Im deutsch-schweizerischen Wirtschaftsverkehr stellen sozialversicherungsrechtliche Regelungen weiterhin ein Investitionshemmnis für beide Wirtschaftsstandorte dar. Personen, die in Deutschland eine selbstständige Tätigkeit und gleichzeitig in der Schweiz eine unselbstständige Beschäftigung ausüben, werden mit ihrem gesamten (deutschen und schweizerischem) Erwerbseinkommen der Schweizer Sozialversicherung unterstellt. Dies führt zu einer erheblichen finanziellen Belastung für die betroffenen Personen.
Sozialversicherung bleibt Investitionshemmnis
Betroffen sind vor allem Personen, die in Deutschland von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sind – und zusätzlich zur deutschen Erwerbstätigkeit in der Schweiz eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen. Dies sind hauptsächlich folgende Konstellationen:
- Geschäftsführer einer deutschen GmbH (mit Befreiung von der deutschen Sozialversicherungspflicht) und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
- Vorstand einer deutschen AG (mit Befreiung von der deutschen Sozialversicherungspflicht) und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
- Selbständige in Deutschland (mit Befreiung von der deutschen Sozialversicherungspflicht) und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH .
- Kommanditist einer deutschen GmbH & Co KG und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
Die Personen unterliegen mit ihrem deutschen und schweizerischen Erwerbseinkommen der Schweizer Sozialversicherung. Dies bedeutet eine erhebliche finanzielle Belastung, zumal der Wohnsitz und die Höhe des Schweizer Einkommensteils keine Rolle spielen. Selbst wenn für die Schweizer Tätigkeit keine Zahlung erfolgt, kommt die vorgenannte Regelung zur Anwendung.
Nach der früheren Praxis der Sozialversicherungsbehörden konnte – mit einer sogenannten Ausnahmevereinbarung – das deutsche Erwerbseinkommen von der Schweizer Sozialversicherung ausgenommen werden. Die Problematik wurde dadurch in finanzieller Hinsicht erheblich entschärft. Diese Praxis wurde aber mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit am 01.04.2012 aufgegeben. Die Handelskammer Deutschland-Schweiz ruft daher auf, Investitionen oder Erwerbstätigkeiten in beiden Ländern nicht durch finanziell nachteilige Sozialversicherungsunterstellungen zu erschweren.
Ziel ist es, mit bilateralen Lösungen – zum Beispiel Ausnahmevereinbarungen – Investitionen in beiden Ländern zu fördern. Eine Lösung der Problematik liegt damit im Interesse beider Wirtschaftsstandorte.
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