2.1 Qualifikation für Patentbox
Die STAF verpflichtet die Kantone, auf Ebene der Kantons- und Gemeindesteuern das neue Instrument der Patentbox einzuführen (auf Ebene der Direkten Bundessteuer wird keine Patentbox eingeführt).Damit wird es den Kantonen ermöglicht, für qualifizierende Patente und vergleichbare Rechte eine international attraktive Besteuerung anzubieten, die sich am OECD Standard orientiert. Viele Staaten verfügen – anders als die Schweiz (mit Ausnahme des Kantons Nidwalden, der eine sog. Lizenzbox kannte, welche bereits durch eine OECD-konforme Patentbox ersetzt wurde) – schon heute über Patentboxlösungen, so z.B. Belgien, Frankreich, Irland, Italien, die Niederlande und UK.
Die OECD-Konformität verlangt, dass bei der Anwendung der Patentbox ein schädlicher Steuerwettbewerb vermieden wird. Dies soll durch zwei Massnahmenerreicht werden: Einerseits definiert der Standard die Schutzrechte, die für eine Patentbox qualifizieren können. Andererseits hat die OECD einen sog. «modifizierten Nexus-Ansatz» entwickelt. Dieser bewirkt, dass Gewinne aus der Patentnutzung nur in demjenigen Landbevorzugt besteuert werden, in dem die Forschung und Entwicklungsaufwendungen relevant angefallen sind, die zum betreffenden Patent führten.
Die Patentbox setzt bei der Besteuerung von Erträgen an (sog. «Output-Förderung») und steht grundsätzlich juristischen Personen (etwa Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mitbeschränkter Haftung) und selbständig erwerbstätigen natürlichen Personen zur Verfügung. Wichtig ist, dass der Steuerpflichtige die für die Patentbox benötigten Angaben gut und ausreichend dokumentiert (sog. «Tracking and Tracing»). Die Patentbox steht für in- und (entsprechende)ausländische Patente und vergleichbare Rechte zur Verfügung. Dabei stellt sich die Frage, welche Rechte gemäss STAF für eine Patentbox qualifizieren.
Als «Patente» werden berücksichtigt:
- Schweizerische Patente
- ausländische gleichwertige Patente (z.B. in Europa, USA, Japan, China)
- Eingetragene Gebrauchsmuster (z.B. in Deutschland, Frankreich)
Nicht als «Patente» im Sinne der Gesetzgebung gelten:
- Marken-, Design- und Urheberrechte
- Softwarerechte (ausser diese seien durch Patente im Rahmen «computerimplementierter Erfindungen» geschützt)
- Geschützte Ursprungsbezeichnungen
- Patentanmeldungen (d.h. noch nichterteilte Patente) bzw. Gebrauchsmusteranmeldungen
Als «vergleichbare Rechte» qualifizieren insbesondere:
- Topographien gemäss dem schweizerischen Topographiengesetz
- Ergänzende Schutzzertifikate nach dem schweizerischen Patentgesetz und deren Verlängerung
- Unterlagen, die nach dem Schweizer Heilmittelgesetz geschützt sind
- Pflanzensorten, die nach dem Schweizer Sortenschutzgesetz geschützt sind
- ausländische gleichwertige Rechte
Für die Praxis ist es bedeutsam, dass auch solche Rechte für eine Patentbox qualifizieren, die nicht das ganze Produkt oder Verfahren beschlagen, sondern z.B. nur einzelne Bestandteile davon.
2.2 Ermittlung des Boxengewinns
Konkret sieht die Patentbox-Regelung vor, dass der Gewinn aus qualifizierenden Patenten und vergleichbaren Rechten ermässigt besteuert wird. Die Ermässigung erfolgt durch eine teilweise Freistellung des qualifizierenden Gewinnes (d.h. der privilegierte Anteil des Boxengewinnes wird nicht besteuert).
In einem ersten Schritt ist der Boxen gewinn zu ermitteln, der sich in der Regel auf Basis der administrativ einfacheren Residualmethode bestimmt. Ausgangspunkt bildet dabei der Gewinnaus dem Produkt oder, falls dieser nicht feststellbar ist, der gesamte Gewinn eines Unternehmens. Anschliessend werden alle Gewinnanteile, die nicht in Verbindung mit Patenten und vergleichbaren Rechtenstehen, aus der Patentbox herausgerechnet und ordentlich besteuert. Der Boxengewinn wird zudem bereinigt durch den modifizierten Nexus-Ansatz. Rechnerisch beruht dieser auf dem sog. Nexus-Faktor, welcher sich aus dem prozentualen Verhältniszwischen den qualifizierenden zu den gesamten F&E-Aufwendungen ergibt (nicht qualifizierend sind beispielsweise Ausgaben für die Auftragsforschung von ausländischen Konzerngesellschaften). Der Nexus-Quotient kann maximal 100 Prozent betragen.
Die Höhe der in einem zweiten Schritt auf dem berechneten Boxengewinn gewährten Ermässigung kann jeder Kantoninnerhalb der gesetzlich vorgegebenen Schranken eigenständig definieren. Die maximal mögliche Ermässigung beträgt 90 %, d.h. es werden mindestens 10 % des Boxengewinnes ordentlich besteuert. Nach aktuellem Stand (anfangs August 2019) sehen die folgenden Kantone eine Patentbox-Ermässigung von weniger als 90 % vor: AI, GE, GL, LU 10 Prozent, NE 20 Prozent; UR 30 Prozent; TG 40 Prozent; AR, SG 50 Prozent und GR 70 Prozent (Spezialfall: VD). Insbesondere in Kantonen, die nur eine geringe Ermässigung vorsehen, ist der Nutzen einer möglichen Steuererleichterung im Vergleich zum administrativen Aufwand und den Initialkostengenau zu prüfen.
2.3 Eintritt in die Patentbox
Der Steuerpflichtige hat die Besteuerung nach der Patentbox zu beantragen. Ein Eintritt in die Patentbox bedingt grundsätzlich, dass über die bisherigen steuerlich berücksichtigten F&E Aufwendungen auf qualifizierenden Patenten und vergleichbaren Rechten abgerechnet wird (der steuerliche Sonderabzug für F&E ist ebenfalls zu beachten). Dies bedeutet, dass diese Aufwendungen im Zeitpunkt des Eintritts in die Patentbox dem steuerbaren Gewinnhinzugerechnet werden müssen, wobei eine (amortisierbare) versteuerte stille Reserve gebildet wird. Die Kantone haben jedoch auch die Möglichkeit, die steuerliche Abrechnung innert 5 Jahren ab Beginn der ermässigten Besteuerung auf andere Weiseattraktiver sicherzustellen.