Das grenzüberschreitende Geschäft in der Vermögensverwaltung ist und bleibt mit rund einem Drittel der Einnahmen ein wichtiger Pfeiler der hiesigen Banken. Der Zugang zum europäischen Binnenmarkt ist ein wesentlicher Faktor innerhalb der Wachstumsstrategie der Schweizer Banken. Hier stehen Drittländer wie die Schweiz vor grossen Herausforderungen. Eine davon ist die Revision der EU-Finanzdienstleistungsrichtlinie «Market in Financial Instruments Directive», kurz MiFID II.
Marktzugang als wichtiger Pfeiler der Wachstumsstrategie
Das Problembewusstsein bezüglich MiFID ist in der Öffentlichkeit und teilweise auch in der Politik erstaunlicherweise gering. Dabei könnte das Regelwerk eine weitere Diskriminierung von Drittländern im EU-Marktzugang bedeuten – und damit auch Banken in der Schweiz betreffen.
Dass MiFID II die Verbesserung des Kundenschutzes beabsichtigt, ist grundsätzlich zu begrüssen. Des Pudels Kern jedoch liegt in der Umsetzung: Neben der Forderung nach einer gleichwertigen Aufsicht und Regulierung schreibt MiFID II vor, dass Finanzinstitute aus einem Drittland zwingend über eine Zweigniederlassung in der EU verfügen müssen und weiter ihre Dienstleistungen an EU-Kunden nur über ebendiese Zweigniederlassung anbieten dürfen. Im Endeffekt bedeutet dies für Banken in der Schweiz, die im grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft tätig sind, eine nochmalige Verschlechterung des Status Quo - da sie ihre Kunden und deren Anlagen künftig nur noch innerhalb der EU betreuen dürfen. Dies hätte nebst dem Abfluss von verwalteten Kundengeldern auch eine bedeutende Verlagerung von Arbeitsplätzen von der Schweiz in die EU zur Folge.
MiFID II können wir nicht aufhalten. Wir können aber versuchen, eine befriedigende Lösung bei der Umsetzung von MiFID II zu finden. Ziel ist, dass die Schweizer Banken in Zukunft in der EU mindestens den gleichen Marktzugang wie heute haben und nicht noch weiter diskriminiert werden. Dass die FINMA mit der europäischen Aufsichtsbehörde ESMA beispielsweise Kooperationsvereinbarungen bezüglich alternativer Investmentfonds ausgehandelt hat, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung - aber noch kein Grund zum Jubeln. Wir müssen für einen mittel- bis langfristigen Marktzugang zum EU-Binnenmarkt eventuell gar ein Dienstleistungsabkommen verhandeln. Dies bedingt jedoch, dass zuerst institutionelle Fragen zwischen der EU und der Schweiz geklärt sein müssen. Die Schweiz profitiert von einem starken Finanzsektor. Deshalb müssen Behörden und Politik Verantwortung gegenüber der Schweiz wahrnehmen und rechtzeitig die richtigen bilateralen Weichen stellen, um den Wohlstand in der Schweiz zu erhalten.
Nicht nur die EU schickt sich an, den Schutz der Anleger zu verbessern. Der Schweizer Gesetzgeber geht mit dem Finanzdienstleistungsgesetz, kurz FIDLEG, in die gleiche Richtung. Die Vernehmlassung zum FIDLEG sollte Ende 2013 oder Anfang 2014 starten. Wichtige Punkte, die im FIDLEG-Projekt enthalten sind:
- Der Kreis der Beaufsichtigten soll vergrössert werden, indem nebst den Banken auch die unabhängigen Vermögensverwalter der FINMA-Aufsicht unterstellt werden.
- Die Banken sollen erweiterte Dokumentationspflichten erfüllen. Sie werden zum Beispiel angehalten, den Kunden in Prospekten die Produkteigenschaften genauer darzulegen und ein genaues Kundenprofil zu erstellen.
- Neben diesen Beratungs- und Dokumentationspflichten sollen Interessenkonflikte sowie Drittvergütungen gegenüber dem Kunden offengelegt werden (darunter fallen auch Retrozessionen).
- Weiter bezweckt FIDLEG eine Harmonisierung mit MiFID II bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit in die Schweiz.
Gegen eine massvolle Vereinheitlichung und Ergänzung des schweizerischen Finanzmarktaufsichtsrechts ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Auch hier ist Verantwortung ein Thema. Die Banken müssen klar ihre Verantwortung wahrnehmen, um dem Anleger die geeignete Information und Beratung zu geben und ihn bei seinem Anlageentscheid zu unterstützen.
Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass von einem mündigen Anleger auszugehen ist, der seine Entscheide selber trifft und die Konsequenzen daraus trägt. Es kann nicht sein, dass die Bank Verantwortung für die Anlageentscheide des Kunden übernehmen muss. Der Schutz des Anlegers kann durch eine massvolle Verbesserung von Information und Transparenz sowie durch die Prüfung von Eignung und Angemessenheit bei konkreten Anlageempfehlungen erreicht werden – soweit dafür überhaupt ein Bedarf ausgewiesen ist. Dieser Ansatz ist nachhaltiger als das Verhängen von rigiden Verboten.
- Aufgrund der noch stets ungelösten Staatsschuldenkrise durchläuft die Eurozone eine Rezession - während die Entwicklung in den USA seit zwei Jahren positiver verläuft. Jüngste Zahlen lassen allerdings hoffen.
- China und Brasilien haben an Dynamik eingebüsst, aber andere Schwellenländer konnten vermehrt Fahrt aufnehmen.
- Die fiskalische und geldpolitische Expansion in Japan zeigte zu Beginn des Jahres 2013 die gewünschte Wirkung und belebte die dortige Konjunktur in hohem Ausmass.
- Getrieben durch die Binnenkonjunktur steht die Schweizer Volkswirtschaft nach wie vor vergleichsweise gut da, wenn auch die Entwicklung in den vergangenen Monaten leicht getrübt wurde.
Stagnierender Geschäftserfolg
Wie bereits im Vorjahr stagniert auch 2012 der aggregierte Geschäftserfolg der Banken in der Schweiz. Trotz steigendem Zinserfolg und dem übrigen Erfolg konnten die Banken den Rückgang der Erträge aus dem Handelsgeschäft nicht kompensieren - wenn auch nur knapp. Dennoch stellt der Erfolg aus Kommissionen und Dienstleistungen mit einem Anteil von rund 40 Prozent weiterhin die wichtigste Erfolgskomponente der Banken in der Schweiz dar.
Steigendes inländisches Kreditvolumen
Die gewährten Kreditlimiten stiegen im Jahr 2012 um 4,7 Prozent auf CHF 1 105 Mrd. - wobei sich die beanspruchten Kredite um 5,7 Prozent erhöhten. Die Kreditlimiten wurden damit nur zu 86,2 Prozent ausgeschöpft. Die inländischen Hypothekarforderungen wuchsen um 5,8 Prozent und waren mit 83,7 Prozent nach wie vor Hauptbestandteil der inländischen Kreditnachfrage.
Insgesamt kann man nach wie vor kaum von einer Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt sprechen. Ene aktuelle Studie der ETH zeigt, dass der Schweizer Eigenheimmarkt schon wieder abkühlt. Zudem wurden verschiedene Massnahmen im Hypothekarbereich eingeführt: die Banken haben mittels Selbstregulierung die Hypothekarkreditvergabe verschärft. Auch wurde der antizyklische Kapitalpuffer gemäss Anordnung der Schweizerischen Nationalbank aktiviert, der die Banken verpflichtet, Hypotheken für Wohnimmobilien mit zusätzlichem Eigenkapital zu unterlegen. Sollte es nun, wie weiterhin zum Teil behauptet wird, seitens der Banken Übertreibungen in der Hypothekarvergabe geben, erinnere ich daran, dass die FINMA die Möglichkeit hat, direkt bei den Banken einzugreifen und Massnahmen anordnen kann.
Bevor also noch weitere Massnahmen im Immobilienmarkt gefordert werden, gilt es jetzt erst einmal, den bereits getroffenen Massnahmen genügend Zeit einzuräumen, damit sie den erwünschten bremsenden Effekt auf die Hypothekarvergabe überhaupt zeitigen können.
Zunahme an verwaltetem Vermögen
Banken in der Schweiz verwalteten per Ende 2012 insgesamt Vermögen in der Höhe von CHF 5 565 Mrd. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Plus von CHF 320 Mrd. Ein Teil dieses Zuwachses ist der Zunahme der Wertschriftenbestände sowie den steigenden Börsenkursen zuzuschreiben. Die ausländischen Vermögen machen dabei unverändert etwas mehr als 50 Prozent der gesamten verwalteten Vermögen aus. Damit wurde keine nennenswerte Verschiebung von ausländischen Kundengeldern in andere Länder festgestellt.
Leichter Personalrückgang
Nach einer leichten Zunahme im Vorjahr von 0,14 Prozent haben die Banken in der Schweiz 2012 ihren Personalbestand abgebaut. Die Anzahl der Beschäftigten im Inland sank um 2,7 Prozent auf 105‘166 Mitarbeitende, wobei die Raiffeisenbanken sowie die Regionalbanken und Sparkassen ihre Beschäftigtenzahlen ausbauen konnten.
Momentan bestehen keine einfachen Rahmenbedingungen, in denen sich die Banken behaupten müssen. Dennoch bleibt der Blick in die Zukunft zuversichtlich. Trotz der Turbulenzen im letzten Jahr hat die Schweizer Finanzbranche weiter daran gearbeitet, sich mit der Strategie der steuerkonformen Kundengelder und der Übernahmen von globalen Standards den neuen Gegebenheiten anzupassen. Wird diese Strategie konsequent, massvoll und verantwortungsbewusst vorangetrieben, können wir weiterhin auf einen soliden und funktionsfähigen Finanzplatz für unsere Wirtschaft und für unsere Kunden zählen.
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