Mit Urteil vom 8.10.2013 (K 2176/11, EFG 2014, S. 288) bestätigt das Finanzgericht Hessen die (verfassungs)rechtlichen Bedenken gegen die Konsulatationsvereinbarungsverordnung. Weshalb aktuell zweifelhaft ist, ob unter anderem die folgenden Regelungen in der KonsVVO rechtlich bindend sein können. Der Rechtsweg sollte geprüft werden.
Praxisempfehlungen zur Verständigungsvereinbarung
Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVVO werden leitende Angestellte mit ihren gesamten Arbeitseinkünften im Sitzstaat ihres Arbeitgebers besteuert. Im Ansässigkeitsstaat greift die Freistellungsmethode (Art. 15 Abs. 4 i.V.m. Art. 24 DBA D-CH).
Vom Abgrenzungsproblem zur Konsultationsvereinbarung
Die Funktion des leitenden Angestellten führt in der Praxis immer wieder zu Abgrenzungsproblemen. Insbesondere bei Angestellten, deren Funktion nicht im Handelsregister eingetragen war, kam es zu steuerlichen Zweifels- und Streitfällen. Daher trafen am 30.9.2008 die zuständigen Behörden der Schweiz und Deutschlands nach Art. 26 Abs. 3 DBA D-CH eine Konsultationsvereinbarung:
Seit 1.1.2009 wird neu die Regelung für leitende Angestellte i.S.d. Art. 15 Abs. 4 DBA D-CH nur noch auf Personen angewandt, deren Prokura oder Funktion im Handelsregister eingetragen ist.
Durch die Eintragungspflicht der Prokura – oder einer weitergehenden Verfügungsmacht – wurde Art. 15 Abs. 4 DBA D-CH steuerverschärfend und damit belastend geändert. Allerdings ist weder die deutsche Konsultationsvereinbarungsverordnung noch die Konsultationsvereinbarung vom 30.9.2008 in ihrer Gestalt als Rechtsverordnung geeignet, den Abkommenstext des Art. 15 Abs. 4 DBA D-CH zum Nachteil der betroffenen Steuerpflichtigen zu ändern – oder dessen Geltung einzuschränken.
Eine solche inhaltliche Änderung beziehungsweise Einschränkung des DBA nimmt die Konsultationsvereinbarung jedoch nach Art. 15 Abs. 4 DBA D-CH vor – in Bezug auf die Definition des leitenden Angestellten. In Abkehr von der früheren Verwaltungsauffassung und insbesondere vom bisherigen Normverständnis wird nun zwingend eine Eintragung der Stellung in das jeweilige Handelsregister gefordert. Eine solche Eingrenzung sieht aber weder Art. 15 Abs. 4 noch Art. 24 DBA D-CH vor.
Bei Abfindungen handelt es sich nicht um ein zusätzliches Entgelt für eine frühere Tätigkeit im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA – unbeschadet dessen, dass sie nach dem innerstaatlichen Recht Arbeitslohn (§ 19 EStG) sind. Sie werden nicht für eine konkrete im In- oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern gerade für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Besteuerungsrecht für Abfindungszahlungen
Nach Auffassung der Finanzverwaltungen der beiden Länder bestimmt sich das Besteuerungsrecht für Abfindungszahlungen aus dem Charakter der Zahlung selbst: Ist einer Abfindung Versorgungscharakter beizumessen, steht das Besteuerungsrecht dem Wohnsitzstaat beziehungsweise Ansässigkeitsstaat zu (Art. 18 DBA D-CH). Dagegen habe der (frühere) Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht – insofern es sich bei der Abfindung um Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt. Dieser hat auch dann das Besteuerungsrecht, wenn die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird.
Werden die Abfindungszahlungen nicht im ehemaligen Tätigkeitsstaat besteuert, können diese im Sinne einer Subject to Tax Klausel im Wohnsitzstaat besteuert werden. Der BFH widersprach mehrfach dieser Rechtsauffassung der Vertragsstaaten in seiner ständigen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 24.7.2013 I R 8/13; BFH-Beschluss vom 18.6.2008).
Ein blosser Anlasszusammenhang zwischen Zahlung und Tätigkeit genügt nach dem Abkommenswortlaut («dafür») nicht. Im Grunde liegt schon damit keine Vergütung für eine (aktive) Tätigkeit vor, sondern für ein Nichttätigwerden. Somit kann nur Art. 21 DBA D-CH greifen. Daran ändert auch die Konsultationsvereinbarungsverordnung nichts.
Die Verordnung steht – in Bezug auf Ihre Bestimmungen betreffend Abfindungszahlungen (§ 24 KonsVerCHEV) – im Widerspruch zum Wortlaut des DBA D-CH und ist daher unwirksam (beim BFH unter Az. I R 79/13 anhängig). Anderes kann beispielsweise dann gelten, wenn hierdurch Bonus- oder auch Ferienansprüche für die bisherige Tätigkeit abgegolten werden soll.
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