Die Wohnsitznahme in der Schweiz – TEIL 1
12. Jun 2014, Recht & Steuern | Schweizer Rechtsordnung

Die Wohnsitznahme in der Schweiz (1/2)

Wer als Nichtschweizer vom Ausland in die Schweiz zieht und hier Wohnsitz nehmen will, begibt sich in ein Land mit eigener Geschichte, Tradition, Kultur sowie Gesellschafts- und Rechtsordnung.

Wohlfühlen kann sich in der Schweiz nur, wer sich mit den Eigenheiten und Grundwerten dieses im Herzen Westeuropas gelegenen Kleinstaates anfreunden – und mehr oder weniger identifizieren kann und will. Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich der schweizerischen Rechtsordnung mit ihren Eigenheiten zu unterstellen.

Ein Umzug in die Schweiz sollte wohl überlegt sein, sorgfältig vorbereitet, geplant, organisiert und abgewickelt werden – sonst drohen unliebsame Überraschungen, Enttäuschungen und Probleme, insbesondere auch Konflikte mit schweizerischen Gesetzen. Jeder Zuzüger sollte sich frühzeitig vor, sowie während und nach dem Umzug in die Schweiz mit den für ihn wichtigen Erfordernissen und Vorschriften des schweizerischen Rechts befassen.

Dieser Artikel weist Zuzüger auf wichtige rechtliche Aspekte und Probleme hin. Es kann sich aus Platzgründen nur um allgemeine Hinweise handeln, weshalb Zuzugswillige nicht darum herumkommen werden, sich rechtzeitig von fachkundiger Stelle beraten zu lassen.

1. Bewilligungspflicht für Aufenthalt und Niederlassung in der Schweiz

Wer in der Schweiz Wohnsitz nehmen will, braucht als Grundvoraussetzung eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung der zuständigen staatlichen Bewilligungsbehörde. Die Vorschriften sind sehr umfangreich und komplex. Der Erhalt einer Bewilligung hängt unter anderem von Faktoren ab wie

  1. Staatsangehörigkeit der Person, die in der Schweiz Wohnsitz nehmen möchte. Die Schweiz hat mit der Europäischen Union (EU) und mit der Europäischen Freihandelsassoziation (European Free Trade Association EFTA) internationale Abkommen betreffend der Personenfreizügigkeit abgeschlossen. Diese erleichtern Staatsangehörigen aus EU- und EFTA-Staaten den Zuzug in die Schweiz. Für Staatsangehörige aus Drittstaaten gelten die sehr strengen Vorschriften des schweizerischen Rechts.
  2. Alter des Zuzügers. Ab einem gewissen Lebensalter (in der Regel ab dem vollendeten 55. Lebensjahr) bestehen Erleichterungen bei der Bewilligung des Zuzugs.
  3. Erwerbstätigkeit des Zuzügers im Ausland und/oder in der Schweiz nach Zuzug in die Schweiz. Für Rentner und Zuzugswillige, die entweder überhaupt keine oder in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausüben, gibt es Erleichterungen bei der Bewilligung des Zuzugs.
  4. Vermögenssituation des Zuzügers. In gewissen Fällen hängt die Erteilung von der Vermögenssituation des Gesuchstellers ab, insbesondere von der Fähigkeit, den Lebensunterhalt problemlos selber zu bestreiten.
  5. Bisherige Beziehungen zur Schweiz. In gewissen Fällen werden zum Beispiel frühere Aufenthalte in der Schweiz und die Existenz von Verwandten in der Schweiz berücksichtigt.
2. Zoll und Mehrwertsteuer auf Übersiedelungsgut und Fahrzeugen

Wer zum Zweck der Wohnsitznahme in die Schweiz zieht, kann gebrauchtes und dem Eigenbedarf dienendes Übersiedelungsgut (zum Beispiel Wohnungseinrichtung oder persönliche Sachen) zoll- und mehrwertsteuerfrei in die Schweiz einführen. Dafür sind jedoch Zollformalitäten zu erledigen.

Die Zoll- und Mehrwertsteuerfreiheit gilt grundsätzlich auch für Fahrzeuge des persönlichen Gebrauchs – sofern das eingeführte Fahrzeug älter als sechs Monate ist. Andernfalls ist das Fahrzeug zu verzollen, und es fällt die schweizerische Mehrwertsteuer (MWST) von acht Prozent an.

3. Zulassung von eingeführten Fahrzeugen und Anerkennung ausländischer Führerscheine

Eingeführte Fahrzeuge müssen innerhalb eines Jahrs nach Wohnsitznahme beim Strassenverkehrsamt des Wohnsitzkantons zur Zulassung vorgeführt werden.

Der ausländische Führerschein ist während der ersten zwölf Monate nach Wohnsitznahme in der Schweiz gültig und muss dann gegen den Schweizer Führerschein eingetauscht werden. Der Inhaber eines gültigen Führerscheins muss in der Schweiz keine Fahrprüfung mehr ablegen, aber im Rahmen einer Kontrollfahrt die Fahrfähigkeit und die Kenntnis der Verkehrsregeln nachweisen.

4. Einkommens- und vermögenssteuerliche Situation (direkte Steuern)

Die Schweiz erhebt von allen ihren Einwohnern auf drei Stufen (Bund, Kanton und Gemeinde) Einkommens- und Vermögenssteuern. Bezüglich ihrer steuerlichen Situation haben Zuzüger grossen Planungs- und Handlungsbedarf – sowohl vor als auch nach ihrem Wohnsitzwechsel:

  • Vermögende Zuzüger mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit aus- üben und erstmalig oder nach mindestens zehnjähriger Landesabwesenheit in der Schweiz Wohnsitz nehmen, sollten sich die Frage stellen, ob sie eine privilegierte Pauschalbesteuerung beantragen wollen. 
  • Angehörige eines ausländischen Staates – der seine Bürger nach dem Nationalitätsprinzip (also unabhängig vom Wohnsitz) besteuert – müssen sich auch nach dem Zuzug in die Schweiz um die Steuern ihres Heimatstaats kümmern. Das gilt zum Beispiel für US-Bürger. Dabei geht es auch darum, die Doppelbesteuerung durch den Heimat- und den neuen Wohnsitzstaat zu vermeiden.
  • Es gibt Länder (zum Beispie Deutschland), die wegziehende Personen bei und nach einem Wegzug einer speziellen Besteuerung unterstellen. Auch hier müssen die Steuerangelegenheiten sowohl im Wegzugsland als auch in der Schweiz als Zuzugsland sorgfältig erledigt und geplant werden, um Probleme mit Steuerbehörden und die Doppelbesteuerung zu vermeiden.
  • Personen, die nach ihrem Zuzug in die Schweiz Vermögen im Ausland behalten (zum Beispiel in Form von Grundbesitz, Finanz- und Geschäftsvermögen), müssen die Steuerangelegenheiten sowohl im Ausland beziehungsweise Wegzugsland als auch im Zuzugsland Schweiz sorgfältig erledigen und planen, um unliebsame Steuerkonflikte und Doppelbesteuerungen zu vermeiden.

5. Staatliche Sozialversicherung

Die Schweiz kennt ein staatliches Sozialversicherungssystem, das auch für Zuzüger gilt. Grundsätzlich sind sowohl erwerbstätige als auch nicht erwerbstätige Personen verpflichtet, Beiträge an die staatliche, obligatorische Sozialversicherung zu leisten (Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV). Die Beitragspflicht für Erwerbstätige besteht während der ganzen Dauer der Erwerbstätigkeit in der Schweiz.

Nicht Erwerbstätige sind auf der Basis ihres Vermögens bis zum Eintritt ins ordentliche Rentenalter – bei Männern 65. Geburtstag, bei Frauen 64. Geburtstag – AHV-beitragspflichtig. Für Nichterwerbstätige mit grossem Vermögen beträgt der Maximalbeitrag 23.750 Schweizer Franken pro Jahr. Bei verheirateten Personen sind beide Ehegatten AHV-beitragspflichtig, so dass die Beitragsbelastung für Verheiratete ohne Erwerbstätigkeit massiv ausfallen kann.

Ähnlich wie bei den Steuern kann es auch bei der Sozialversicherung zu Problemen und Konflikten kommen zwischen dem Sozialversicherungssystem der Schweiz und demjenigen des Wegzugslands oder des ausländischen Staats, in dem der neue Einwohner der Schweiz weiterhin eine Erwerbstätigkeit ausübt. Deshalb besteht für Zuzüger auch bezüglich Sozialversicherung dringender Planungs- und Handlungsbedarf.

6. Private Versicherungen

Die Versicherungssituation sollte angesichts der neuen Lebenssituation vollumfänglich überprüft und den neuen Verhältnissen angepasst werden.

Bei den Versicherungen können zwei Hauptgruppen unterschieden werden:

  1. obligatorische, das heisst gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen
  2. fakultative, das heisst freiwillige

Versicherungen Versicherungen, die obligatorisch beziehungsweise gesetzlich vorgeschrieben sind:

  1. Krankenversicherung: Jede Person, die in der Schweiz wohnt, muss sich im gesetzlich vorgeschriebenen Mindestumfang gegen Krankheit versichern. Die Grundversicherung deckt die Gesundheitskosten, die durch Arztbesuch und Spitalaufenthalt anfallen inklusive die Kosten für Medikamente, Laboruntersuchungen usw. Zuzüger müssen der Wohnsitzgemeinde innerhalb von drei Monaten nach Zuzug einen Versicherungsnachweis erbringen. Die Versicherung kann bei einer Schweizer Krankenkasse oder einem anerkannten internationalen Versicherer erfolgen. Die Versicherungspflicht kann unter Umständen auch mittels Nachweis einer ausreichenden Krankenversicherung durch einen ausländischen Versicherer im Heimat- oder Herkunftsland des Zuzügers erfüllt werden.
  2. Unfallversicherung: Alle Personen, die in der Schweiz als Arbeitnehmer beschäftigt werden, müssen vom Arbeitgeber obligatorisch gegen Unfall versichert werden – und zwar gegen Berufsunfälle und Berufskrankheiten sowie gegen Nichtbetriebsunfälle. Für alle übrigen Personen (Selbstständige und Nichterwerbstätige) ist die Unfallversicherung freiwillig.
  3. Motorfahrzeugversicherung: Jedes in der Schweiz zugelassene und verkehrende Fahrzeug muss obligatorisch gegen Haftpflicht versichert sein, was von den Strassenverkehrsämtern überwacht wird.
  4. Gebäudeversicherung: Jedes Gebäude muss in der Schweiz gegen Feuer- und Elementarschäden versichert sein.

Folgende Versicherungen sind freiwillig – sollten aber je nach Lebenssituation und Schutzbedürfnissen überprüft werden:

  1. Haftpflichtversicherung (zum Beispiel Privathaftpflicht oder Gebäudehaftpflicht)
  2. Hausrat-undWertsachenversicherung
  3. Erwerbsausfallversicherung
  4. Krankenzusatzversicherung (weil die obligatorische Krankenversicherung als Grundversicherung nur einen minimalen Schutz gewährt)
  5. freiwillige Alters- beziehungsweise Selbstvorsorge (zum Beispiel Lebensversicherung und Säule 3a)
  6. allfällige weitere freiwillige Versicherungen

(Bildquelle: © aricvyhmeister/iStockphoto)




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