1. Internationale Entwickungen
1.1. Hintergrund
Im November 2012 erteilte die G20 der OECD den Auftrag zur Ausarbeitung von Massnahmen gegen die Aushöhlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung (englisch Base Erosion and Profit Shifting; BEPS). Das Hauptziel des BEPS-Projekts ist die Besteuerung von Gewinnen an demjenigen Ort, an welchem diese wirtschaftlich erzielt werden. Dies vor dem Hintergrund der drei Kernprinzipien Substanz, Kohärenz und Transparenz. Die dreizehn Abschlussberichte des BEPS-Projekts wurden am 5. Oktober 2015 veröffentlicht. Diese enthalten Mindeststandards, Empfehlungen und Best Practices zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und -verlagerung.
Der Abschlussbericht zu Massnahme 13 thematisiert inhaltlich die Verrechnungspreisdokumentation sowie die sogenannte länderbezogene Berichterstattung (engl. Country-by-Country Reporting, CbCR). Der Bericht ist in Bezug auf das CbCR als Mindeststandard ausgestaltet.
1.2. Aktueller Stand
Die an BEPS teilnehmenden Staaten sind respektive waren mit Hochdruck daran, die sich aus dem BEPS-Projekt ergebenden Änderungen in lokales Recht umzusetzen. Ob dies insgesamt zu den erwarteten einheitlichen Rahmenbedingungen (sogenanntes level playing field) führen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wurden grossflächig Dokumentationsvorschriften überarbeitet sowie CbCR-Vorschriften implementiert.
2. OECD-Verrechnungspreisdokumentation
2.1. Einleitung
Der Abschlussbericht zu BEPS-Massnahme 13 beinhaltet einen überarbeiteten Standard für Verrechnungspreisdokumentationen. Dafür wurde das Kapitel V der OECD Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerbehörden (OECD-Richtlinien) komplett neu gestaltet. Die überarbeitete Version der OECD-Richtlinien wurde am 10. Juli 2017 publiziert. Neu ist ein dreistufiger Dokumentations-Ansatz vorgesehen. Dieser besteht aus einem Masterfile, einem Local File und der länderbezogenen Berichterstattung.
Es ist festzuhalten, dass die Kombination von Masterfile und Local File ein im EU-Raum bereits etabliertes Konzept (EU TPD6) darstellt. Neu hingegen ist das CbCR. Nachfolgend werden die drei Teile der OECD-Verrechnungspreisdokumentation erläutert:
2.2. Masterfile
Das Masterfile soll diejenigen Informationen enthalten, welche für alle Gesellschaften eines multinationalen Unternehmens relevant sind. Es handelt sich um vergleichsweise standardisierte Informationen. Diese ermöglichen einen Überblick über die Geschäftstätigkeit und die Grundsätze der Verrechnungspreisbestimmung innerhalb eines multinationalen Unternehmens – ohne auf einzelne Transaktionen einzugehen (sogenannter blueprint). Gemäss Anhang I des überarbeiteten Kapitels V der OECD-Richtlinien enthält ein Masterfile insbesondere die folgenden Informationen:
- Übersicht Organisationsstruktur
- Beschreibung der Geschäftstätigkeit
- Dokumentation der immateriellen Werte
- Dokumentation der Konzernfinanzierung
- Dokumentation der Finanz- und Steuersituation (inkl. Konzernrechnung und Informationen zu vorhandenen Steuerrulings)
Da im Hinblick auf das Masterfile eine Empfehlung und kein Mindeststandard vorliegt, ist die Umsetzung von lokaler Gesetzgebung abhängig. Verschiedene Staaten haben die Pflicht zur Erstellung eines Masterfiles bereits zum 1. Januar 2016 respektive 2017 in Kraft gesetzt. Die Verpflichtung besteht indessen vielerorts nur bei Überschreiten einer bestimmten Umsatzgrösse.
2.3. Local File
Das Local File ist eine Ergänzung zum Masterfile, in welchem die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes für einzelne (wesentliche) Transaktionen in einem Staat dargelegt wird. Anhang II des überarbeiteten Kapitels V der OECD-Richtlinien enthält eine Auflistung der Informationen, welche ein Local File umfassen soll:
- Beschreibung der lokalen Gesellschaft bezüglich Management, Organisation und Geschäftstätigkeit
- Informationen zu den kontrollierten Transaktionen (Beschreibung und Umfang der kontrollierten Transaktionen, konzerninterne Verträge, Funktions- und Risikoanalyse, Auswahl der Verrechnungspreismethode, Verrechnungspreisanalyse, Steuerrulings)
- Finanzinformationen (lokale Jahresabschlüsse, Überleitungsrechnungen betreffend kontrollierte Transaktionen sowie Aufstellungen über die verwendeten Vergleichswerte
Wie beim Masterfile ist die Umsetzung von lokaler Gesetzgebung abhängig. Gewisse Staaten haben die Verpflichtung zur Erstellung eines Local Files bereits zum 1. Januar 2016 respektive 2017 in Kraft gesetzt. Wiederum kann die Verpflichtung in bestimmten Staaten auch nur dann bestehen, wenn ein Mindestumsatz überschritten wird.
2.4. Länderbezogener Bericht (CbCR)
Der länderbezogene Bericht enthält neben Angaben zu den wichtigsten wirtschaftlichen Tätigkeiten eines Unternehmens Informationen über die weltweite Verteilung von Umsätzen, Gewinnen, entrichteten Steuern sowie weitere Kennzahlen. Das CbCR soll den Steuerverwaltungen vom Grundsatz her ermöglichen, Verrechnungspreisrisiken zu identifizieren (und nicht etwa Aussagen über die Angemessenheit von Verrechnungspreisen zu treffen). Die länderbezogene Berichterstattung wird in tabellarischer Form aufbereitet.
Zur Erstellung eines CbCR sind Unternehmen mit einem jährlichen konsolidierten Umsatz von über EUR 750 Mio. verpflichtet. Aufzubereiten ist die Berichterstattung von der Konzernobergesellschaft. Die Verpflichtung zum CbCR besteht ab dem 1. Januar 2016 (lokale Umsetzung vorausgesetzt).
Der länderbezogene Bericht wird jährlich automatisch an die Steuerbehörden der Staaten übermittelt, in denen ein multinationales Unternehmen über Geschäftseinheiten verfügt. Dies unter der Voraussetzung, dass eine staatsvertragliche Grundlage für den Austausch besteht. Die Daten richten sich ausschliesslich an die Steuerbehörden und werden nicht veröffentlicht.