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6. Jul 2015, Wirtschaft | Interview

Drei Fragen an Marc Steinkat

Von Berlin nach Potsdam, Brandenburg und in die Schweiz. Heute ist Marc Steinkat Country Manager der Commerzbank AG in Zürich. Im Interview steht uns der Finanzexperte Rede und Antwort zu den Herausforderungen und Chancen deutscher und Schweizer Unternehmen in Ostdeutschland.

Herr Steinkat, wie nehmen Sie die Entwicklung der ostdeutschen Wirtschaft seit dem Mauerfall vor 25 Jahren wahr?

STEINKAT: In den 25 Jahren seit dem Mauerfall hat sich die Wirtschaft in Ostdeutschland grundlegend verändert – sich sozusagen neu erfunden. Viele der ehemaligen grossen «Volkseigenen Betriebe» (VEB) wurden in Folge des Privatisierungsprozesses ab 1990 stark geschrumpft, in Teilen veräussert oder geschlossen. Gleichzeitig hat dank der Aufbruchstimmung eine bemerkenswerte Gründerwelle stattgefunden. Erfolgreiche Beispiele finden Sie vor allem in den Bereichen Technologie, Digitale Medien und Biotech.

Heute wächst die ostdeutsche Wirtschaft gleichmässig und stark – und erlebt gerade zu Ende 2014 eine Sonderkonjunktur. Zwar liegt Ostdeutschland, was die Gesamtwirtschaftsleistung betrifft, im innerdeutschen Vergleich noch hinter den westdeutschen Bundesländern zurück. Deren Erfolg ist allerdings auch durch die Wirtschaftskraft grosser Zentren geprägt – wie München, Dortmund, Hamburg und anderer Grossstädte. Darüber hinaus zeigt der grössere Blick auf Europa, dass sich die neuen Bundesländer innerhalb von etwas über zwei Jahrzehnten eine gute Position im oberen Mittelfeld der Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft erarbeitet haben.

Bild: Siemens-Produktion in den neuen Bundesländern / © Siemens

Siemens-Produktion in den neuen Bundesländern
Wo sehen Sie die Herausforderungen für ostdeutsche Unternehmer?

STEINKAT: Eine Herausforderung ist die nach wie vor bestehende sogenannte «strukturelle Konvergenz» zur Wirtschaft in Westdeutschland. So ist die ostdeutsche Wirtschaft im Gegensatz zum Westen vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz geprägt. Der Branchenschwerpunkt ist im Dienstleistungssektor zu finden, während industrielle Betriebe vorwiegend in Zulieferfunktionen positioniert sind. Verstärkt wird dies durch die bekannten Herausforderungen unserer Zeit, wie etwa dem Mangel an qualifizierten Fachkräften, der demographischen Entwicklung und den Schwierigkeiten einer geeigneten Unternehmensnachfolge.

Welche Chancen bestehen für Schweizer Unternehmen in Ostdeutschland?

STEINKAT: Die zentrale Lage in Europa, die flächendeckend moderne Verkehrs- und Infrastruktur und eine günstige Kostenstruktur machen diese Region in Zeiten des starken Schweizer Frankens interessant für die Verbreiterung der eigenen Zulieferbasis im deutschsprachigen Raum. Und dies – für uns hier in der Schweiz ganz wichtig – bei anerkannt hoher Qualität der Produkte.

Aber auch deutlich investivere Schritte – wie etwa eine Ansiedlung oder ein direkter Unternehmenserwerb – sind auch vor dem Hintergrund der starken, regionalen Wirtschaftsförderung denkbar.

Darüber hinaus verfügt Ostdeutschland aus der Historie über eine intensive Vernetzung mit den osteuropäischen Nachbarländern beziehungsweise den BRIC-Staaten.

Übrigens sind wir mit unseren sechs Standorten vor Ort in der Schweiz für unsere Schweizer Firmenkunden sehr gerne das Eingangstor zu unserem dichten Filialnetz in Deutschland – sowie unseren 70 weiteren, internationalen Firmenkundenstandorten und über 5000 Korrespondenzbanken weltweit.

(Bildquelle: © Siemens, Bildtitel: Marc Steinkat, Country Manager der Commerzbank AG Schweiz, im Gespräch)




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