzten 50 Jahren nicht viel verändert. Fast unbekannt ist in der Schweiz der deutsche Klassiker Spaghettieis. Er sieht aus wie ein Teller Spaghetti
mit Tomatensauce und Parmesan. Tatsächlich befindet sich auf einer Schicht Schlagsahne (schweiz. Schlagrahm) Vanilleeis, welches durch eine Spätzlepresse gedrückt wird. Mit roter Erdbeersauce und Stückchen weisser Schokolade sieht die Kreation tatsächlich aus wie ein Teller Pasta mit Tomatensauce. Spaghettieis wurde 1969 in Deutschland von einem Italiener erfunden. Ein Patent darauf gibt es nicht und mehrere Personen behaupten, das legendäre Spaghettieis erfunden zu haben. 2019 wird das Spaghettieis 50 Jahre alt und steht immer noch bei vielen Eiscafés auf der Karte. Auch deshalb, weil es ein Kassenschlager ist und heute rund 25 Mio. Portionen davon pro Jahr gegessen werden.
Schweiz
«Wo gibt es hier Eisdielen?», ist eine der Fragen, die sich viele Deutsche in der Deutschschweiz stellen, die entweder hier Urlaub machen oder hierhin ziehen. Das ist tatsächlich eine gute Frage: Es gibt sie fast nicht und die wenigen, die es gibt, existieren erst seit kurzem. Zudem heissen hier Eisdielen Gelaterias und Eis wird Glacé genannt. Glacé ist ganzjährig verfügbar und im Sommer gibt es Glacéstände an gut frequentierten Plätzen. Aber im Winter friert der Konsum ein. Glacé ist für Schweizerinnen und Schweizer eindeutig ein Sommervergnügen. Aber auch die Schweiz hat ein Dessert, welches dem Spaghettieis optisch sehr ähnlich ist: Vermicelles. Es stammt ursprünglich aus dem Tessin. Allerdings ist es kein Sommerdessert, sondern wird vor allem im Herbst und Winter konsumiert. Die braunen Würmchen werden aus pürierten Esskastanien (Marroni oder im Dialekt «Cheschtene» genannt) hergestellt und durch eine spezielle Vermicelles-Presse gedrückt. Serviert werden Vermicelles mit Schlagrahm und Meringue oder in einem Mürbeteigtörtchen garniert mit Schlagrahm. Ein perfektes Vermicelles ist nicht zu süss, schön crémig und hat den typisch nussigen Marronigeschmack. Einer der möglichen Erfinder des Spaghettieis erzählt in einem Interview, dass ihm die Idee dazu in Norditalien kam, als er ein Montebianco-Dessert gegessen hat. Dieses Dessert besteht aus denselben Kastanienwürmern wie das schweizerische Vermicelles. Sind also diese beiden Desserts trotz unterschiedlicher Zutaten doch verwandt?