Handelskammerjournal-Fallstricke-M-A-Transaktionen-Teil-2
16. Sep 2014, Recht & Steuern | M&A–Transaktionen

Rechtliche und steuerliche Fallstricke – TEIL 2

Welche Risiken grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Deutschland und der Schweiz ausserdem gefährden, das zeigt der zweite Teil der Artikelreihe «Rechtliche und steuerliche Fallstricke bei M&A-Transaktionen».

>> zum ersten Teil der zweiteiligen Artikelreihe: Rechtliche und steuerliche Fallstricke bei M&A–Transaktionen – TEIL 1

III. Geschäftsleitung entscheidet mit

Vielfach wird die Rolle des Managements in der M&A-Transaktion unterschätzt. Obwohl das Management rein formalrechtlich nicht Partei des Kaufvertrags ist, hat es einen entscheidenden Einfluss auf den erfolgreichen Ausgang der Transaktion. Um es auf den Punkt zu bringen: Das Management bestimmt, wer der Käufer wird.

Das Management ist grundsätzlich dafür verantwortlich, wie die Zielgesellschaft im Due Diligence-Prozess gegenüber den interessierten Käufern dargestellt wird. So hat das Management viele Möglichkeiten, passiven Widerstand zu leisten. Während der Management-Interviews kann beispielsweise eine falsche Andeutung verheerende Auswirkungen auf den Eindruck des Käufers haben. Schliesslich kann schon allein die Drohung eines Schlüsselkadermitarbeiters, das Unternehmen zu verlassen, den Verkaufsprozess erhebliche verunsichern. Je näher der Tag des Transaktionsabschlusses rückt, desto mehr verschiebt sich die Interessenlage des Managements – weg von den bisherigen Unternehmenseignern hin zum Käufer. Es stellt sich regelmässig das Phänomen ein, dass das Management schon vor dem eigentlichen Kontrollwechsel die Seiten wechselt und nicht mehr die Interessen des Verkäufers vertritt. Das ist insofern gefährlich, als dass es in dieser Phase meist um die Schlussverhandlung bezüglich der abzugebenden Gewährleistungen durch den Verkäufer geht.

Der Verkäufer ist daher gut beraten, vor Beginn des Verkaufsprozesses ein klares gemeinsames Verständnis mit dem Management zu definieren. In vielen Fällen wird eine verbindliche Vereinbarung in Form von sogenannten Retention Agreements oder Exit Incentive Agreements geschlossen. Diese regelt dessen Pflichten und Aufgaben während des Verkaufsprozesses, sieht eine Mindestbeschäftigungsdauer des Managements für die Zeit nach dem Kontrollwechsel vor beinhaltet eine spezielle Bonuszahlung zugunsten des Managements.

Bei entsprechender Prädisposition sollte der Verkäufer dem Management vorher die Möglichkeit einräumen, ein Angebot für ein Management Buy-out zu unterbreiten. Das vermeidet unliebsame Überraschungen während des Auktionsprozesses, denn ein Management Buy-out Angebot während des Prozesses kann zu einem sofortigen Stopp der M&A-Auktion führen.

IV. Reorganisationshaftung

Im Rahmen von Reorganisationen, wie Fusionen oder Spaltungen, kennt das Schweizerische Recht gesetzliche Schutzbestimmungen – einerseits zugunsten der Gläubiger im Allgemeinen und anderseits zugunsten der Arbeitnehmer im Besonderen.

Grundsätzlich sind bei grenzüberschreitenden Transaktionen die zwingenden Gesetzesnormen aller beteiligten Jurisdiktionen zu beachten. Das führt regelmässig zu erhöhten Anforderungen bei internationalen Reorganisationen, weil bei kumulativer Rechtsanwendung die jeweils strengere Norm von den Parteien einzuhalten ist.

Gemäss Schweizerischem Fusionsgesetz gehören zum Schutzinstrumentarium für Gläubiger:

  • der Sicherstellungsanspruch
  • die Weitergeltung einer allfälligen bisherigen persönlichen Haftung von Gesellschaftern
  • die Solidarhaftung (das heisst die gesamtschuldnerische Haftung) der an der Transaktion beteiligten Gesellschaften

Unter gewissen Umständen steht den Gläubigern auch die Verantwortlichkeitsklage gegen die Organe der involvierten Gesellschaften zur Verfügung. Insbesondere die gesetzliche Solidarhaftung zwischen den an der Reorganisation beteiligten Rechtsträgern wird in der Praxis oftmals als schweres Handicap wahrgenommen, sodass Vermögensübertragungen oder Spaltungen in aller Regel ausserhalb des Schweizerischen Fusionsgesetzes in Form von Einzelrechtsabtretungen (Zessionen) abgewickelt werden. Diese ziehen keine solidarische Haftung nach sich.

Zum Schutz der Arbeitnehmer erklärt das Schweizerische Fusionsgesetz den Artikel 333 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) bei der Fusion, Spaltung und Vermögensübertragung für anwendbar. Damit gehen zusammen mit einem Betrieb oder Betriebsteil auch die verbundenen Arbeitsverhältnisse automatisch vom übertragenden auf den übernehmenden Rechtsträger über. Auch ausserhalb des Fusionsgesetzes findet der Artikel 333 OR Anwendung, zum Beispiel bei Einzelrechtsabtretungen (Zessionen). Den Arbeitnehmern steht ein Ablehnungsrecht in Bezug auf den automatischen Übergang zu; den involvierten Arbeitgebern demgegenüber nicht. Zudem werden den betreffenden Arbeitgebern entsprechende Informations- und Konsultationspflichten auferlegt, deren Formalitäten von den Unternehmen strikte einzuhalten sind.

V. Mitarbeiterbeteiligung

Für die Gleichschaltung des Managements mit den Interessen des Verkäufers respektive Käufers werden sehr oft Mitarbeiterbeteiligungsprogramme aufgelegt. Damit diese nicht zu einem Fallstrick für die betroffenen Mitarbeiter werden, müssen vor der Implementierung solcher Beteiligungspläne die einhergehenden steuerlichen Konsequenzen zwingend abgeklärt werden.

Insbesondere unter dem Schweizer Besteuerungsregime, welches bei Aktienzuteilungen eine Besteuerung beim Erwerb und dabei als Besteuerungsbasis die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem Erwerbspreis vorsieht, kann dies zu ungewollten und für den Mitarbeiter nicht tragbaren Steuerfolgen führen.

VI. Compliance

Ein nicht zu unterschätzender Fallstrick bei Transaktionen ist die Einhaltung von Deklarationspflichten und Sperrfristen. Eine Nichteinhaltung kann zu nicht gewährten Meldeverfahren führen und/oder in grossen Verzugszinsforderungen resultieren. So ist zum Beispiel bei der Schweizer Verrechnungssteuer bei Verpassen der Frist ein Verzugszins von fünf Prozent geschuldet. Je nach Transaktionsvolumen kann ein beträchtlicher Betrag resultieren.

Beispiel: Dividendenausschüttung von CHF 1 Million, Verrechnungssteuer: CHF 350.000, Verzugszins CHF 17.500.

(Bildquelle: © xjben/iStockphoto)




Schliessen Button
Immer erstklassig informiert

Melden Sie sich für den Newsletter der Handelskammer Deutschland-Schweiz an.