MWST-und-Zoll-Symphonie-in-C-Dur
19. Sep 2013, Recht & Steuern | MWST und Zoll

Eine Symphonie in C-Dur

Werden Waren über die Grenze geliefert, braucht es ein koordiniertes Zusammenspiel aller Beteiligten, um die Harmonie aufrecht zu halten. Wie in einem Orchester. Der Komponist? Zoll- und MWST-Recht. 

Bei grenzüberschreitenden Warenlieferungen wirft das Zoll- und MWST-Recht Fragen auf: Welche Behörde ist zuständig? Wie sehen Art und Umfang der Deklaration aus? Wer ist gesellschafts-intern verantwortlich, und wie gestalten sich die Schnittstellen? Tatsache ist: Es braucht ein koordiniertes Zusammenspiel aller Beteiligten – wie in einem Orchester. Doch wieviel Harmonie ist zwischen den involvierten Akteuren und Parteien bei der Wareneinfuhr und -ausfuhr nötig?

Die verschiedenen "Stimmen" der Wareneinfuhr

Überwachen und Einziehen der indirekten Steuern und Abgaben unterstehen der Eidgenössischen Zollverwaltung. Fragen und Unklarheiten zur Einfuhrsteuer - also der MWST auf der Einfuhr - sind an die Sektion MWST der Zollverwaltung zur richten. Für die Rückerstattung der bezahlten Einfuhrsteuer über den Vorsteuerabzug hingegen ist bis auf wenige Ausnahmen die Eidgenössische Steuerverwaltung zuständig – ebenso für die Inlandsteuer. Es ist daher möglich, dass die Einfuhrsteuer und die Inlandsteuer im Zusammenhang mit derselben Lieferung mehrwertsteuerlich unterschiedlich behandelt werden.

Verschiedene Zuständigkeiten zeigen sich oft auch bei den importierenden Gesellschaften selbst. So werden sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Wareneinfuhren und Zollangelegenheiten von der Logistikabteilung ausgeführt, während die Rückforderung der bezahlten Einfuhrsteuer in der Verantwortung der Finanzabteilung liegt. Das heisst: Eine enge Zusammenarbeit, klar definierte Verantwortlichkeiten und die interne Kommunikation sind zentrale Erfolgsfaktoren.

Die fünf Grundsatzregelungen

Damit ein "Einfuhr-Orchester" harmonisch klingt, muss ein Unternehmen fünf Grundsatzfragen klären und die Auswirkungen seiner Entscheidungen kennen - zusammengefasst:

  1. Parteistellung: Der Warenversender (im Ausland), der Importeur und der Warenempfänger im Zollinland sind bei einer Wareneinfuhr die direkt beteiligten Parteien. 
  2. Zollverfahren: Der Importeur kann unter fünf Zollverfahren wählen.In der Regel gilt: Wer ein anderes Verfahren als "die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr" wählt, muss unbedingt weitere Abklärungen und Vorkehrungen treffen. 
  3. Qualifikation der Waren: Sämtliche Waren erhalten bei der Einfuhr eine Doppelbezeichnung. Die effektive Warenbezeichnung aus mehrwertsteuerlicher Sicht und eine Zolltarifnummer aus Zollsicht
  4. Bemessungsgrundlage: Im Schweizer Zollrecht werden spezifische Zölle erhoben. Massgebend sind: Gewicht, Stück, Meter und Liter.
  5. Zolldeklaration: Das Zauberwort heisst hier «e-dec», also elektronische Deklaration. Ab dem 1. Januar 2013 sind Zollanmeldungen mit dem Formular 11.010 für eine definitive Wareneinfuhr nicht mehr zulässig.

Nachdem ein Unternehmen die oben erwähnten Punkte geklärt hat, muss es die Verantwortlichkeiten und Schnittstellen festlegen. Dies wiederum dient ihm als Basis zum Planen und Optimieren der Lieferstruktur.

Einklang bei der Warenausfuhr

Für die Warenausfuhr gibt es weitaus weniger Regelungen als für die Einfuhr: Bei der MWST muss der Versender in einer angemessenen Form nachweisen können, dass die Waren das Zollinland verlassen haben. Eine korrekte Anmeldung beim Zoll ist nötig, sonst könnte die Lieferung blockiert werden. Dies betrifft jedoch ausschliesslich die Schweizer Seite. Damit gilt es Regelungen des Empfangslands bei jeder Ausfuhr zu prüfen und die Dokumente, Warenbezeichnungen usw. entsprechend anzupassen.

Die vier Schlüsselthemen für die Warenbezeichnung

In erster Linie gilt es die Parteien genau festzulegen. Versender und Empfänger müssen bei der Warenausfuhr grundsätzlich angegeben werden. Der Versender – auch Ausführer oder Exporteur genannt – bewirkt damit die Befreiung von der MWST. Sind mehrere Lieferanten an einer Ausfuhr beteiligt, ein sogenanntes Reihengeschäft, müssen die weiteren Parteien als Nachweis nur eine Kopie der Veranlagungsverfügung vorliegen haben. 

Das zweite Schlüsselthema befasst sich mit dem Zollverfahren. Bei der Warenausfuhr werden drei Verfahren unterschieden:

  1. Ausfuhrverfahren: definitives Verbringen von Waren in das Zollausland
  2. Vorübergehende Verwendung: die Waren werden nach einer bestimmten Zeit wieder in die Schweiz verbracht
  3. Verfahren der passiven Veredelung: nach einer erfolgten Bearbeitung im Ausland werden die Waren wieder in das Zollinland verbracht

Werden Waren nicht mittels Ausfuhrverfahren (I.) exportiert, muss der Versender abklären, welche anderen Zollverfahren er anwenden soll. Diese sind mit diversen Bewilligungen und Bedingungen verbunden. 

Gerade im Bereich des Ursprungsrechts nutzen viele Gesellschaften die Vereinfachung über den Status des "ermächtigten Ausführers": Die Inhaber einer solchen Bewilligung dürfen Ursprungsnachweise mit einer Erklärung auf der Rechnung ausstellen und können auf EUR.1 oder EUR-MED verzichten. Seit dem 1. Juli 2012 gilt in diesem Bereich die "Verordnung über das Ausstellen von Ursprungsnachweisen". Diese sind mit diversen Pflichten verbunden - unter anderem die Meldung einer verantwortlichen Person mit vertieften Ursprungskenntnissen, die aktive Mitwirkung bei einer Kontrolle der Zollverwaltung und die aktive Kommunikation mit der Zollverwaltung. Die betroffenen Gesellschaften tun gut daran, ihre Organisation anzupassen, qualifiziertes Personal zu benennen, ihre Lieferstruktur (vom Einkauf über die Produktion bis zum Verkauf) zu analysieren und Nachweise korrekt zu erbringen. 

Der letzte Punkt befasst sich mit den Individuellen Regelungen im Empfangsland. Eine ausführende Gesellschaft sollte diese Regelungen prüfen und ihre Lieferstruktur oder die Dokumente entsprechend anpassen. Hierbei sind die folgenden Punkten wichtig:

  1. Wertangabe in den Zolldokumenten
  2. Detaillierte Beschreibung der Waren 
  3. Angewendete Incoterms - DDP kann zu einer MWST-Registrierung führen
  4. Notwendigkeit einer Handelsrechnung für die Verzollung
  5.  Ursprungsangaben in den Dokumenten
  6. Liefer- und Rechnungsdatum

Mit diesen Eckwerten kann der Exporteur seinem ausländischen Kunden die Verzollung bei der Wareneinfuhr erleichtern. Werden die Waren jedoch in das eigene Auslieferungslager im Ausland verbracht, so ist vor allem der Zollwert korrekt festzulegen.
Damit gilt das Hauptaugenmerk der Warenausfuhr der korrekten Dokumentation und dem Ursprungsrecht. Um den richtigen Ursprung zu ermitteln, müssen Einkauf, Produktion, Verkauf und Finanzabteilung koordiniert zusammenwirken.

Ein harmonisches Miteinander

Ein Orchester kann erst dann erfolgreich spielen, wenn jeder einzelne Musiker sein Instrument beherrscht und mit den anderen eine Einheit bildet. Dasselbe kommt insbesondere bei grenzüberschreitend tätigen Gesellschaften zum Tragen: Jeder Verantwortliche muss sein Fachgebiet kennen und mit anderen Fachleuten und Abteilungen zusammenarbeiten. Nur so können sie als harmonisches Ganzes agieren und auftreten.

(Bildquelle: © gilleslougassi/iStockphoto)




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