Betroffen sind Personenkreise unabhängig davon, ob sie bei der Erstellung oder dem Umbau Eigenleistungen erbringen oder nicht - dazu gehören u.a. private Immobilieneigentümer, Vereine, Stiftungen, einfache Gesellschaften, Konsortien, Bauunternehmen, Baugenossenschaften und Investoren.
Diese neue Praxis hebt die bisherigen Abgrenzungskriterien zwischen steuerbaren Lieferungen und von der Steuer ausgenommenen Verkäufen von Bauwerken und/oder Objekten auf. Wird ein Grundstück verkauft, auf dem vom Verkäufer ein Neubau erstellt oder ein Umbau realisiert wird und findet die Verurkundung (Art. 216 Abs. 1 und 2 OR) und/oder der Abschluss eines Werkvertrags (Art. 363 OR) vor Baubeginn statt, liegt eine steuerbare Immobilienlieferung vor.
Es sind verschiedene Elemente in diese Übertragung involviert:
- Verurkundung
- Generalunternehmungsvertrag (GU-Vertrag)
- Baubeginn
Welche Verträge und Vertragsdaten sind tatsächlich zu berücksichtigen für die Abgrenzungsfragen bei der Mehrwertsteuer? Lassen Sie uns diese Frage an praktischen Beispielen beantworten.
Praktische Beispiele: Ausgangslage
Wir nehmen an, dass Herr Müller (Alleinaktionär der Müller AG) Eigentümer einer Baulandparzelle im Kanton Zürich ist. Die Generalunternehmung Müller AG als Bauunternehmerin erstellt auf der Baulandparzelle von Herrn Müller ein Einfamilienhaus. Käufer ist Herr Keller. Je nach Vertragsabwicklung ergeben sich unterschiedliche mehrwertsteuerliche Konsequenzen:
Annahme Fall 1:
- Verurkundung: 2.Oktober 2013
- GU-Vertrag/Werkvertragsabschluss mit dem Käufer Keller: 2.Dezember 2013
- Baubeginn (Aushubarbeiten, Pfählen, Hangsicherungsarbeiten): 1.April 2014
Der Eigentümer Herr Müller und die Generalunternehmung Müller AG gelten aus der Sicht der MWST als eng verbundene Personen (Art. 3 lit. h MWSTG). Es gelten die gleichen MWST-Grundsätze, ob der Eigentümer Herr Müller oder die Generalunternehmung Müller AG den Boden und das Bauwerk an Herrn Keller verkauft.
Der Verkauf von Boden und Bauwerk haben vor Baubeginn stattgefunden, deshalb liegt eine steuerbare Immobilienlieferung vor. Steuerbar ist lediglich der Verkauf des Bauwerks.
Der Boden gilt im Sinne der Mehrwertsteuer als nicht verbrauchsfähig, weshalb der Verkauf des Bodens nicht der MWST unterliegt (Art. 3 lit. c MWSTG).
Annahme Fall 2:
Die Konstellation ist gleich, jedoch mit anderen Daten.
- Verurkundung: 2. Oktober 2013
- GU-Vertrag/Werkvertragsabschluss mit dem Käufer Keller: 30. April 2014
- Baubeginn (Aushubarbeiten, Pfählen, Hangsicherungsarbeiten): 1.April 2014
In diesem Fall hat Herr Müller den Kaufvertrag mit Herrn Keller bereits ab- geschlossen. Der GU-Vertrag mit der Müller AG für den Umbau findet später statt.
Die mehrwertsteuerliche Konsequenzen sind gleich wie im Fall 1.
Annahme Fall 3:
Die Konstellation ist gleich, jedoch mit anderen Daten
- Verurkundung: 1.Dezember 2013
- GU-Vertrag/Werkvertragsabschluss mit dem Käufer Keller: 1.Januar 2014
- Baubeginn (Aushubarbeiten, Pfählen, Hangsicherungsarbeiten): 2.Oktober 2013
Die Verurkundung und der Vertragsabschluss mit der Generalunternehmung erfolgten nach dem Baubeginn. In diesem Fall liegt eine von der MWST ausgenommene Transaktion (Verkauf Bauwerk) vor.
Planung des Baubeginns und zeitliche Abläufe
Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Planung des Baubeginns respektive das Datum der Verurkundung bei der mehrwertsteuerlichen Beurteilung eine wichtige Rolle spielen. Diese Praxis der Eidgenössischen Steuerveraltung kann dazu führen, dass Objekte, die im gleichen Haus veräussert werden, mehrwertsteuerlich unterschiedlich beurteilt werden. Wird die Verurkundung vor dem Baubeginn getätigt, kostet der Verkauf des Bauwerks 8% mehr für den neuen Eigentümer. Die mehrwertsteuerlichen Überlegungen sind daher bei der Planung ebenfalls zu berücksichtigen.
(Bildquelle: © Ridofranz/iStockphoto)