Bilanzierung von Leasing nach IFRS
 wird reformiert
17. Jan 2014, Recht & Steuern | Bilanzierung

IFRS-Reform fordert Unternehmen zum Handeln auf

Im Mai 2013 veröffentlichten das International Accounting Standards Board (IASB) und das Financial Accounting Standards Board (FASB) einen zweiten Entwurf des Standards zur Bilanzierung von Leasingverhältnissen – Exposure Draft ED/2013/6 Leases. Bis spätestens 2017 wird mit einer Einführung gerechnet. Die geplanten Neuerungen erfordern Handlungsbedarf auf Unternehmensseite.

Wann die IFRS-Reform Inkrafttreten wird, bleibt abzuwarten. Das genaue Datum ist noch offen. Dasselbe gilt für die exakte Ausgestaltung von Übergangsregelungen, wobei ein Bestandsschutz zur Beibehaltung der bilanziellen Abbildung von bestehenden Leasingverträgen nicht vorgesehen ist.

Der Standardentwurf verfolgt das Nutzungsrechtsmodell («right-of-use-model»). Im Ergebnis führt das mit wenigen Ausnahmen dazu, dass im Unterschied zur derzeitigen Bilanzierungspraxis die Miet- und Leasingverträge beim Leasingnehmer bilanziell abzubilden sind («On-Balance»). Der Standardentwurf sieht eine separate Bilanzierung von Leasing- und Nichtleasingkomponenten des Vertrages vor, z.B. Dienstleistungen, insofern diese Komponenten separierbar sind, d.h. Einzelpreise für die Komponenten ermittelbar.

Der Anwendungsbereich des neuen Leasingstandards bezieht sich auf alle Vertragsverhältnisse, die das Recht zur Nutzung eines eindeutig identifizierbaren Vermögensgegenstandes über einen bestimmten Zeitraum für eine Gegenleistung beinhalten. Im Zuge dieser Vereinbarung wird dem Leasingnehmer das Recht zur Kontrolle der Nutzung des Leasinggegenstandes gewährt. Der neue Leasingstandard gilt auch für die Bilanzierung der Vertragsverhältnisse bei Leasinggebern. Die Änderungen in der bilanziellen Darstellung fallen für diese Vergleichsweise gering aus.

Klassifizierung und Bilanzierung bei Leasingnehmer und Leasinggeber

Der neue Standard unterscheidet zunächst grundsätzlich nach dem Leasingobjekt in Leasingverhältnisse nach:

  • Typ A für mobile Vermögenswerte
  • Typ B für Immobilien

Unter engen Voraussetzungen ist eine Umqualifizierung in den jeweils anderen Typ möglich.

Jeder Leasingnehmer muss nunmehr - unabhängig von der Unterscheidung in Typ A oder Typ B - für jeden Leasingvertrag einen Vermögenswert für das Nutzungsrecht und korrespondierend eine Leasingverbindlichkeit für die Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag in seiner Bilanz erfassen. Beide Bilanzpositionen sind diskontiert abzubilden. Die Verbindlichkeit entspricht bei erstmaliger Anwendung dem Barwert der zukünftigen Leasingverpflichtungen. Erleichterungen gelten lediglich für Leasingverträge mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten inkl. aller Verlängerungsoptionen. Diese können weiterhin als Mietleasingverhältnisse nur im Aufwand («Off-Balance») erfasst werden.

Bei der Bilanzierung von geleasten Mobilien nach Typ A gilt grundsätzlich die Annahme, dass der Leasingnehmer während der Vertragslaufzeit einen überwiegenden Teil des Nutzenpotentials des geleasten Objektes verbraucht. In der Gewinn- und Verlustrechnung setzt sich der zu buchende Aufwand aus der planmässigen Abschreibung des Nutzungsrechts und der periodischen Aufzinsung der Leasingverbindlichkeit zusammen. Der auf den Zinsaufwand entfallende Teil ist im Finanzergebnis darzustellen. Insgesamt kommt es bei Leasingverhältnissen nach Typ A zu einer degressiven Aufwandserfassung. Auch in der Folgebewertung ist der Ansatz vergleichbar mit dem derzeitigen Finanzierungsleasing, bei dem der Grossteil der Aufwendungen am Anfang des Leasingverhältnisses erfasst wird, sogenanntes «frontloading».

Sind geleaste Immobilien nach Typ B zu bilanzieren, verhält es sich anders. Hier wird während der Vertragslaufzeit ein unwesentlicher Werteverzehr am Vermögensgegenstand durch den Leasingnehmer angenommen. Für diese Leasingobjekte ist ein über die Vertragslaufzeit gleichbleibender linearer Aufwand aus dem Leasingverhältnis zu erfassen. Dieser setzt sich ebenfalls aus der Aufzinsung der Leasingverbindlichkeit und einer Residualgrösse zusammen - welche einem gedachten Abschreibungsbetrag des Nutzungsrechts entspricht. Da der Aufzinsungsaufwand einen degressiven Verlauf hat, muss sich dieser Abschreibungsbetrag im Zeitablauf progressiv entwickeln, um einen gleichbleibenden Gesamtaufwand abbilden zu können. Der lineare Gesamtaufwand ist für diese Leasingverträge insgesamt im operativen Ergebnis zu zeigen.

Nach der Ausbuchung des nunmehr verleasten Vermögensgegenstandes ist beim Leasinggeber für Leasingverhältnisse des Typ A eine Leasingforderung und ein abgezinster Restwert des verleasten Vermögensgegenstandes in der Bilanz auszuweisen - welche den Barwert des Anspruchs auf den Erhalt der künftigen Leasingraten bilanziell widerspiegelt. Der Restwert repräsentiert gedanklich den Anteil am Leasingobjekt, welcher nicht zur Nutzung an den Leasingnehmer übertragen wird. Analog zur Bilanzierung beim Leasingnehmer werden die Leasingerträge degressiv erfasst. Von der realisierten Leasingrate wird lediglich die Aufzinsung der Leasingforderung und des Restwerts ergebniswirksam erfasst. Der übersteigende Teil ist als Tilgung der Leasingforderung zu berücksichtigen.

Ein Typ B Leasingverhältnis ist beim Leasinggeber weiterhin gemäss der derzeit anwendbaren IFRS Vorgaben (Bilanzierung von Mietleasingverhältnissen nach IAS 17) zu bilanzieren. Im Regelfall handelt es sich hierbei um eine Immobilie. Es erfolgt keine Ausbuchung des dem Leasingvertrag zugrunde liegenden Vermögensgegenstandes. Der Bilanzierende erfasst lediglich den eingehenden Leasingertrag erfolgswirksam linear in der Gewinn- und Verlustrechnung.

Sale-and-Lease-Back-Transaktionen weiterhin möglich?

Eine weitere Neuerung des Standardentwurfs bezieht sich auf die Bilanzierung von sogenannten «Sale-and-Lease-Back-Transaktionen», bei der Vermögensgegenstände zunächst verkauft und dann zur weiteren Nutzung zurück gemietet werden - oftmals Immobilien. Zur Beurteilung der Bilanzierung derartiger Transaktionen verlangt der neue Standard nunmehr eine Prüfung, ob nach den Vorgaben der IFRS überhaupt ein Verkauf stattgefunden hat.

Eine Abbildung, wie sie derzeit für Sale-and-Lease-Back Transaktionen möglich ist, ist nach den neuen Bilanzierungsregeln nur noch für solche Transaktionen möglich, bei denen im Verkaufsvorgang die Verfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand vollständig auf den Käufer übergeht. Der Übergang des physischen Besitzes am Vermögenswert wird dabei u.a. als Kriterium angesetzt.

Kommt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass im ersten Schritt kein Verkauf im Sinne der Neuregelung stattgefunden hat, ist die Sale-and-Lease-Back-Transaktion bilanziell als Darlehensvereinbarung zu behandeln.
Neubeurteilung bestehender Miet- und Leasingverträge notwendig

Die Anwendung des neuen Leasingstandards verlangt eine Untersuchung sowie bilanzielle Neubeurteilung aller bestehenden Miet- und Leasingverhältnisse eines Unternehmens.

Zunächst ist zu prüfen, ob die bestehenden Leasingverhältnisse implizit oder explizit eindeutig identifizierbare Vermögenswerte betreffen und ob dem Leasingnehmer durch den Vertrag das Recht zur Kontrolle der Nutzung übertragen wurde. Das Kriterium der Kontrolle stellt eine bewusste Änderung der bisherigen Leasingdefinition dar, was dazu führen kann, dass Leasingverhältnisse nach der heutigen Definition, zukünftig nicht als solche einzustufen sind. Anschliessend ist für Verträge mit einer Laufzeit inklusive aller Verlängerungsoptionen von mehr als zwölf Monaten zu prüfen, ob ein Leasingverhältnis des Typs A oder des Typs B vorliegt.

Es empfiehlt sich die Prüfung der Verträge nach den oben genannten Kriterien frühzeitig anzugehen. Denn der zusätzliche administrative Aufwand ist im Rahmen einer regulären Jahresabschlussorganisation meist nicht zu leisten. Zudem bietet nur eine frühzeitige Einschätzung der bilanziellen Folgen der Neuregelung die Möglichkeit, gewünschte oder notwendige Anpassungen von Verträgen gemeinsam mit den Vertragspartnern umzusetzen oder Finanzierungskonzepte vor Inkrafttreten neu zu regeln.

Rückwirkung der Neuerungen auf Finanzkennzahlen und Finanzierungen

Bei Unternehmen, die bisher nicht zu bilanzierende Leasingverhältnisse erstmalig in der Bilanz darstellen müssen, wird die Neubeurteilung der Leasingverträge unter Umständen zu signifikanten Änderungen in ihrer Kapitalstruktur führen. Eine entsprechende Verschiebung der Bilanz- und GuV-Kennzahlen, wie Eigenkapitalquote, Return on Investment, etc., kann zu einer Verschlechterung der Beurteilung des Unternehmens durch die Jahresabschlussadressaten führen - ohne dass die Ursachen dafür aus dem operativen Geschäftsverlauf resultieren. Insofern diese Bilanzierungseffekte in der Beurteilung nicht berücksichtigt werden.

Aufgrund der Neuregelung liegt für fremdfinanzierte Unternehmen die Gefahr darin, dass sich die mit den finanzierenden Banken bestehenden Kreditbedingungen auf Basis der Erreichung von vereinbarten Finanzkennzahlen (sog. Financial Covenants) signifikant verschlechtern. Und zwar allein wegen der Bilanzierungsänderungen. Hier wird deutlich, dass insbesondere die Leasingnehmer auf Basis einer vorhergehenden Analyse, frühzeitig die Gründe für die Änderungen ihrer Finanzdaten/Kennzahlen kommunizieren müssen - z.B. im Ausblick der Jahresabschlussberichterstattung vor erstmaliger Anwendung des Standards. Unternehmen, die Leasing zur Absatzfinanzierung nutzen, müssen neue Modelle der Absatzfinanzierung entwickeln bzw. höhere Risiken hinsichtlich Umsatz- und Forderungsrealisierung eingehen.

Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung

Korrespondierend zur handels- und steuerrechtlichen Darstellung («Off-Balance») begrenzt die strenge Ausgestaltung des Standardentwurfs die Möglichkeiten der Vertragsgestaltung. Diese sollen die Leasingverhältnisse in der IFRS Bilanz abbilden.

Ein möglicher Ansatzpunkt zur Anpassung von Leasingverträgen wäre die Gesamtlaufzeit. Für die meisten Leasingobjekte erscheint eine vereinbarende Vertragsdauer von maximal zwölf Monaten inklusive aller Verlängerungsoptionen wenig sinnvoll. Zumal daraus resultierende rollierende Neuabschlüsse eine Stabilität der Leasingkonditionen gefährden würde. 

Der grösste Spielraum der Gestaltung bietet sich im Bereich der Konditionengestaltung der Verträge. Dabei ist eine Unterscheidung zwischen Leasing- und Nichtleasingkomponenten innerhalb des Vertrages möglich. Sind diese im Vertrag differenzierbar, ist nur der auf das Leasing entfallende Teil gemäss der Vorgaben des Standards zu bilanzieren. Alle anderen Vertragsbestandteile, wie z.B. vereinbarte Dienstleistungen, bleiben bilanziell unberücksichtigt und sind wie bisher nur im Aufwand zu erfassen. Dazu muss der Vertrag Einzelpreise für die unterschiedlichen Komponenten ausweisen oder diese müssen am Markt ermittelbar sein. Drittvergleichspreise stellen dabei die Grenze der Ausgestaltung dar, wobei solche für viele Spezialkonstellationen schwer ermittelbar sind. Des Weiteren wird im vorliegenden Entwurf zwischen fixen und variablen Leasingkonditionen unterschieden. Variable Leasingraten sind nur noch zu berücksichtigen, wenn diese indexbasiert sind, z.B. Lebenshaltungskostenindex, Vergleichszinssätze, o.ä.. Sind die variablen Zahlungen an andere Grössen, wie beispielsweise Umsätze oder Stückzahlen gekoppelt, können diese in der Bewertung unberücksichtigt bleiben.

Fazit und Ausblicke

Es ist davon auszugehen, dass die geplanten Neuregelungen zur Anwendung kommen werden - wenn auch in leicht modifizierter Form aufgrund der Bereinigung von strukturellen Schwächen in der Neukonzeption.

Die Umsetzung des IFRS-Leasingstandards in der vorliegenden Entwurfsform führt nicht nur zu einer deutlichen Zunahme der Komplexität der Bilanzierung solcher Vertragsverhältnisse, sondern kann auch signifikante Folgen für die Finanzierungsstruktur der betroffenen Unternehmen haben. Insbesondere für Leasingnehmer empfiehlt sich eine rechtzeitige Analyse der bilanziellen Neubewertung bestehender Miet- und Leasingverträge. Nur eine frühzeitige Projektion der aus den Neuregelungen resultierenden kurz- und langfristigen Auswirkungen bietet die Möglichkeit, Vertragsgestaltungen oder Finanzierungsstrukturen noch vor Inkrafttreten aktiv anzupassen. Dies betrifft die Erst- und Folgebewertung bestehender und geplanter Leasingverhältnisse auf den Jahresabschluss des Unternehmens.

(Bildquelle: © Chagin/iStockphoto)




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