Hauptsächlich die Exporte, welche auf schwierigere Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft treffen, sind der Grund für die Rücknahme der Prognose. Das internationale Handelsumfeld wird durch zunehmend protektionistische Massnahmen und sich verschärfende Handelskonflikte immer mehr beeinträchtigt. Auch wenn die Risiken steigen: der deutsche Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier brachte es kürzlich auf den Punkt: «Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiter im Aufschwung und wird nächstes Jahr ins zehnte Jahr des Aufschwungs gehen. Das ist die längste Aufschwungphase seit 1966, die zweitlängste überhaupt».
Exportmarkt Deutschland: Der grosse Markt vor der Haustüre hat auch seine Tücken
Fast ein Fünftel des weltweiten Schweizer Exports fliesst nach Deutschland
Fast ein Fünftel (18,8%) des weltweiten Schweizer Exports fliesst nach Deutschland. Dabei erweist sich Deutschland als stabiler Abnehmer vieler einschlägiger Exportprodukte wie z. B. aus dem Maschinen und Anlagenbau, der Elektrotechnik und der Metallindustrie, aus dem Automotivbereich, der Chemie- und Pharmaindustrie. Dies ist auf das ausgezeichnete und enge Beziehungsnetz zwischen deutschen Kunden und Schweizer Herstellern, Zulieferunternehmen, Händlern und Käufer zurückzuführen. Die geographische Nähe, keine Sprachbarrieren sowie gleiche Geschäftsgepflogenheiten der Marktteilnehmer, wie Zahlungsmodalitäten und Zahlungssicherheit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit entsprechen den gewohnten geschäftlichen Umfeldbedingungen und erleichtern die Zusammenarbeit.
Schweizer Exporteure positionieren sich in höherpreisigen Marktsegmenten
Doch der grosse Markt «vor der Haustüre» hat auch seine Tücken. Der deutsche Markt ist ungefähr zehn Mal grösser als der Schweizer Markt und liegt in den meisten Branchen preislich deutlich unter dem Schweizer Preisniveau. Deutsche Unternehmen rechnen meist in sehr grossen Stückzahlen, da die deutsche Wirtschaft einerseits international ausgerichtet ist, etwa gleich wie die Schweizer Wirtschaft, jedoch andererseits mit dem eigenen Binnenmarkt economies of scale nutzen können. Eine geschickte Positionierung auf bestimmte wertschöpfungsintensive und höherpreisige Marktsegmente nutzen denn auch Schweizer Exporteuren eher, als den Preiswettbewerb im Niedrigsektor aufzunehmen.
Gute Vertriebspartner sind aktuell schwer zu finden
Die Wahl des richtigen Absatzweges stellt die hiesigen Firmen auch immer wieder vor grosse Herausforderungen. Soll der deutsche Markt z. B. im direkten Export, mit Hilfe von Handelsvertretern oder auf dem Wege der Gründung eigener Niederlassungen bearbeitet werden? Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht. Die Frage muss je nach Firma und momentaner Marktposition individuell beantwortet werden. Gute Vertriebspartner sind aktuell auf dem deutschen Markt schwer zu finden und bei den hohen Anfangsinvestitionen bei der Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft, bleibt für viele KMUs nur der direkte Absatzweg zum Kunden. In der Zulieferwirtschaft und auch in der Konsumgüterbranche, in der häufig die Geschäftsanbahnung über Online-Plattformen oder zentrale Listung stattfindet, ist dies im Gegensatz zu noch vor einigen Jahren, schon selbstverständlich. Wo jedoch die Besuchshäufigkeit zum Kunden, Mentalitätsfragen im Geschäftsumfeld, beim Management und den Mitarbeitenden eine Rolle spielt, ist der Einsatz von heimischen Vertriebspersonal und/oder Vertriebspartnern nicht wegzudenken. Geduld, Ausdauer und eine gute Marktkenntnis und eine seriöse Beratung sind bei der Wahl und Ausgestaltung der Absatzwege unabdinglich.
Nord- und Ostdeutschland bieten weitere Marktpotentiale
Für viele Schweizer Unternehmen kann der deutsche Markt auch in Zukunft weitere Potentiale bieten, da diese oft nicht ausgeschöpft sind. Gerade für kleine und mittelständische Firmen kann es lohnender sein, sich mit der Exportintensivierung auf dem deutschen Markt, anstatt sich mit der Erschliessung eines gänzlich weiteren Exportlandes zu beschäftigen. Als Beispiel mag gelten, dass viele Schweizer Betriebe ihre Aktivitäten vor allem auf den süddeutschen Raum konzentrieren. Dabei könnten auch in Nord- oder Ostdeutschland noch Marktanteile dazugewonnen werden.