Auch ohne Dividendenausschüttung können Einkünfte ausländischer Gesellschaften – etwa im Rahmen der sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung – fiktiv der deutschen Besteuerung hinzugerechnet werden. Zu einer Hinzurechnung von Einkünften in Deutschland kommt es unter anderem dann, wenn:
- in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige an einer ausländischen Gesellschaft (etwa in der Schweiz) mehrheitsbeteiligt sind
- diese ausländische Gesellschaft im Sinne des deutschen Aussensteuergesetzes sogenannte «passive» Einkünfte erzielt
- wenn diese «passiven» Einkünfte «niedrig» besteuert werden
Diese drei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
Zu entscheidender Sachverhalt
Im Streitfall hielt der in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige (natürliche Person) Anteile an einer schweizerischen AG. Darüber hinaus war er auch der Geschäftsführer dieser AG. Die AG betrieb in der Schweiz ein Maklerbüro, das sich mit dem An- und Verkauf, der Vermittlung und der Vermietung von Geschäftsimmobilien in Fussgängerzonen befasste. Das Finanzamt wendete die Hinzurechnungsbesteuerung an und rechnete die Einkünfte der AG dem Steuerpflichtigen in Deutschland zu. Den sogenannten «Motivtest» (Gegenbeweis), wonach die AG in der Schweiz einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, liess das Finanzamt nicht zu. Auch den durch den Steuerpflichtigen beantragten einstweiligen Rechtsschutz wollte das Finanzamt nicht gewähren. So wurde die Steuerforderung umgehend fällig.
Diese Verfahrensweise hält das FG Baden-Württemberg für problematisch. Die Vereinbarkeit der Hinzurechnungsbesteuerung mit den einschlägigen EU-Grundfreiheiten sei höchstrichterlich derzeit noch nicht geklärt. Soweit es um die Kapitalverkehrsfreiheit mit der Schweiz gehe, sei dazu vor dem BFH ein Revisionsverfahren anhängig (BFH Az. I R 78/14). Bis zu dessen Abschluss könne das Einspruchsverfahren des Antragstellers ruhen. Darüber hinaus sei das Freizügigkeitsabkommen, welches mit der Schweiz und den EU-Ländern geschlossen wurde, zu beachten. Folglich entschied das FG Baden-Württemberg die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen.
Hinzurechnungsbesteuerung zweifelhaft
Mit dieser Begründung hat das Finanzgericht die auf die Hinzurechnungsbesteuerung entfallende Einkommensteuer des Steuerpflichtigen von der Vollziehung ausgesetzt (einstweiliger Rechtsschutz).
Auch wenn bis zur Entscheidung des EuGH noch einige Zeit vergehen wird, sollte diese Vorlage nicht aus dem Auge gelassen werden. Denn sie hätte vor allem im Unternehmensbereich – im Verhältnis Deutschland-Schweiz – einen enormen Einfluss. In Fällen der Hinzurechnung Schweizer Einkünfte sollte mit Verweis auf das anhängige EuGH Verfahren Rechtsmittel eingelegt werden.