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25. Jul 2016, Wirtschaft | Krisenbewältigung

Krisenkommunikation – die Büchse der Pandora (2/2)

6 Schritte zur Krisenbewältigung. So meistern Sie Unternehmenskrisen.

1. Exaktes Einordnen

Ist eine Krise als solche erkannt, ist eine schonungslose und umgehende Lageeinschätzung, Analyse der Ursachen und Einordnung des Themas zwingend. Das schliesst die Beurteilung der äusseren Bedingungen ein. Jetzt müssen Zusammenhänge erklärt werden.

Dieselgate beispielsweise kommt in einer Zeit, da Elektroautos auf dem Vormarsch sind, die politischen Ampeln im wahrsten Sinne des Wortes auf Grün stehen und gleichzeitig der Trend weg von industriellen Arbeitsplätzen hin zu digitalisierten und robotergestützten «Helfern» zunimmt.

Unter diesen Bedingungen hat Dieselgate eine weit höhere Sprengkraft. Die Folgen aus Pandoras Büchse beziehen sich nicht mehr nur auf CO2-Werte, sondern ziehen weit grössere Kreise.

2. Entscheidungsfähige Krisenmanager

An die Spitze einer Krisenbewältigung gehört ein entscheidungsfähiger Krisenmanager, der gleichzeitig Hauptkommunikator ist. Im besten Fall ist es der Chef selbst. Das funktioniert jedoch nur, wenn er nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung ist. Ein Manager beispielsweise, der die Krise durch bewusstes Fehlverhalten ausgelöst hat, verschärft sie, wenn er mit einem «Mea culpa» oder gar «ich habe nichts gewusst» auftritt.

Das Krisenmanagement muss einer Persönlichkeit übertragen werden, welche glaubwürdig und entscheidungsfähig ist, sachlich agiert und klar kommunizieren kann. Nur eine Persönlichkeit, die Vertrauen geniesst, kann Schaden vom Unternehmen abwenden. 

3. Loyaler Krisenstab

Der Krisenmanager muss sehr schnell entscheiden, wen er in den engsten Zirkel aufnimmt. Das Team muss von der ersten Stunde, ja Minute an funktionieren. Wichtigste Voraussetzungen sind Fairness, absolute Transparenz und eine Fehlerkultur. Eitelkeiten, Machtstrukturen oder Informationshoheit für nur eine Person im Krisenteam sind tabu.

Es gilt das One-Voice–Prinzip. Nichts wirkt verheerender als, unterschiedliche Aussagen und nichts lieben die Medien mehr, als die Gegenüberstellung selbiger. Das Krisenteam muss klar die Führungsverantwortung des Krisenmanagers anerkennen und auch dessen Entscheide respektieren und stützen. Das Team hat die Lösung im Fokus und schafft nicht zusätzliche Probleme.

4. Durchdachtes Timing

In einer Krisensituation laufen die Uhren anders. Innerhalb kürzester Zeit nach Bekanntwerden einer Krisenlage klingeln die Telefone und läuft die Online-Welt heiss. Das Rennen um die Kommunikationsführung ist eröffnet. Einige Unternehmen agieren inzwischen sehr professionell. Aber man kann auch anderes beobachten:

  • Die prompte unüberlegte Reaktion, noch ohne klare Faktenlage: «Angriff ist die beste Verteidigung».
  • Das Schweigen: Version «aussitzen».

Wer die Krise aktiv führt – sprich den «schwelenden Zustand» in den Griff bekommen will – der muss kommunizieren. Es bleibt nur wenig Zeit, um die Faktenlage zu sortieren. Ein guter Krisenmanager handelt deshalb sofort. Er lässt die Vorfälle umgehend untersuchen, zieht die nötigen Experten hinzu und kann blitzschnell die Lage erfassen und erste Entscheidungen treffen.

Mit einer ersten Stellungnahme ist es möglich, die Lage unter Kontrolle zu bringen und die Kommunikationsführung an sich zu ziehen. Das Bedürfnis nach Information ist in Krisen eklatant höher als sonst. Wer zu lange wartet, öffnet Spekulationen Tür und Tor. In der Krise heisst das Timing: Einordnen, entscheiden, kommunizieren und die Kommunikationsführung halten. Es gilt «Agenda-Setting» statt «Agenda-Surfing».

5. Faktenhoheit

In einer Krise zählen einzig und allein Fakten. Was ist passiert? Wer ist involviert? Wo ist es passiert? Warum? Und wann? Der Krisenstab muss die Faktenhoheit haben. Das Team sollte sich wie investigative Journalisten verhalten und alle Quellen nach Informationen prüfen. Nichts ist schlimmer, als Informationen, die einem erst über die Medien oder Dritte zugetragen werden.

Was bekannt ist, gehört auf den Tisch und eingeordnet. Sind die Fakten in der Kürze der Zeit noch nicht erschöpfend, sollte in der ersten Stellungnahme erklärt werden, wann weitere Fakten zu erwarten sind. Und: Es muss aufgezeigt werden, welche Sofortmassnahmen ergriffen wurden, um dieser Krise Herr oder Frau zu werden.

6. Wahre und klare Worte

Allein das wahre Wort zählt. Ausreden, Sündenböcke, Schuldzuweisungen oder Rechtfertigungen sind verschwendete Zeit. Auch braucht es Mut zu klaren Worten.

In einer Krisensituation ist keine Zeit zum «redigieren». Keine Aussage wird nochmals zur Prüfung vorgelegt. Das gesprochene Wort ist das geschriebene oder gesendete Wort. Je klarer und prägnanter also die Aussagen, je sicherer ist, dass die Fakten verstanden werden.

Fazit: Ist die Krise doch eine Chance?

Nicht selten wird eine Krise nach ihrer Bewältigung anders eingeschätzt, als zu Beginn. Vieles wird dann durch die differenzierte Brille betrachtet – was anfangs durch Aufregung, Angst oder Befangenheit geprägt war. «Am Ende ist man immer klüger» heisst es so schön. Wem es gelingt, die «Bewältigungsbrille» schon zu Beginn der Krise aufzusetzen und sachlich, besonnen und mit der nötigen persönlichen Distanz zu kommunizieren, derjenige gehört in die Liga der Top-Krisenmanager.

Deshalb ist es nach der Krise genauso wichtig, alle involvierten Personen nochmals an einen Tisch zu holen, das Geschehene auszuwerten und sich gegenseitig zu stärken. Wenn das gelingt und das wäre die Meisterübung bei der Bewältigung einer Krise, kann ein Unternehmen auch gestärkt daraus hervorgehen. Dann kann in der Krise eine Chance gesehen und wahrgenommen werden.

>> zum 1. Teil: Krisenkommunikation – die Büchse der Pandora (1)



(Bildquelle: © Johnny Greig/iStockphoto)




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