Leasing und Factoring in der Schweiz und in Deutschland
7. Jan 2014, Recht & Steuern | Trends

Leasing und Factoring in der Schweiz und in Deutschland

Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland ist das Leasing weit verbreitet und hat eine grosse wirtschaftliche Bedeutung. Alle Fakten, Unterschiede und Trends – hier im Überblick.

Im Jahr 2011 betrug in der Schweiz das ausstehende Leasingvolumen 22,7 Mrd. CHF. In Deutschland generiert die Leasing-Branche ein jährliches Investitionsvolumen von 48,5 Mrd. Euro (2012) mit ca. 1,6 Millionen Leasing-Verträgen - wobei Wirtschaftsgüter im Wert von über 200 Mrd. Euro verleast wurden.

Dreiparteienverhältnis wird bevorzugt

Während das Zweiparteien-Leasing sehr selten ist (sog. direktes Leasing), ist das Dreiparteien-Leasing (sog. indirektes Leasing) in der Schweiz die häufigste Erscheinungsform: Der Leasingnehmer sucht sich ein Objekt beim Hersteller oder Lieferanten aus (z.B. ein PKW beim Autoverkäufer), worauf die Leasinggeberin (Bank, Finanzierungsinstitut) mit dem Hersteller oder Lieferanten einen Kaufvertrag oder Werkvertrag abschliesst, den Kauf- oder Werkpreis finanziert, und das Leasingobjekt zu Eigentum erhält. Die Leasinggeberin, welche mit dem Leasingnehmer einen Leasingvertrag abgeschlossen hat, überlässt diesem das Leasingobjekt für eine fixe Vertragsdauer. Oft übergibt der Hersteller bzw. Lieferant das Leasingobjekt direkt dem Leasingnehmer - ohne dass es jemals zu einer physischen Übergabe an den Leasinggeber kommt.

Leasing CH/D: Spezifische Rechtsprobleme & Unterschiede

Mangels spezifischer gesetzlicher Regelung in der Schweiz kommen auf das Leasing als sog. Innominatkontrakt (gesetzlich nicht geregelter Vertrag) die generellen Regeln des Obligationenrechts (OR) sowie des Zivilgesetzbuches (ZBG) zur Anwendung -insbesondere jene des Miet-, Pacht- und Kaufrechts sowie des Sachenrechts.

In Deutschland wird das Leasing ebenfalls nicht direkt durch das Gesetz geregelt, sondern vielmehr durch die Rechtsprechung und durch allgemeine Leasingbedingungen geprägt. Es unterliegt daher einer ständigen Fortentwicklung, so dass in der Praxis immer neue Leasingkonstellationen auftreten. Begrifflich ist der Leasingvertrag gemäss dem Bundesgerichtshof und der herrschenden Literaturmeinung «als ein Dauerschuldverhältnis zu qualifizieren, welches der Miete sehr ähnlich ist und auf welches vorgängig die Bestimmungen des Mietrechts, insbesondere die mietrechtlichen Kündigungsvoraussetzungen des § 543 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) anzuwenden sind». Die von der Rechtsprechung anerkannte Praxis regelt Abweichungen von den Mietrechtsvorschriften mittels AGB-Klauseln, so dass damit der Leasingvertrag als Mietvertrag sui generis modifiziert wird.

Formen des Leasings

Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland sind im Hinblick auf das Leasingobjekt folgende Unterscheidungsformen üblich: Mobilienleasing (z.B. PKW, Produktionsmaschinen), Flottenleasing (Full-Service-Leasing bezüglich Firmenfahrzeugen, LKW, Busse etc.) sowie das in der Schweiz seltene Immobilienleasing (Geschäftshäuser, Logistikzentren, Hotels, etc). Sodann wird zwischen Finanzierungsleasing (Financial Leasing) und Operatingleasing unterschieden. Während beim häufigen Finanzierungsleasing die Finanzierung einer Investition während einer fixen Laufzeit im Vordergrund steht (oft Vollamortisation, eher selten Teilamortisation), geht es bei dem Operatingleasing hauptsächlich um die Nutzungsmöglichkeit während einer kurzen, flexiblen Laufdauer - wirtschaftlich ähnlich wie bei einer Miete. Von grosser rechtlicher Relevanz ist folglich die Unterscheidung nach dem privaten oder geschäftlichen Zweck des Leasings: bei ersterem liegt Konsumgüterleasing vor, ansonsten Investitionsgüterleasing.

Konsumenten – Verbraucherschutz CH/D

Dient das Leasing von beweglichen Sachen dem privaten Zweck, so ist das schweizerische Konsumgütergesetz (KKG) anwendbar - insofern der Leasingvertrag vorsieht, dass die vereinbarten Leasingraten bei vorzeitiger Beendigung erhöht werden. Gemäss Art. 17 Abs. 3 KKG darf sich der Leasinggeber im Vertrag eine rückwirkende Erhöhung der Leasingraten ausbedingen, wenn er vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen möchte (Entschädigung). Berechnet der Leasinggeber bei vorzeitiger Kündigung also neue, höhere Leasingraten, so ist dies i.d.R. nach dem KKG durchaus legal. Das KKG statuiert für Leasingverträge zahlreiche Vorschriften zum Schutz des schweizerischen Konsumenten. Insbesondere die Kreditfähigkeitsprüfung durch den Leasinggeber vor Vertragsabschluss (Art. 29 KKG), die Angabe der hypothetischen Amortisation (Zeitraum, innerhalb dessen der Leasingnehmer den Kredit zurückzahlen soll) und die zwingende Schriftlichkeit. Zudem wird eingehend geregelt, welche Angaben der Leasingvertrag zu enthalten hat. Besonderes Augenmerk sollte der Konsument auf die oft verwendeten AGB der Leasingverträge richten. Häufig finden sich dort für ihn relevante Dinge, wie z.B. Verzugskosten bei verspäteter Ratenzahlung, vorzeitige Kündigungsrechte des Leasinggebers bei Verzug, Einschränkungen bei Auslandsreisen etc.

Bei der Umsetzung der Verbraucherkreditlinie 2008 und deren Umsetzung zum 11.6.2010 wurde gemäss Anlage 6 zu Art. 247 § 6 II und §12 Abs.1 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) ein Muster für die Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge im Rang eines Gesetzes umgesetzt. Wird dieses Muster richtig und formgerecht in der Vertragsurkunde verwendet, so tritt eine Gesetzlichkeitsfiktion ein. Sind die Angaben vollständig, ersetzt diese Widerrufsinformation die Belehrung nach dem § 355 II BGB. Allerdings ist für die Anwendung auf Finanzierungsleasingverträge eine Anpassung notwendig, da dieses Muster nur für Verbraucherdarlehensverträge konzipiert ist.

Eine der wesentlichen Änderungen der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008 war die Verpflichtung des Unternehmers zur vorvertraglichen Aufklärung des Verbrauchers. Gemäss Art. 247 § 1 EGBGB hat die vorvertragliche Information vor Abschluss des Verbraucherleasingvertrages in Textform zu erfolgen und muss Einzelheiten wie z.B. den Namen und die Anschrift des Leasinggebers, die Art des Darlehens, den effektiven Jahreszins, den Nettodarlehensbetrag, den Sollzinssatz, die Vertragslaufzeit, Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen, den Gesamtbetrag etc. enthalten. Dabei wird die Verwendung des Musters gemäss Anlage 3 zu Art. 247 § 2 EGBGB in Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB vorgeschrieben (sog. SECCI Formular).

Abtretung Mängelrechte

In der Schweiz wird die Zulässigkeit der Abtretung von Sachgewährleistungen von der herrschenden Lehre verneint, weil es sich um Gestaltungsrechte und nicht um Ansprüche handle. Zur Behebung dieses Problems wird der Leasingnehmer häufig ermächtigt, die Sachgewährleistungsansprüche als Stellvertreter des Leasinggebers gegenüber dem Lieferanten geltend zu machen.

In Deutschland kann der Leasinggeber seine Gewährleistungshaftung unbedingt und vorbehaltlos auf den Leasingnehmer abtreten. Geht die Abtretung ins Leere, weil im Vertrag zwischen dem Leasinggeber und dem Verkäufer ein Mängelhaftungsausschluss vereinbart ist, ist der Ausschluss der Gewährleistungsrechte gegenüber dem Leasingnehmer (der Verbraucher ist) aber unwirksam.

Factoring – Fakten CH/D

Beim Factoring lässt sich der Factor, i.d.R. ein Kreditinstitut, gegen Entgelt sämtliche oder einen Teil der Forderungen eines Kunden aus seinem Geschäftsbetrieb abtreten, zahlt den Betrag dem Kunden aus, und zieht die Forderungen bei Fälligkeit ein. Trägt der Factor auch das Delkredererisiko, also das Risiko des Zahlungsausfalls, so spricht man von echtem Factoring. Vorteil des Factorings für den Kunden ist zum Einen die Finanzierungsfunktion. Er erhält sofort flüssige Mittel, obwohl seine Forderungen erst später fällig werden. Hinzu kommt die Dienstleistungsfunktion (Buchhaltung, Mahnwesen, Inkasso), sowie je nach Ausgestaltung, die Absicherung des Delkredererisikos.

In der Schweiz gilt der Factoringvertrag als gemischter Innominatvertrag, der aus Elementen des Auftrags, des Forderungskaufs, der Zession und des Darlehens besteht. Es sind deshalb die Regeln des besonderen Teils des Obligationenrechts (OR) anwendbar - und subsidiär die des allgemeinen Teils des OR. Abzugrenzen ist das Factoring vom Forfaitgeschäft, bei welchem noch nicht fällige Forderungen aus Warenlieferung oder Dienstleistungen unter Abzug eines Diskonts gekauft werden.

In Deutschland ist die Rechtsnatur des Factoringvertrags umstritten und wird von einigen Lehrmeinungen als Kauf, von anderen als Darlehen eingestuft. Die Rechtsprechung unterscheidet bei der Vertragstypisierung zwischen dem echten und unechten Factoring. Danach nimmt sie beim echten Factoring einen Forderungskauf an, wohingegen beim unechten Factoring, bei welchem der Factoringkunde das Risiko des Forderungsausfalls trägt, die Gutschrift rechtlich als Kreditgeschäft aufzufassen sei.

Spezifische Rechtsprobleme & Unterschiede Factoring CH/D

In der Schweiz ist es streitig, ob die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit des Auftragsrechts gemäss OR 404 Anwendung findet. Nach Meinung der Rechtsprechung soll OR 404 auf alle gemischten Verträge anwendbar sein, für welche «hinsichtlich der zeitlichen Bindung der Parteien die Bestimmungen des Auftragsrechts als sachgereicht erscheinen».

Tendenziell hat das Factoring in Deutschland ein eher negatives Image, da Schuldner, denen die Anzeige der Forderungsabtretung angezeigt wird, davon ausgehen, dass der Lieferant bald zahlungsunfähig wird und in Konkurs fällt. Dies hat damit zu tun, dass Bankinstitute Zessionen meist erst dann offenlegen, wenn die kreditnehmende Firma kurz vor dem Bankrott steht. Beim Factoring ist aber die Anzeige der Forderungsabtretung die Regel und auch gesetzlich verankert, da der Factor im Rahmen der Dienstleistungsfunktion die Forderung direkt beim Schuldner einzieht.

Trends – Leasing & Factoring CH/D

In der Schweiz zeigt sich namentlich beim Autoleasing die Tendenz, dem Kunden am Ende der Vertragslaufzeit eine Kaufoption einzuräumen. Weiter wurde kürzlich eine neue schweizerische Clearingstelle (CLS) für die elektronische Bewirtschaftung der Verfügung «Code 178 – Halterwechsel verboten» errichtet. Diese Verfügung verhindert, dass der Leasingnehmer den Wagen veruntreuen und weiterverkaufen kann. Mit der neuerdings elektronischen Verwaltung des neuen eCodes 178 erhofft man sich mehr Sicherheit, weniger Missbrauchsmöglichkeiten sowie eine schnellere Abwicklung.

Über das Factoring wurden zwar in der Schweiz 2012 Rechnungen im Wert von ca. 3.5 Mrd. CHF abgewickelt. Trotzdem liess der Factoringumsatz im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr wegen der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um 18 Prozent nach.

Auch in Deutschland ist Factoring als Instrument der Betriebsmittelfinanzierung und Risikoabsicherung fest verankert. Insbesondere im Mittelstand mit einem Forderungsankaufsvolumen von über 157 Mrd. Euro in 2012. Die Top fünf der wichtigsten Schwerpunktbranchen im Factoring sind: Handel/Handelsvermittlung, Dienstleistungen, Herstellung von Metallerzeugnissen/Maschinenbau, Ernährungsgewerbe, Metallerzeugung und -verarbeitung. Bemerkenswerte Einbussen gab es im Textil- und Bekleidungsgewerbe sowie bei der Herstellung von Möbeln und Schmuck.

(Bildquelle: © sachinbee/iStockphoto)




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