Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe forderte eine Neuregelung des deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes bis Ende Juni 2016. Die bisherigen Ausnahmeregelungen, insbesondere bei der Unternehmensnachfolge, gingen den Richtern zu weit. Daher seien diese nicht mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz in Einklang zu bringen. Nach langem Ringen konnte die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD am 20. Juni 2016 eine Einigung zur notwendigen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerreform in Deutschland erzielen. Der Bundestag stimmte bereits am 24. Juni 2016 zu. Allerdings verweigerte der Bundesrat am 8. Juli 2016 der Gesetzesreform die Zustimmung. Stattdessen wurde mit der Mehrheit der Stimmen der Vermittlungsausschuss angerufen. Demzufolge kann der bisherige Zeitplan nicht mehr eingehalten werden. Eine Entscheidung über die Erbschaftsteuerreform verzögert sich mindestens bis in den Herbst.
Kommt die Neuregelung der Erbschaftsteuer in Deutschland? (1/2)
Die bisherige Regelung sah nur eine geringe beziehungsweise unter Umständen keine steuerliche Belastung für Unternehmensübergänge vor. Hierzu mussten bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden. Eine Verschonung bei der Erbschaftsteuer zu 85 Prozent oder gar zu 100 Prozent war unabhängig vom Wert des Unternehmens möglich – insofern die Erben vor allem das Unternehmen fünf bzw. sieben Jahre fortführten und die Arbeitsplätze erhielten.
Seitens des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wurde Folgendes für verfassungswidrig erklärt:
- die Regelungen des Erbschaft- bzw. Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) zur Steuerbefreiung für Betriebsvermögen (§ 13a ErbStG)
- die Definition des begünstigten Vermögens (§ 13b ErbStG)
- die Steuertarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG mit Urteil vom 17. Dezember 2014
Für diese Neuregelung hat das BVerfG dem deutschen Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2016 eingeräumt. Damit wurde eine Erbschaftsteuerreform notwendig.
Der Bundestag hat bereits zentralen Änderungen des aktuellen Gesetzesentwurfs zur Erbschaft- und Schenkungsteuerreform zugestimmt. Durch die Nichtzustimmung im Bundesrat und der Anrufung des Vermittlungsausschusses wird allerdings nun über die nachfolgenden Punkte weiterhin beraten: Vorab sei erwähnt, dass nach dem Gesetzesentwurf die bisherige Grundstruktur der Verschonungsmodelle für begünstigungsfähiges Vermögen grundsätzlich bestehen bleiben soll. Folgendes soll beibehalten werden:
- Regelverschonung (85-prozentige Steuerbefreiung)
- Optionsverschonung (100-prozentige Steuerbefreiung)
- Anforderungen an die Arbeitsplätze (Lohnsteuersummenregelung)
- Behaltefristen
>> zum 2. Teil der Artikelreihe «Kommt die Neuregelung der Erbschaftsteuer in Deutschland?»
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