Stimmen für die Industrie
8. Jan 2018, Wirtschaft | Politik

Gesucht: Stimmen für die Industrie

Ein politisches Mandat mit einer beruflichen Karriere zu vereinen, ist schwierig. Wie können die Arbeitgeber der Industrie ihre Mitarbeitenden in einer politischen Laufbahn unterstützen?

Ohne engagierte Personen, welche freiwillig ein politisches Amt übernehmen, würde die Schweiz nicht funktionieren. Vier von fünf Gemeinderäte sind ehrenamtlich tätig. Immer mehr Gemeinwesen haben jedoch Schwierigkeiten, ihre Positionen zu besetzen.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Chur hat in einer Studie untersucht, weshalb im Kanton Graubünden auf ein Amt verzichtet wird. Die Belastung und die Problematik der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politischer Tätigkeit schwingen dabei oben aus. Die Studienautoren konstatieren aber auch, dass es ungenutzte Potentiale gerade zur besseren Vereinbarkeit gäbe.

Industrie ist in Politik unzureichend vertreten

Auch in der Industrie, ein wesentlicher Teil der Volkswirtschaft, gibt es Nachholbedarf in Sachen politischer Repräsentation. Grund dafür ist, dass immer weniger Personen aus leitender Stellung in einem Industriebetrieb eine politische Karriere mit ihrer Doppelbelastung auf sich nehmen.

Swissmem hat in einer eigenen Untersuchung erhoben, wie viele Personen in kantonalen Parlamenten und in den Parlamenten der grössten Städte in der Industrie arbeiten oder zumindest einen Bezug zu ihr aufweisen. Dies trifft nur auf eine Handvoll Parlamentarier und auf noch weniger Parlamentarierinnen zu. Auf nationaler Ebene zeigt sich das gleiche Bild. Die Industrie ist damit in der Politik weder entsprechend ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung, noch ihrer Anzahl Arbeitsplätze, vertreten.

Die Frage stellt sich also, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden vermehrt in der Wahrnehmung politischer Mandate unterstützen können. Dabei sollte das unternehmerische Bekenntnis für das Milizprinzip im Vordergrund stehen. Grundlegend ist, mit einer grundsätzlich offenen und wertschätzenden Betriebskultur die notwendige Voraussetzung zu schaffen.

Frühes Gespräch und zeitliche Flexibilität

Selbstverständlich müssen die betrieblichen Ansprüche und die Erfordernisse eines Mandates individuell abgesprochen werden. Es ist notwendig, dass beide Seiten frühzeitig Probleme ansprechen und ihre Rollen sowie mögliche Rollenkonflikte klären. Ratsam ist, dies vor einer Kandidatur zu tun und nicht erst, wenn ein Mandat errungen wurde. An einem engen Austausch führt also kein Weg vorbei.

Oft bedingen politische Ambitionen bereits im Wahlkampf eine grössere zeitliche Flexibilität, geschweige denn für die Amtsführung selbst. Manche Unternehmen stellen eine gewisse Anzahl Tage oder Stunden für die Politik frei zur Verfügung. Andere schaffen die nötigen Spielräume für flexibles Arbeiten, etwa mit einer Jahresarbeitszeit. Ebenfalls denkbar ist die Reduktion des Arbeitspensums, wobei die finanzielle Komponente – oft resultiert ungeachtet der Vergütung des Amtes netto ein Lohnausfall – nicht unterschätzt werden sollte.

Vereinbarkeit von Beruf, Politik und Familie

In kleineren Betrieben werden vielfach individuelle Lösungen gesucht, während grosse Betriebe dafür eigene Reglemente erlassen und interne Anlässe für Mandatsträger veranstalten. Zusätzlich kann die Infrastruktur des Unternehmens zur Verfügung gestellt werden, etwa Sitzungsräume oder die IT.

Dass die Vereinbarkeit von Beruf, Politik und Familie eine Herausforderung darstellt, ist in der heutigen Gesellschaft eine Tatsache. Die Unternehmen können jedoch den Mitarbeitenden Steine aus dem Weg räumen, welche ein politisches Engagement behindern. Davon profitieren beide Seiten. Und nicht zuletzt leisten die Arbeitgeber einen wesentlichen Beitrag zum Funktionieren unseres Landes.

Swissmem unterstützt Mitgliedsfirmen

Für Swissmem ist unbestritten, dass die Schweizer Politik von erfahrenen Persönlichkeiten aus der Industrie profitieren würde. Deshalb ist es wichtig, dass die Betriebe nach Möglichkeit ihre Mitarbeitenden unterstützen. Swissmem berät die Mitgliedsfirmen in der arbeitsrechtlichen Ausgestaltung von speziellen Vereinbarungen mit politisch aktiven Mitarbeitenden. Ebenfalls ist Swissmem Ansprechpartnerin für politische Themen und Geschäfte, welche die Industrie betreffen.




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