1. Entlastung kleiner Unternehmen von Bürokratie
Kleine Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern (bisher 20) sollen auch zukünftig vollständig von der Erbschaftsteuer verschont bleiben – insofern das Unternehmen von den Erben mindestens sieben Jahre fortgeführt wird.
Solche kleinen Unternehmen sind dem Gesetzesentwurf nach von der Nachweispflicht des Arbeitsplatzerhalts (Lohnsummenprüfung) ausgenommen. Saisonarbeiter sollen bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl unberücksichtigt bleiben. Dem Gesetzesentwurf nach soll die Mindestlohnsumme mit der Zahl der Beschäftigten ansteigen.
2. Steuererleichterungen für Familienunternehmen
Familienunternehmen sollen weiterhin entlastet werden. Bei der Anteilsübertragung auf Dritte unterliegen diese gewissen Verfügungsbeschränkungen. Dies soll nun mehr als Steuerbefreiung in Höhe von maximal dreissig Prozent bei der Bestimmung des Unternehmenswerts berücksichtigt werden. Dabei ist erforderlich, dass diese Verfügungsbeschränkungen zwei Jahre vor und zwanzig Jahre nach dem Tod des Erblassers bzw. dem Schenkungszeitpunkt vorliegen.
3. Grosse Unternehmensvermögen von mehr als 90 Millionen Euro
Bisher ist geplant, dass bei einem Erwerb des einzelnen Erben von mehr als 26 Millionen Euro eine Steuervergünstigung erst nach einer individuellen Bedürfnisprüfung möglich ist. Das bedeutet, diese ist erst vorgesehen, wenn der Erbe nachweisen kann, dass er die Steuer nicht tragen kann (individuelle Verschonungsbedarfsprüfung).
Alternativ soll es das Modell eines Verschonungsabschlags (Abschmelzungsmodell) geben.
- Erwerb von mehr als 26 Millionen Euro: Der Verschonungsabschlag soll sich für jede 750.000 Euro um ein Prozent verringern.
- Erwerb von 90 Millionen Euro (bzw. 89.75 Millionen Euro bei der fünf-jährigen Regelverschonung): Kein Steuernachlässe mehr.
4. Unternehmensbewertung: Absenkung des Kapitalisierungsfaktors
Der Gesetzesentwurf beabsichtigt den Kapitalisierungsfaktor beim vereinfachten Ertragswertverfahren für die Bestimmung des Unternehmenswerts abzusenken – von derzeit 17.86 auf einen Korridor von 10 bis maximal 12.5. Dies erfolgt laut der Gesetzesbegründung, weil in Niedrigzinsphasen die derzeitige Regelung zu einer überhöhten Bewertung von nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen führt.
Hinweis: Das vereinfachte Ertragswertverfahren findet teilweise auch im Ertragsteuerrecht Anwendung. So zum Beispiel im Rahmen der sogenannten Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG). Diese kommt zum Tragen, wenn eine natürliche Person:
- Mindestens die letzten zehn Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war
- Diese Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland endet
- Der Steuerpflichtige eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von mindestens ein Prozent hält
In diesem Fall ist als fiktiver Veräusserungsgewinn des Anteils die Differenz zwischen dem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Wegzugs und den historischen Anschaffungskosten heranzuziehen. Die Möglichkeit einer zinslosen und unbefristeten Stundung der Steuer auf den fiktiven Veräusserungsgewinn kann vom Steuerpflichtigen beantragt werden – allerdings nur, wenn er in ein EU-/EWR-Land zieht.
5. Verwaltungsvermögen
Auch zukünftig soll sogenanntes Verwaltungsvermögen grundsätzlich schädlich sein und damit nicht für eine der möglichen Vergünstigungen des geplanten Erbschaftsteuer-/Schenkungsteuergesetzes qualifiziert. Am Katalog des begünstigungsfähigen Vermögens und des Verwaltungsvermögens wird im Gesetzesentwurf nahezu unverändert festgehalten. Allerdings wird es bis zu einer Höhe von zehn Prozent als steuerrechtlich begünstigtes Betriebsvermögen behandelt. Besteht das Betriebsvermögen fast ausschliesslich – das heisst, mehr als neunzig Prozent an Verwaltungsvermögen –, soll die Begünstigung für das gesamte Vermögen entfallen.
Darüber hinaus stellt der Entwurf klar, dass Drittlandsbeteiligungen (also ausserhalb der EU/EWR) bei einer Holdinggesellschaft, Altersversorgungsverpflichtungen und verpachtete Grundstücke, die zum Zwecke des Absatzes von eigenen Produkten überlassen werden, begünstigt werden. Geld beziehungsweise geldwerte Forderungen zählen pauschal zu fünfzehn Prozent als steuerlich begünstigtes Vermögen. So soll die notwendige Liquidität des Unternehmens gesichert werden.
Die Berechnung des Verwaltungsvermögens bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen wird durch die Neuregelung grundlegend geändert. Zukünftig soll nicht für jede Gesellschaft gesondert ermittelt werden, sondern es erfolgt eine konsolidierte Berechnung auf Konzernebene.
6. Förderung von Investitionen
Diejenigen Mittel aus einer Erbschaft, die entsprechend dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach dessen Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, sollen erbschaftsteuerlich begünstigt werden.
7. Deutliche Erweiterung der Stundungsregelung
Um den Unternehmensfortbestand durch die Zahlung der Erbschaftsteuer nicht zu gefährden (falls dem Steuerpflichtigen kein Steuererlass im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung gewährt wird – siehe Punkt 3), soll zukünftig ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose Stundung bis zu zehn Jahren bei Erwerben von Todes wegen eingeführt werden.
Die Stundung der Steuer soll hierbei zinslos erfolgen und ist unabhängig vom Wert des betreffenden Vermögens. Voraussetzung ist allerdings die Einhaltung der Lohnstummenregelung und der Behaltensfrist.
Ausblick
Der vom Bundestag beschlossene Gesetzesentwurf beinhaltet neben den dargestellten Verschärfungen auch neue Gestaltungsspielräume. Der Bundesrat wird versuchen, über den Vermittlungsausschuss noch weitere Verschärfungen in das Reformgesetz einzubringen. Unter anderem teilte der nordrhein-westfälische Finanzminister Walter-Borjans bereits mit, dass die Vorschläge seiner Auffassung nach noch immer nicht verfassungskonform sind.
In der Rechtspraxis ist die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens genau zu beobachten. Sobald das Reformgesetz in Kraft getreten ist, sind die neuen gesetzgeberischen Vorgaben für die Unternehmensnachfolge vorzunehmen. Dem Voraus geht eine auf den Einzelfall ausgerichtete Prüfung der jeweiligen Unternehmenssituation.
Der Gesetzgeber wurde seitens des BVerfG aufgefordert, bis spätestens 30. Juni 2016 die notwendigen Reformschritte umzusetzen. Gemäss Vertretern des BVerfGs soll der für verfassungswidrig befundene Teil des ursprünglichen ErbStG bis zur Verabschiedung einer Neuregelung Anwendung finden – auch über den 30. Juni 2016 hinaus.
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