Neuigkeiten Recht und Steuern Deutschland-Schweiz
6. Jul 2021, Recht & Steuern | Aktuelles

Aktuelles aus dem Rechts- und Steuergeschehen Schweiz-Deutschland

Besteuerung von in Deutschland registriertem IP | Grenzüberschreitende Dienstwagenbesteuerung – quo vadis? | Änderungen bei der Quellensteuer für ausländische Personen

Deutschland – Besteuerung von in Deutschland registriertem IP – Schweizer Unternehmen müssten neue Vorschriften beachten!

Das deutsche Bundesfinanzministerium hat im BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 (2021/0003450) zu den Verfahrenspflichten bei in Deutschland registriertem IP Stellung genommen. Diese Verfahrenspflichten beziehen sich auf die nach § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f und Nummer 6 des deutschen Einkommenssteuergesetzes in Deutschland ausgelöste beschränkte Steuerpflicht.

Auslöser für die vorgenannte beschränkte Steuerpflicht in Deutschland ist allein die Tatsache, dass ein in Deutschland registriertes IP besteht. Dazu gehören z. B. auch Patente, die aufgrund einer Anmeldung beim Europäischen Patent- und Markenamt nach dem Europäischen Patentübereinkommen in das deutsche Register eingetragen sind (so BMF-Schreiben vom 6. November 2020, 2020/1009219). Es muss dabei weder zu einer Verwertung in Deutschland kommen, noch muss ein weiterer Deutschlandbezug bestehen. Es reicht allein die Eintragung des IP in deutsches Register als Anknüpfungspunkt aus. Der Überlasser und Nutzer des Rechts können im Ausland wie in folgendem Beispielsfall ansässig sein: (Siehe Grafik)

Verfahrenspflichten bei Altfällen und Zuflüssen bis zum 30. September 2021

Unter folgenden Voraussetzungen sieht die Steuerverwaltung nach dem BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 von einem Steuerabzug und einer Steueranmeldung ab:

  • Der Lizenznehmer hat in Deutschland weder einen Sitz noch eine Geschäftsleitung.
  • Der Lizenzgeber muss in einem DBA- Staat ansässig sein und zweifelsfrei DBA-berechtigt sein.
  • Die relevanten Vertragsverhältnisse müssen offen gelegtwerden und die wesentlichen Passagen in deutsche Sprache übersetzt werden. Bei konzerninternen Sachverhalten müssen zusätzlich Vereinbarungen über Überlassungen an nahe stehende Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des deutschen Aussensteuergesetzes offengelegt werden.
  • Der Lizenzgeber oder ein von ihm bevollmächtigter Lizenznehmer muss bis zum 31. Dezember 2021 beim Bundeszentralamt für Steuern einen Antrag auf Freistellung stellen.

Zuflüsse nach dem 30. September 2021

Bei einem Zufluss nach dem 30. September 2021 ist grundsätzlich die Steuer anzumelden, einzubehalten und anschliessend ein Antrag auf Erstattung der Steuer zu stellen. Alternativ kann ggf. eine Freistellungsbescheinigung beantragt werden.

Veräusserung von in Deutschland eingetragenem IP

Das BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 hält für die Veräusserung von in Deutschland eingetragenem IP fest, dass selbst in Fällen, in denen Deutschland aufgrund eines DBA das Besteuerungsrecht nicht zusteht, eine Steuererklärung («Null»-Steuererklärung) abzugeben ist. Die oben genannten Vertragsverhältnisse müssen dabei offengelegt und die wesentlichen Passagen übersetzt werden.

Bemessungsgrundlage

Das BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 äussert sich schliesslich zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei einer Gesamtvergütung. Ein rein kostenbasierter Ansatz wird dabei nicht akzeptiert. Eine Gesamtvergütung muss vielmehr unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips (sogenannter Top-Down-Ansatz) aufgeteilt werden.

Praxishinweis: Auch Schweizer Unternehmen sollten sich frühzeitig mit dem BMF-Schreiben vom 11. Februar 2021 und den darin ausgesprochenen (Verfahrens-) Pflichten auseinandersetzen, um insbesondere die Antragsfrist vom 31. Dezember 2021 für Altfälle und Zuflüsse bis zum 31. September 2021 einhalten zu können. Bei Lizenzvereinbarungen mit Deutschlandbezug aufgrund einer Eintragung in ein deutsches Register ist zu prüfen, ob eine Aufschlüsselung der Lizenzgebühren oder eine vertragliche Festlegung der Parameter zur Aufschlüsselung sinnvoll ist.

Appell der Handelskammer Deutschland-Schweiz: Da selbst in den Fällen, in denen Deutschland aufgrund eines DBAs kein Besteuerungsrecht zusteht, ein hohes Mass an (Verfahrens-)Pflichten auf die ausländischen Unternehmen zukommt, setzt sich die Handelskammer Deutschland-Schweiz dafür ein, dass die administrativen Hürden abgebaut werden.

Der Überlasser und Nutzer des Rechts könne im Ausland wie folgt ansässig sein.
Deutschland – Grenzüberschreitende Dienstwagenbesteuerung – quo vadis?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Urteil vom 20. Januar 2021 (C-288/19) zur deutschen Dienstwagenbesteuerung bei der Überlassung eines Fahrzeugs zum privaten Gebrauch an einen in Deutschland wohnhaften Arbeitnehmer Stellung genommen. Der Arbeitnehmer war bei einem Arbeitgeber mit Sitz in Luxemburg angestellt. Im konkreten Fall hat das Finanzgericht Saarland dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die deutsche Umsatzbesteuerung eingreift, wenn der Arbeitnehmer für die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs weder eine Zahlung erbringt noch ein Teil des Lohns für die Privatnutzung verwendet wird und das Recht zur Nutzung des Fahrzeugs nicht mit einem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist. Bislang qualifiziert die deutsche Finanzverwaltung die Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs regelmässig als langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels und die anteilige Arbeitsleistung des Arbeitsnehmers als Entgelt mit der Folge, dass nach § 3 a Absatz 3 Nr. 2 Satz 3 des deutschen Umsatzsteuergesetzes der Ort der Vermietungsleistung und damit das Besteuerungsrecht in Deutschland angenommen wird.

Der EuGH hat in dem vorliegenden Verfahren entschieden, dass im oben beschriebenen Fall keine Dienstleistung gegen Entgelt vorliegt und damit weder ein Leistungsort noch ein Besteuerungsrecht in Deutschland besteht. Wichtig ist aber, dass sich der Entscheid des EuGH auf den oben beschriebenen Sonderfall bezog.

Ausdrücklich hält der EuGH fest, dass dann eine Dienstleistung gegen Entgelt vorliegen kann, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung eines Mietzinses für eine Dauer von mehr als 30 Tagen über das Recht verfügt, das Fahrzeug zu privaten Zwecken zu benutzen und andere davon auszuschliessen.

Praxishinweis: Das Urteil ist auch auf Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz übertragbar. Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, die in Deutschland wohnhaften Mitarbeitern Fahrzeuge auch zur Privatnutzung zur Verfügung stellen, sollten daher ihre Verträge zur Dienstwagenüberlassung im Hinblick auf eine vereinbarte Entgeltlichkeit genau überprüfen und die künftige Praxis der deutschen Finanzverwaltung verfolgen.

Schweiz – Änderungen bei der Quellensteuer für ausländische Personen

Am 01. Januar 2021 trat das am 16. Dezember 2016 verabschiedete Bundesgesetz über die Revision der Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens zusammen mit mehreren darauf basierenden Verordnungsänderungen in Kraft. Flankierend hierzu hat die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) das Kreisschreiben 45 (KS 45) zur Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmern publiziert. Zweck der Reform ist der Abbau von Ungleichbehandlungen zwischen quellenbesteuerten und ordentlich besteuerten Personen. Ab einem jährlichen Bruttoerwerbseinkommen von CHF 120'000 unterliegen ansässige Quellensteuerpflichtige einer obligatorischen nachträglichen ordentlichen Veranlagung (NOV). Neu können auch ansässige Quellensteuerpflichtige unterhalb des genannten Schwellenwerts eine NOV beantragen. Gleiches gilt für sogenannte «quasi-ansässige» Quellensteuerpflichtige, also Arbeitnehmende ohne Wohnsitz in der Schweiz, die ihr Einkommen im Wesentlichen aus einer Tätigkeit beziehen, die sie in der Schweiz ausüben.

Zuständigkeit der Kantone

Neu wird die Zuständigkeit der Kantone geändert. Bisher konnte der Schuldner der steuerbaren Leistung (SSL = Arbeitgeber) ausschliesslich mit seinem Sitzkanton nach dessen Regelungen abrechnen. Neu muss der SSL mit jedem einzelnen anspruchsberechtigen Kanton abrechnen (Wohnkanton des Arbeitnehmers). Bei internationalen Wochenaufenthaltern ist der Aufenthaltskanton zuständig.

Abrechnung bei «Nicht-Ansässigen»

Bei «Nicht-Ansässigen» mit einer unselbständigen Erwerbstätigkeit bei einem Arbeitgeber mit Sitz oder Betriebsstätte bzw. tatsächlicher Verwaltung in der Schweiz sind nur diejenigen Arbeitstage auszuscheiden, an welchen die Tätigkeit tatsächlich ausserhalb der Schweiz ausgeübt wurde. Bezahlte Abwesenheitstage, an denen keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (insb. Ferientage, Krankheitstage), zählen als steuerbare Arbeitstage in der Schweiz. Die ausländischen Tage werden dann vom Total von 20 Arbeitstagen pro Monat bzw. vom Total von 240 Arbeitstagen pro Jahr abgezogen, um die für die Quellenbesteuerung massgebenden schweizerischen Arbeitstage zu ermitteln. Dabei ist als ausländischer Arbeitstag jeder Arbeitstag ausserhalb der Schweiz sowie alle Hin- und Rückreisetage, an denen der Arbeitnehmer ausschliesslich oder zur Hauptsache im Ausland gearbeitet hat, anzusehen. Die massgebenden Arbeitstage müssen in einem Kalendarium aufgezeichnet werden und diese Aufzeichnung ist der Quellensteuerabrechnung beizulegen. Der betroffene Arbeitnehmer kann bis am 31. März des Folgejahres bei der zuständigen Steuerbehörde eine Neuberechnung der Quellensteuer oder eine NOV beantragen.

Quellensteuer bei Leistungen bei bzw. nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Leistungen, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden, dem Arbeitnehmer aber erst später ausbezahlt werden, wie z.B. Überzeitguthaben, nicht bezogene Ferienguthaben usw., unterliegen im Austrittsmonat der Quellensteuer.

Bei Leistungen, bei denen der Rechtsanspruch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden ist, wie z.B. nachträglich von der Geschäftsleitung beschlossene Bonuszahlungen, Abgangsentschädigungen oder nachträglich durchgesetzte Lohnforderungen, ist der Quellensteuerabzug separat zu berechnen.

Lohnfortzahlungen bei einer Freistel- lung nach erfolgter Kündigung, die an einen im Ausland ansässigen Arbeitnehmer gezahlt werden, sind nach dem KS 45 an der Quelle zu besteuern.

Verwaltungsräte mit Wohnsitz im Ausland

Bei Verwaltungsräten mit Wohnsitz im Ausland ist zu unterscheiden, ob es sich um Lohnzahlungen oder Verwaltungsratsentschädigungen handelt. Wenn es sich um Entschädigungen für operative Tätigkeiten, wie z.B. Führungsaufgaben handelt, ist Lohneinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gegeben. Die Besteuerung erfolgt dann nach dem ordentlichen, progressivem Tarifcode. Wenn hingegen ausschliesslich Vergütungen für Aufsichtsfunktionen vorliegen, ist der lineare Steuersatz anzuwenden.

NOV bei Personen mit Wohnsitz in der Schweiz

Eine obligatorische NOV erfolgt, wenn ein Bruttoeinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit von mindestens CHF 120'000 erzielt wird, wobei der Schwellenwert nicht jährlich erreicht werden muss. Die obligatorische NOV wird bis zum Ende der Quellensteuerpflicht durchgeführt.

Bei einem Einkommen unter CHF 120'000 pro Jahr kann eine NOV durchgeführt werden, wenn bis am 31. März des auf die Fälligkeit der Leistung folgenden Steuerjahrs ein entsprechender schriftlicher Antrag eingereicht wird. In den Folgejahren muss bis zum Ende der Quellensteuerpflicht von Amtes wegen eine NOV durchgeführt werden.

NOV bei Personen mit Wohnsitz im Ausland

Im Ausland ansässige quellensteuerpflichtige Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen der Quasi-Ansässigkeit erfüllen, müssen für jedes Jahr bis am 31. März des Folgejahres erneut einen Antrag auf NOV einreichen.

Eine NOV von Amtes wegen kann erfolgen, wenn eine im Ausland ansässige Person über verschiedene Einkommensbestandteile oder über Vermögen verfügt, die in der Schweiz steuerpflichtig sind, aber zum Teil dem Quellensteuerverfahren und zum anderen Teil der ordentlichen Veranlagung unterliegen.

Neuberechnung der Quellensteuer

In folgenden Fällen kann eine quellensteuerpflichtige Person bis zum 31. März des Folgejahres einen Antrag auf Neuberechnung der Quellensteuer stellen:

  • falsche Ermittlung des der Quellensteuer unterliegenden Bruttolohns,
  • falsche Ermittlung des satzbestimmenden Einkommens oder
  • falsche Tarifanwendung.
 
Bei einer Neuberechnung der Quellensteuern können aber keine zusätzlichen Abzüge geltend gemacht werden. Dies wäre nur im Rahmen einer NOV möglich.

Praxishinweis: Bei der Zählweise einzelner Tage, wie z. B. Krankheits- und Ferientagen, kann es zu einem Konflikt zwischen der Quellenbesteuerung und einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) kommen. Wenn eine NOV oder Tarifkorrektur der Quellensteuer nicht zielführend sein sollte, wäre an ein Verständigungsverfahren nach dem DBA zu denken.

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