Sachstand/Termine
Es gelten neue Anforderungen bei elektrischen/elektronischen Produkten und Anlagen im Bereich Funk sowie im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV).
- Funk: Radio Equipment Directive (RED 2014/53/EU, CH FAV 2015), seit dem 13. Juni 2016
- EMV: EMC-Directive 2014/30/EU, CH VEMV 2015, seit dem 20. April 2016
Hersteller, Importeure und gegebenenfalls die gesamte Produkt-Vertriebskette sind betroffen. Die EU-CE-Kennzeichnung, aber auch eine mögliche CH-Kennzeichnung gelten nur für den Schweizer Binnenmarkt. Die Änderungen betreffen sowohl die EU als auch die Schweiz: In der Schweiz gilt gemäss Abkommen CH-EU, bilaterale Abkommen 1 – zur gegenseitigen Anerkennung der Konformitätsbewertung – das 1999 MRA (Mutual-Recognition-Agreement). In CH ist für Funk und EMV das Bundesamt BAKOM zuständig.
Produkt Risiko Analyse zwingend erforderlich
Am 26. Juli 2016 wurde durch die europäische Kommission eine Neufassung des Blue Guide 2016/C272/01 veröffentlicht. Dieser Leitfaden ist EU-Richtlinien übergreifend. Hierin wird nun unter anderem festgelegt, dass auch die EMV- und Funk-Eigenschaften eines Produktes für den gesamten Produkt-Lebens-Zyklus vom Hersteller sichergestellt werden müssen.
Weiterhin muss eine Produkt Risiko Analyse erstellt werden. Wesentliche Eckdaten müssen darin bewertet werden – zum Beispiel die Einsatzart, die Anwendungs- und EMV-Umgebung, betroffene Personen sowie mögliche Versagensarten.
Herkömmliche Tests reichen nicht aus
Ein in Eigenverantwortung durchgeführter einfacher Produkt-Test – ob beim Hersteller, oder in einem staatlich akkreditierten EMV/Funk Prüflabor – reicht nicht mehr aus. Eine mögliche Alterung (zum Beispiel Schutzkomponenten) ist zu berücksichtigen. Geschirmte Kabel, mit häufiger Biege-/Umweltbeanspruchung, verlieren schnell Faktor zehn im Schutz.
Im Übrigen sind nach den gültigen harmonisierten Standards der EMV-Richtlinie vom 12.08.2016 über 200 Standards, zuzüglich normativer Verweise gelistet – für Funk RED nur sechs Standards.
Wege zur Produkt Konformität
In Grundsatz gilt immer noch: Der Hersteller oder Inverkehrbringer erklärt die eigenverantwortliche Einhaltung aller, auf das Produkt (bzw. Betriebsmittel, Gerät oder Anlage) zutreffender EU-Richtlinien in der CE-Konformitäts-Erklärung (DoC).
Hierfür werden üblicherweise die zutreffenden harmonisierten Standards zum Zeitpunkt der DoC-Ausstellung herangezogen und führen zur Konformitätsvermutung. Bei Inverkehrbringen des Produktes muss diese ständig überprüft werden. Hierbei gilt es, die in den Richtlinien definierten wesentlichen Anforderungen zu erfüllen – die auch im Streitfall gelten. Die Konformitätsvermutung basiert auf einer «legal berechtigten» Vermutung, die in wenigen Sonderfällen technisch nicht zutreffend sein kann. In diesen Fällen sind technische Maßnahmen erforderlich. Es ist ein ökonomischer/technischer Kompromiss mit Risiken.
Sind harmonisierte Standards jedoch nicht oder nur unvollständig vorhanden, ist der staatlich akkreditierte «Notified Body» (NB, mit nachgewiesener Kompetenz) zu konsultieren. Hier sehen die Richtlinien (EMV und Funk) – je nach Konformitäts-Bewertungsmodul – Baumusterprüfung /Fertigungs-Qualitäts-Kontrolle vor. Im Bereich der EMV hat sich technisch kaum etwas gegenüber der vorherigen Richtlinie verändert – abgesehen von zum Beispiel erhöhten Dokumentations-Anforderungen für ortsfeste Anlagen. Bei Funk jedoch ist jetzt praktisch der ganze Produktbereich von fast allen, bis 3000 GHz, «Wireless» sendenden und empfangenden Anwendungen – einschliesslich Rundfunk-Empfänger – eingeschlossen. Ausgeschlossen sind jetzt beispielsweise leitungsgebundene Kommunikations-Produkte, wie klassische Telefonanlagen.
In der Schweiz, Liechtenstein und in Österreich sind zur Zeit nach der EU NANDO Liste keine akkreditierten Notified Bodies für die neue RED (Funk) zugelassen.
(Bildquelle: Euro EMC Service (EES))