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8. Jun 2022, Wirtschaft | EU-Komission

EU-Kommission geht substanzschwachen EU-Gesellschaften an den Kragen

Nach BEPS 2.0 und Mindeststeuer nun Fokus auf Briefkastenfirmen

Kurz vor Weihnachten 2021 hat die EU-Kommission einen neuen Richtlinienentwurf «ATAD 3» veröffentlicht. Ziel ist die Verhinderung der missbräuchlichen Nutzung von substanzschwachen Gesellschaften – sogenannte Briefkastengesellschaften («shell entities»). Der Entwurf zählt zur «ATAD-Reihe» und knüpft nahtlos an die bereits umgesetzten Massnahmen zur «Bekämpfung von Steuervermeidung und Schaffung eines fairen Steuersystems innerhalb von Europa» an.

Was sind die Ziele?

Briefkastengesellschaften soll es künftig u.a. verwehrt sein Steuervorteile zu beanspruchen, die sich bspw. aus der Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder EU-Richtlinien ergeben soweit diese die steuerliche Ansässigkeit der Gesellschaft voraussetzen. Vielmehr sollen die sogenannten «relevanten Einkünfte» zur Vermeidung von steuerlichen Vorteilen im Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters der Briefkastengesellschaft der dortigen nationalen Besteuerung unterworfen werden. Gemäss aktuellem Entwurf sollen unabhängig von der Rechtsform alle in der EU ansässige Gesellschaften erfasst werden.

Allerdings wären auch in der Schweiz ansässige Gesellschaften betroffen, sofern diese über substanzschwache EU-Tochtergesellschaften verfügen. Es besteht Handlungsbedarf. Insbesondere mit Blick auf künftige Dividendenausschüttungen die bisher bspw. unter der Inanspruchnahme von DBA-Quellensteuerreduktionen («Nullsatz») ausgeschüttet werden; Substanz erfordern derzeit bereits schon nationale Anti-Treaty-Shopping Regelungen, wie bspw. in Deutschland § 50d Abs. 3 Einkommensteuergesetz. Der Einfluss auf Schweizer Gesellschaften könnte daher auf Einzelfälle begrenzt sein.

 

Zweistufiger Substanztest

Die Prüfung, ob Unternehmen künftig Steuervorteile beanspruchen können soll vom Bestehen eines zweistufigen Substanztests abhängen.

Auf der ersten Stufe hat das Unternehmen selbst zu prüfen, ob es als potenzielle Briefkastengesellschaft qualifiziert und somit den Status als «berichtspflichtiges Unternehmen» erhält. Dies soll immer dann der Fall sein, wenn

  1. die Einnahmen in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren zu mindestens 75% aus relevanten Einkünften stammen,
  2. eine grenzüberschreitende Tätigkeit vorliegt und
  3. in den beiden vorangegangenen Wirtschaftsjahren das Management der Gesellschaft betreffend die Verwaltung des Tagesgeschäfts und die Entscheidungsfindung auf eine andere Gesellschaft ausgelagert wurde.
Als relevante Einkünfte werden im derzeitigen Entwurf bekannte «passive Klassiker » aufgeführt, wie bspw. Zins- und Lizenzeinnahmen aber auch Einnahmen aus Dienstleistungen, die an verbundene Unternehmen ausgelagert wurden etc.
 
Werden die Voraussetzungen kumulativ von einem Unternehmen erfüllt, qualifiziert dieses als berichtspflichtiges Unternehmen. In der jährlichen Steuererklärung hat dieses Unternehmen sodann der Finanzbehörde im Ansässigkeitsstaat mitzuteilen, ob ein Mindestmass an Substanz vorliegt (zweite Prüfungsstufe).
 
Für die Mindestsubstanzprüfung auf der zweiten Stufe müssen berichtspflichtige Unternehmen bspw. nachweisen, dass sie eigene oder angemietete Räumlichkeiten nutzen, sie über ein eigenes (EU-) Bankkonto verfügen, die Geschäftsführung im Ansässigkeitsstaat (oder in räumlicher Nähe) verortet ist und dieser ausreichende Entscheidungsbefugnisse zustehen.
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Zeitplan

Die Richtlinie soll bis zum 30. Juni 2023 auf Ebene der Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt und grundsätzlich bereits ab dem 1. Januar 2024 angewendet werden.

Grenzüberschreitend tätige Schweizer Gesellschaften sollten gerade mit Blick auf eine verpflichtende Anwendung ab dem Jahr 2024 analysieren, ob die Voraussetzungen der ersten Prüfungsstufe erfüllt werden und eine entsprechende Dokumentation aufzubauen ist, um die entsprechenden Nachweise für die zweite Prüfungsstufe erbringen zu können.




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