Modellstadt Bottrop - InnovationCity Ruhr
6. Dez 2013, Standort | Interview

Modellstadt Bottrop: InnovationCity Ruhr

Die InnovationCity Ruhr wurde mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2013 ausgezeichnet – und ist auf dem Weg zum Vorbild für industriell geprägte Metropolen weltweit. Ziel des Projekts ist ein klimagerechter Stadtumbau bei gleichzeitiger Stärkung des Industriestandorts Bottrop. Erstmals wird ein industriell geprägtes Stadtquartier umfassend energetisch saniert. Daniel Heuer, Handelskammer Deutschland Schweiz, im Gespräch mit Bernd Tischler, Oberbürgermeister der Modellstadt Bottrop.

HEUER: InnovationCity Ruhr/Modellstadt Bottrop ist seit 2010 unterwegs. Bis zum Ziel 2020 bleiben noch ein paar Jahre. Wo stehen Sie heute und wie sind Sie unterwegs?

TISCHLER: In den drei Jahren, in denen das Projekt InnovationCity Ruhr bereits läuft, haben wir viel erreicht. Wir arbeiten gemeinsam an der Umsetzung von rund 125 Einzelprojekten zum klimagerechten Stadtumbau. Viele dieser Projekte konnten bereits erfolgreich abgeschlossen werden.

Von insgesamt rund 10.000 privaten Hauseigentümern im Projektgebiet haben wir mehr als 1.200 Eigentümer mit einer kostenlosen und umfassenden Energieberatung unterstützen und aktivieren können. Mehr als 50% von diesen haben inzwischen grössere Massnahmen zur Sanierung Ihrer Gebäude in Angriff genommen bzw. abgeschlossen. Die Sanierungsquote in Bottrop wurde  damit deutlich gesteigert. Dies gilt es nun zu verstetigen.

Ein besonders wichtiger Schritt steht in den kommenden Monaten an: Ein Planer-Konsortium um das renommierte Büro AS&P (Albert Speer & Partner) erstellt aktuell einen Masterplan «Klimagerechter Stadtumbau» in der Innovation City Ruhr. Aufbauend auf einer detaillierten Potenzialanalyse werden darin zahlreiche neue Projektideen dargestellt und ein Umsetzungsfahrplan für die kommenden Jahre entwickelt.

HEUERWas ist bislang Ihre wichtigste Erkenntnis?

TISCHLER: Von grosser Bedeutung ist, dass alle Massnahmen und Planungen gebündelt und koordiniert werden. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure, die in dieser Form bisher nicht zusammengearbeitet haben. Um einen nachhaltigen Erfolg zu ermöglichen, müssen sich diese in das Gesamtprojekt einbringen bzw. berücksichtigt werden. Das Spektrum reicht von Stadtverwaltung und Politik, über Immobilieneigentümer und Handwerker, hin zu Unternehmen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen. Um Synergieeffekte zu nutzen, müssen alle gemeinschaftlich an einem Strang ziehen.

Die wichtigsten Akteure sind aber die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bottrop, ohne deren Engagement – sei es als Immobilieneigentümer, als Mieter oder als Verkehrsteilnehmer – wird unser Zukunftsbild einer klimagerechten und lebenswerten Stadt niemals Wirklichkeit werden.

HEUERSind daraus Anpassungen erfolgt? Wenn ja, in welche Richtung?

TISCHLER: Zusammen mit der Innovation City Management GmbH, die das Projekt steuert, wurde relativ schnell ein Instrument geschaffen, mit dem diese Problematik behoben werden konnte. Bei einem wöchentlichen Projekttisch kommen Vertreter aller beteiligten Institutionen zusammen und diskutieren aktuelle Projektstände und -fortschritte. So können mögliche Probleme schnell erkannt und vor allem auch schnell gelöst werden. Zudem wird so sichergestellt, dass alle Akteure auf dem gleichen Stand sind.

HEUERDie Handlungsfelder von InnovationCity Ruhr – Wohnen, Arbeiten, Energie, Mobilität und Stadt – betreffen die einzelnen Bürgerinnen und Bürger in ihrer ganz privaten Lebensweise, in ihren konkreten Wahl- und Entscheidungsmöglichkeiten. Wie gehen Sie damit um?

TISCHLER: Eines der Leitziele der InnovationCity Ruhr ist die Steigerung der Lebensqualität. Es ist daher kein Nebeneffekt, sondern unser Wunsch, dass das tägliche Leben der BottroperInnen positiv beeinflusst wird. Dies geschieht nicht über die Köpfe der Bevölkerung hinweg – im Gegenteil: Bei der Erstellung des Masterplans haben wir in den verschiedenen Stadtquartieren Bürgerwerkstätten und Planungsspaziergänge durchgeführt, bei denen die Bürgerinnen und Bürger die aktuellen Planungen mit den Masterplan-Büros diskutieren und ihre Ideen und Visionen einbringen konnten. Diese frühzeitige und umfassende Einbindung der Bürgerschaft ist erfolgsentscheidend. Nur so kann der Rückhalt für das Projekt in der Bevölkerung generiert und erhalten werden.

Dieses Vorgehen werden wir fortführen, wenn es an die Umsetzung der zahlreichen Einzelprojekte des Masterplans geht. Zu diesem Zweck werden wir in Kürze mehrere Quartiersmanager einsetzen, die als «Kümmerer» vor Ort die Brücke zwischen Bürgerschaft und InnovationCity Ruhr bilden.

HEUERDie Wechselwirkung zwischen den «Machern» der IC Ruhr und den Bürgern, die sie erleben werden, dürfte nicht konfliktfrei verlaufen. Welche Mechanismen kommen zum Tragen und mit welchem Erfolg?

TISCHLER: Es ist völlig natürlich, dass bei derartigen Planungen Reibungspunkte entstehen. Hier gilt es kritische Stimmen einzubinden und Kompromisse zu finden. Wir wollen möglichst für alle eine Gewinn-Situation schaffen. Ein Instrument dazu waren die bereits angesprochenen Bürgerwerkstätten, bei denen wir über 300 Ideen von BürgerInnen sammeln konnten. Bei den Einzelprojekten werden wir dieses Vorgehen fortführen. Schon heute stehen die Projektmanager der Stadt Bottrop und der Innovation City Management GmbH immer in Kontakt mit den unmittelbar betroffenen Bürgern. So können Einwände schnell gehört und bearbeitet werden. Darüber hinaus können sich Bürger mit ihrem Anliegen auch immer an die Info-Hotline und das Zentrum für Information und Beratung der InnovationCity Ruhr wenden.

HEUER: Ihr persönliches Lieblingsprojekt?

TISCHLER: Ein einzelnes Projekt als Lieblingsprojekt auszuwählen, ist nicht einfach - da nahezu jedes Einzelprojekt auf seine Weise innovativ und interessant ist. Die Aktivierung der Bürger und Betriebe vor Ort für die Ziele und Ideen der InnovationCity Ruhr in Bottrop ist mir ein besonderes Anliegen. Alle Projekte und Massnahmen, die dazu beitragen, technische Innovationen in der Fläche zum Einsatz zu bringen, geniessen meine besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Die starke Sanierungstätigkeit derjenigen Hauseigentürmer, die wir beratend unterstützen konnten, zeigt mir, dass wir auf einem guten Weg sind.

Interview: Daniel Heuer, Handelskammer Deutschland-Schweiz.

(Bildquelle: Pressestelle Stadt Bottrop)




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