Der zur Facebook Gruppe gehörende Messengerdienst Whatsapp ist eine Applikation, welche sowohl auf dem Mobilfunkgerät und zusätzlich auch als Desktop Version heruntergeladen werden kann.
Whatsapp im Unternehmen: Go oder No Go unter der DSGVO?
Seit dem Jahr 2018 bietet Whatsapp zwar eine Business Version des Messenger Dienstes an, doch weist diese Version keine datenschutzrelevanten Neuerungen auf und die datenschutzrechtliche Grundproblematik bleibt bestehen.
Wie auch schon die LfD Niedersachsen13 mehrfach verlauten liess, ist der Einsatz von Whatsapp zu Kommunikationszwecken von Unternehmen nicht im Einklang mit der DSGVO. Der Grund dafür ist vor allem die Grundfunktionalität von Whatsapp.
Die Basis für die Kommunikation mit dem Messengerdienst ist, dass sich Nutzer registrieren und im Registrierungsprozess Whatsapp ihre Einwilligung geben auf deren Adressbuch zuzugreifen, um einen Adressbuchabgleich durchzuführen und somit Daten wie Telefonnummern, Namen und unter Umständen auch weitere Daten an Whatsapp Server zu übermitteln.
Dieser Adressbuchabgleich wiederholt sich in regelmässigen Abständen und garantiert Whatsapp eine aktuelle Liste.14 Problematisch ist jedoch, dass hierbei nicht nur Daten von Nutzern abgeglichen werden, sondern auch die Daten von Kontakten im Adressbuch, welche Whatsapp nicht nutzen. Obwohl diese Daten keine Nutzerdaten sind, werden sie auch auf den Servern von Whatsapp gespeichert. Gemäss der Legaldefinition aus Art. 4Ziff. 3 DSGVO bedeutet das Speichern von Daten auch schon das Verarbeiten im gesetzlichen Sinn. Problematisch ist zudem, dass aus der Datenschutzrichtlinie von Whatsapp nicht klar wird, was mit den jeweiligen Daten genau gemacht wird bzw. wie diese verarbeitet werden.
Die Frage ist bspw. ob nur Produktivdaten, also die Daten von aktiven Nutzern für die in der Datenschutzrichtlinie angegebenen Zwecke verarbeitet werden oder auch die Daten der Personen, welche Whatsapp nicht nutzen, jedoch durch den Adressbuchabgleich auf die Server von Whatsapp geraten sind.
Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO muss die Verarbeitung von personenbezogenen Daten stets auf rechtmässige und für die betroffene Person nachvollziehbare Weise geschehen. Die Daten von Personen, welche nicht Whatsapp Nutzer sind und den noch von Whatsapp verarbeitet werden, stellt gemäss Art. 6 DSGVO keine rechtmässige Datenverarbeitung dar, da die rechtliche Grundlage für die Erhebung gänzlich fehlt. Whatsapp verlangt zwar von den Nutzern selbst, dass diese die Rechtmässigkeit für die Übermittlung Daten Dritter garantieren, doch ist dies nicht möglich, da eine Dritte Person nicht für das betroffene Datensubjekt einwilligen kann.15
Beispiel: A ist Whatsapp Nutzer und hat gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO eine Einwilligung für die Nutzung der personenbezogenen Daten erteilt. A hat viele Kontakte auf dem Telefon gespeichert. Unter anderem den Kontakt von B, welcher Whatsapp nicht nutzt, bspw. ausdatenschutzrechtlichen Gründen. Nun ist der Sachverhalt aber so, dass die Daten von B, obwohl dieser Whatsapp gar nichtnutzt, auf den Servern von Whatsapp landen und dort seine Daten auch verarbeitet werden. Aus rechtlicher Sicht, auch wenn Whatsapp dies von A verlangt, ist es A nicht möglich für B, in rechtmässiger Weise gemäss Art. 7 DSGVO einzuwilligen. Die Daten von B werden also nichtrechtmässig von Whatsapp verarbeitet.
Auch gemäss der LfD Niedersachsen ist die Übermittlung von Kontaktdaten aus dem Adressbuch an Whatsapp unzulässig16.
Die DSGVO fordert zudem die Einhaltung des Grundsatzes der Transparenz in allen Datenverarbeitungsaktivitäten, welche personenbezogenen Daten beinhalten. Hier müsste Whatsapp, die nicht bei Whatsapp angemeldete Person, überwelche auch Daten verarbeitet werden, über die jeweiligen Verarbeitungsaktivitäten informieren, was jedoch effektiv nicht geschieht.
Auch ist die Transparenz von Whatsapp gegenüber den Verarbeitungsprozessen der personenbezogenen Daten von Whatsapp Nutzern nicht ausreichend gegeben.
Die von Whatsapp veröffentlichte Datenschutzrichtlinie ist in zwei Abschnitte eingeteilt. Der erste Abschnitt ist für Datensubjekte ausserhalb des EWR bestimmt und der zweite Abschnitt für Datensubjekte, welche innerhalb des EWRs ansässig sind. Der zweite Abschnitt bezeichnet WhatsApp Ireland Limited als Verantwortlichen bzgl. der von Whatsapp verarbeiteten personenbezogenen Daten.
Im zweiten Abschnitt wird dabei über die jeweiligen Verarbeitungsaktivitäten aufgeklärt, jedoch nicht ausreichend. Beispielsweise wird nur erwähnt, dass Daten auch an Dritte, sog. Auftragsverarbeiter weitergeleitet werden dürfen, jedoch nicht in welchem Umfang und wer diese Dritten genau sind, bzw. wo deren Sitz ist «Wir arbeiten mit Drittanbietern und den Facebook-Unternehmen zusammen, die uns dabei helfen, unsere Dienste zu betreiben, anzubieten, zu verbessern, zu verstehen, zu individualisieren, zu unterstützen und zu vermarkten.».17 Auch sind die Verarbeitungszwecke sehr «breit» formuliert und lassen Whatsapp einen sehr grossen Spielraum bei den jeweiligen Verarbeitungsaktivitäten. Nahezu alle Verarbeitungsaktivitäten kann man unter die folgenden Verarbeitungszwecke subsumieren: «Dienste zu betreiben, anzubieten, zu verbessern, zu verstehen, zu individualisieren, zu unterstützen und zu vermarkten.».18 Gerade die Marketingaktivitäten können dabei ein grosses Ausmassannehmen, bei welchem Massen von Daten der Datensubjekte an Dritte oder innerhalb der Facebook Gruppe weitergegeben werden.
Problematisch ist zudem die grundsätzliche Übermittlung von Nutzerdaten an weitere Facebook Unternehmen. Dies bedeutet beispielsweise unter anderem, dass Daten gemäss Art. 44 DSGVO auch an Drittländer ohne Angemessenheitsbeschluss19 übermittelt werden. Bezüglich der Übermittlung von Daten in die USA ist momentan gemäss Art.45 Abs. 3 DSGVO von einer rechtskonformen Datenübermittlung auszugehen, solange das Empfängerunternehmen Privacy Shield zertifiziert ist. Da das Konzept des Privacy Shields jedoch ein umstrittenes datenschutzrechtliches Konstrukt darstellt und in Bezug auf dieses grosse Bedenken bestehen, besteht die Möglichkeit, dass das Privacy Shield Abkommen gerichtlich ausser Kraft gesetzt wird und nicht mehr als Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung in Frage kommt.
Zudem gibt Whatsapp in deren Datenschutzrichtlinie an, dass diese ein berechtigtes Interesse gemäss Art. 6 Abs. 1lit. f DSGVO an der Verarbeitung zu dem folgenden Zweck haben: «Im Interesse von Unternehmen und sonstigen Partnern, um ihnen zu helfen, Erkenntnisse über ihre Kunden zu erlangen und ihre Geschäfte zu verbessern, unsere Preismodelle zu validieren, die Effektivität und Verbreitung ihrer Dienste und Nachrichten zu bewerten und Aufschluss darüber zu erlangen, wie die Menschen mit ihnen auf unseren Diensten interagieren.» Dies sind wiederum sehr oberflächlich erläuterte Verarbeitungszwecke, bei welchen auch wieder nicht die Partner angegeben sind und auch nicht wo die Partner ihren Sitz haben. Besonders das Statement« um ihnen zu helfen, Erkenntnisse über ihre Kunden zu erlangen» kann vieles beinhalten, wie beispielsweise das kategorische Sammeln von Standortdaten oder auch eine massenhafte Sammlung von allen Kundendaten (wie beispielsweise die sog. Metadaten: Bsp. Die Erfassung wer mit wem wie oft kommuniziert)20. Eine solche Aufzählung ist dementsprechend nicht angemessen und gibt den Datensubjekten kaum Aufschluss, was mit deren Daten gemacht wird.
Nicht nur in Bezug auf Dritte, sondern auch generell, nimmt sich Whatsapp gemäss der eigenen Datenschutzrichtlinie das Recht, die Daten sehr umfassend zu verwenden. Beispielsweise für Messungen, Analysen und sonstige Unternehmens-Dienste21.
- Whatsapp bezeichnet sich in dessen Datenschutzrichtlinie selbst als Verantwortlicher
- Whatsapp verfügt selbstständig über die Daten, welche die Nutzer bereitstellen
- Das Unternehmen bzw. der Nutzer hat keine Kontrolle über die Nutzung seiner Adressbuchdaten.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten mit der Problematik Whatsapp im Unternehmen umzugehen.
Einerseits könnte, wie in vielen namenhaften Beispielen schon geschehen, die Nutzung von Whatsapp zu Unternehmenszwecken vom Management des jeweiligen Unternehmens gänzlich untersagt werden. Dies würde bedeuten, dass die Applikation Whatsapp nicht auf die Mobilgeräte des Unternehmens geladen werden darf.
Zudem gibt es die Möglichkeit auf andere Messenger Dienste umzusteigen, bei welchen es beispielsweise möglich ist über einen QR Code miteinander in Kontakt zu treten, ohne dass das Adressbuchabgeglichen und synchronisiert wird.
Auch besteht die Möglichkeit durchgewisse Einstellungen im Betriebssystem des Android Mobilgerätes, den Zugriff auf das Adressbuch zu blockieren, so dass Whatsapp nicht auf das Adressbuch zugreifenkann. Whatsapp selbst stellt keine Option zur Verfügung, welche es dem Nutzer ermöglicht, den Zugriff auf das Adressbuch zu beschränken bzw. nur einzelne Kontaktgruppen zu synchronisieren.
Dies ist in der Unternehmenspraxis eine oft gesehene Lösung. Zu beachten ist jedoch, dass die Nutzer sodann nicht die volle Funktionalität von Whatsapp benutzen können. So können Nutzer von sich aus keine Kommunikation mehr starten, da Whatsapp auf keine Kontakte zugreifenkann. Auch eine manuelle Eingabe der Telefonnummer ist nicht möglich. Aufgrund dessen muss der Nutzer erst selbst angeschrieben werden, um mit dem Gegenüberkommunizieren zu können.
Diese Option stellt die einzige Möglichkeit dar, um Whatsapp datenschutzkonform bzgl. der rechtmässigen Erhebung von personenbezogenen Daten nutzen zu können.23