Die Haftung der Geschäftsführung unter Schweizer Recht (2/2)
20. Nov 2017, Recht & Steuern | Haftung

Die Haftung der Geschäftsführung unter Schweizer Recht (2/2)

Bei der Frage, ob mit einem unternehmerischen Entscheid eine Pflichtverletzung begangen wurde, wird gemäss Schweizerischer Rechtsprechung nach der «Business Judgement Rule» überprüft.

Solange nachgewiesen werden kann, dass ein Entscheid sorgfältig abgeklärt und gefällt worden ist, fehlt es an einer Sorgfaltspflichtverletzung und die Haftung entfällt. Um das Haftungsrisiko bei Geschäftsentscheidungen zu minimieren, sollte die Entscheidung daher folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Die Entscheidung darf nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstossen
  • Die Entscheidung darf nicht mit dem Gesellschaftszweck im Widerspruch stehen und muss gutgläubig im Gesellschaftsinteresse erfolgen
  • Die Entscheidung muss in einem ordnungsgemässen Verfahren zustande gekommen sein. Hierzu gehört auch, dass sich das Organ bezüglich der zu treffenden Entscheidung genügend informiert. Dazu muss dieses über ausreichende Fachkenntnisse verfügen, wobei allenfalls Spezialisten beigezogen werden müssen
  • Die Personen, welche entscheiden, dürfen keinem relevanten Interessenkonflikt unterliegen. Sobald diese Unabhängigkeit nicht sichergestellt ist, liegt die richterliche Vermutung nahe, dass Entscheidungen zum Nachteil der Gesellschaft getroffen wurden
  • Die Entscheidung erscheint grundsätzlich nachvollziehbar und sachlich vertretbar
Beweisbarkeit der Entscheidfindungsprozesse

Diese Voraussetzungen, dass eine Geschäftsentscheidung mängelfrei zustande gekommen ist, müssen bewiesen werden können. Deshalb sollte der Entscheidfindungsprozess schriftlich dokumentiert werden. Dazu gehört auch eine Prüfung (und Dokumentation) von Interessenkonflikten und nötigenfalls einer Enthaltung bei einer Entscheidung. Je grösser die Tragweite der Entscheidung, desto wichtiger ist die Beweisbarkeit des korrekten Entscheidfindungsprozesses. In kleineren Gesellschaften kann es vorteilhaft sein, bei risikoreichen Transaktionen vorab das Einverständnis der Eigentümer einzuholen – selbst wenn dies gesellschaftsrechtlich nicht erforderlich wäre. Werden diese anschliessend geschädigt, können sie aufgrund ihrer Einwilligung (als faktische Organe) keine Ansprüche geltend machen oder sind selbst haftbar.

Unterlassung notwendiger Handlungen

Die wohl häufigste Sorgfaltspflichtverletzung besteht aber in der Unterlassung von notwendigen Handlungen. Es obliegt in einer Aktiengesellschaft dem Verwaltungsrat bzw. in einer GmbH den Geschäftsführern, die Gesellschaft zweckmässig zu organisieren und die Oberaufsicht auszuüben. Hierzu gehört die Überwachung der Mitarbeiter sowie die finanzielle Führung der Gesellschaft. Insbesondere Verfehlungen in der finanziellen Führung führen schnell zu persönlicher Haftung.

Werden beispielsweise Steuern – insbesondere Verrechnungssteuern – und Sozialversicherungsabgaben (AHV/IV/EO Beiträge) nicht bezahlt, haften sogleich die Verwaltungsräte persönlich. Insbesondere latente Verrechnungssteuern können bei einem unvermittelten Wegzug der Gesellschaft ins Ausland beim (schweizerischen) Verwaltungsrat hängenbleiben. Auch bei einer verspäteten Hinterlegung der Bilanz im Falle der Überschuldung kann eine Exkulpation schwierig sein.

Da die Pflichten der Geschäftsführung sehr umfangreich sein können, sollte man sich vor Übernahme eines Mandats vergewissern, ob die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse vorhanden sind. Denn auch wer ein Mandat trotz fehlender Fähigkeiten übernimmt und weiterführt, verletzt seine Sorgfaltspflicht.

Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Neben der zivilrechtlichen Haftung gibt es zahlreiche Tatbestände, welche durch Handlungen oder Unterlassungen der Geschäftsführung von Gesellschaften erfüllt sein können. Mögliche Straftatbestände sind

  • ungetreue Geschäftsbesorgung
  • unwahre Angaben über das kaufmännische Gewerbe
  • zahlreiche Konkursdelikte

Die verantwortlichen Personen können sich auch weiterer Delikte schuldig machen, wie z.B. Steuerhinterziehung oder Börsendelikte (wie das Ausnützen von Insiderinformationen). Für eine strafrechtliche Haftung muss meist Vorsatz oder Grobfahrlässigkeit nachgewiesen werden, was eine Verurteilung schwierig macht. Insbesondere im Falle eines Konkurses ist es wichtig, dass die Geschäftsführung den gesetzlichen Pflichten nachgekommen ist. Beispielsweise wird die Unterlassung der Buchführung – als Teil der finanziellen Führung der Gesellschaft – mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Über den mit der Geschäftsführung betrauten Personen schwebt auch immer das Damoklesschwert eines Urkundenfälschungs- bzw. Falschbeurkundungsdelikts. So ist dieser Straftatbestand im Grundsatz bei der Erstellung einer falschen Bilanz erfüllt, welche nicht die Vermögensverhältnisse am Stichtag, sondern zu einem anderen Zeitpunkt darstellt.

Das Risiko der strafrechtlichen Verantwortung lässt sich – genau wie das Risiko der zivilrechtlichen Haftung – durch konsequente Erfüllung der entsprechenden Pflichten vermeiden. Es besteht aber im Fall eines Strafverfahrens immer das Risiko der Rufschädigung der Angeklagten.




Schliessen Button
Immer erstklassig informiert

Melden Sie sich für den Newsletter der Handelskammer Deutschland-Schweiz an.