Alle wollen ans Gymnasium – Erfolgsmodell Berufslehre unter Druck
In der Schweiz und in Deutschland steigen die Maturaquoten an. Es gibt Politiker, welche für die Schweiz (aktuell 20 Prozent) oder Deutschland (40 Prozent) explizit eine Maturaquote wie in Frankreich oder Italien fordern – wo über 80 Prozent der Auszubildenden diesen Weg wählen. Dies würde eine drastische Senkung des Niveaus der Matura bedeuten. Schon jetzt beklagen sich die Hochschulen, dass die Mittelschulen die erforderlichen wissenschaftlichen Basiskompetenzen nicht vermitteln.
Volkswirtschaftlich relevanter ist die damit einhergehende faktische Abschaffung der qualitativ hochstehenden Berufslehre. Heute schon haben viele Betriebe Mühe, geeignete Lehrlinge zu finden. Während in den USA Bestrebungen im Gang sind, das duale Berufsbildungssystem einzuführen, wird es bei uns schleichend abgeschafft.
Schwierigkeiten bei der Rekrutierung des mittleren Kaders
Traditionell geschieht die Rekrutierung und Ausbildung des mittleren Kaders über die praxisorientierte Schiene Lehre – Höhere Berufsbildung. Mittelfristig werden die Unternehmen neue Wege finden müssen, um den mit unserer Arbeitsweise vertrauten Nachwuchs mit Entwicklungspotential zu beschaffen.
Der klassische Lehrabgänger mit Höherer Berufsbildung wird immer seltener. Es wird wohl auf Praktika für «Bachelors» hinauslaufen, auch in praxisnahen Tätigkeitsfeldern.
Die PWA als Lösungsmöglichkeit
In der Deutschschweiz gibt es seit 1982 ein Programm, welches für die Firmen einen Ausweg bietet: die Postmaturitäre Wirtschaftsausbildung (PWA). Die PWA ist ein Angebot der Kaderschule Zürich und ihrer Partnerfirmen. Das zweijährige Programm besteht aus einem Schul- und einem Praktikumsteil. Es richtet sich an MaturandInnen, die nicht studieren möchten. Mit diesem Programm wird die breite Ausbildung im Gymnasium für die Unternehmen nutzbar gemacht. Die PWA ist eine Brücke von der schulischen in die praktische Berufswelt. Fast 75 Prozent der PWA-PraktikantInnen werden nach dem Praktikum fest angestellt. Die PWA ist damit ein wichtiges Instrument in der Personalrekrutierung für motivierte Nachwuchskräfte in der Nische zwischen Lehr- und Hochschulabgängern.
Im Schulteil wird den PraktikantInnen alles beigebracht, was sie für eine qualifizierte Arbeit in der Praxis brauchen. Nach dem Schulteil beginnen die 18-monatigen Praktika, in welchen die Unternehmen die Leute Vollzeit zur Verfügung haben.
Die Gestaltung des Praktikums und die Festlegung der Ausbildungsziele sind Gegenstand der individuellen Absprache zwischen PraktikantIn und Partnerfirma. Der bürokratische Aufwand hält sich für die Partnerfirmen in engen Grenzen: Es muss einen Feedbackmechanismus geben, damit gewährleistet ist, dass die abgemachten Ziele auch erreicht werden. Dies geschieht idealerweise mit dem normalen Qualifikationssystem des Unternehmens. Selbstverständlich brauchen die PraktikantInnen vor allem am Anfang eine Betreuungsperson. Die Intensität der Betreuung unterscheidet sich aber nicht von der Einarbeitungsphase bei einem normalen Arbeitsverhältnis. Am Schluss des Praktikums erstellt die Partnerfirma ein Arbeitszeugnis. Dieses ist Bestandteil des Diploms.
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