Diese Tradition verknüpft das Glarnerland mit Innovation und Dynamik. Unternehmen finden hier wirtschaftsfreundliche Behörden, ein günstiges Steuerklima sowie ein innovationsfreundliches Umfeld. Das sorgt für ideale Bedingungen für Firmen und Angestellte.
Ja genau – Glarus, das liegt irgendwo zwischen Zürich und Chur. Tatsächlich liegt dieses Irgendwo nahe an diesen beiden Zentren. Von Glarus aus sind sowohl Zürich, Chur und nicht zuletzt St. Gallen in gut einer Stunde erreichbar – und umgekehrt. Seine Lage lässt den Kanton nicht ganz einfach einordnen. Wirtschaftlich und kulturell ist er mit Zürich verbunden. Im Gesundheitswesen kooperiert er mit Graubünden. Geografisch und politisch zählt er zur Ostschweiz. Die Lage führt gleichzeitig zu Unverwechselbarkeit und Flexibilität der Menschen und der Unternehmen, für die sie arbeiten. Und die Lage erfordert Pragmatismus sowie wechselnde Koalitionsbereitschaft.
Klischees und Unerwartetes
Nebst seinen Merkmalen im Bereich der Klischees – Berge, Schabziger, Landsgemeinde und Vreni Schneider – ist der Kanton Glarus hoch industrialisiert. Wer hätte gedacht, dass der Bergkanton mit 40‘000 Einwohnern schweizweit die höchste Dichte an Technologiefirmen hat – etwa aus den Bereichen Kunststofftechnik, Maschinen- und Anlagebau, Elektronik, Fahrzeugtechnik und Textilien? Weitere Schlüsselbranchen sind Pharmazie und Nahrungsmittelproduktion. So gut wie alle ansässigen Firmen fallen in die Kategorie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Geografische Lage und Anbindung könnten besser nicht sein: Per Autobahn oder Zug ist man in einer Stunde in der Zürcher City oder am internationalen Flughafen Zürich. Dazu kommt das Potenzial an Arbeitskräften: Mitarbeitende zeichnen sich aus durch Flexibilität und Arbeitsmoral. Mit vielfältigen Freizeitmöglichkeiten wie Baden, Wandern oder Skilaufen und günstigen Lebenshaltungskosten bietet der Kanton Glarus eine unvergleichliche Lebensqualität, die auch Fachleute von ausserhalb anzieht.
Wachsende Konjunktur, steigende Exporte
2018 wurden im Kanton Glarus über alle Rechtsformen hinweg 189 Firmen eingetragen. Das entspricht einem Zuwachs von acht Prozent und ist schweizweit ein Spitzenwert. Nur die Neugründungen (159) betrachtet, beträgt der Zuwachs sogar 20 Prozent. Das ist der zweite Platz hinter Appenzell Ausserrhoden. Aus den 30 durch die Standortförderung beratenen potenziellen Investoren sind im Kanton Glarus vier in- und ausländische Firmen neu entstanden. Damit wurden 32 Arbeitsplätze neu geschaffen – ein Plus von 14 Prozent. Die Glarner Wirtschaft hat sich 2018 auch insgesamt erfreulich entwickelt. Das reale Wirtschafts-wachstum liegt mit +2.7 Prozent leicht über dem Schweizer Mittel. Auch das Wachstum der Glarner Exporte liegt über demjenigen der Schweiz (+6.1 Prozent auf 662 Millionen Franken, Schweiz +5.7 Prozent).
Erster Schweizer Helikopter aus Mollis
Unter den ansässigen Firmen besonders beachtet wird derzeit die Kopter Group. Das Unternehmen baut in seinen Produktionshallen auf dem Flugplatz Mollis eine neue Generation von Helikoptern mit Turbinenantrieb. Ziel des weltweit agieren-den Hightech-Betriebs mit insgesamt 200 Angestellten – davon 82 in Glarus Nord – ist es, in den kommenden fünf Jahren das Volumen der in Mollis ausgelieferten Helikopter auf 50 Stück pro Jahr zu steigern. Die Nachfrage macht diese Pläne möglich: Für das neue Modell liegen bereits zahlreiche Bestellungen vor. Kopter steht damit am Anfang einer mindestens dreissigjährigen Produktionsphase. Das dafür geplante Integrationszentrum für die Baugruppen Getriebe, Rotorkopf, Rotorblatt und Airframe benötigt neue, hochqualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze. Die für Europa vorgesehenen Helikopter werden in Mollis hergestellt, eingeflogen und übergeben. Mit allen Zulieferfirmen könnten daraus in einigen Jahren mehrere hundert Arbeitsplätze entstehen.
Gebündelte Kompetenzen im Heli-Cluster
Das mit den Aktivitäten der Flugbranche verbundene Helikopter Cluster ist für den Wirtschaftsstandort Glarus vielversprechend. 2016 gründeten das Swiss Aerospace Cluster, Marenco Swisshelicopter (heute Kopter Group) und Europoles Suis-se das Swiss Helicopter Center of Competence Mollis, Glarus Nord. Einerseits kann damit das traditionell in Mollis beheimatete Schweizer Helikopter-Knowhow gebündelt und vertieft werden. Andererseits positioniert sich das Heli-Cluster mit seinen Pilotentrainings, Transportflügen, Landeplatzinfrastrukturen und Wartungen als Helikopter-Kompetenzzentrum von internationaler Ausstrahlung. Das Molliser Cluster stärkt die gesamte Branche in der Schweiz.
Traditionelle Glarner Firmen setzen auf Innovation
Auch lang ansässige Unternehmen inspirieren die wirtschaftliche Entwicklung im Glarnerland. Auf über 60 Jahre Firmengeschichte blickt die Hans Eberle AG. Die Blechbearbeiterin beschäftigt 150 Mitarbeitende in Ennenda. In den Auftragsbüchern steht ein mehrjähriger Grossauftrag für Kaffeemaschinen-Blechteile. Mit drei Maschinen des gleichen Typs verfügt die Firma über das modernste Zuschneidecenter der Schweiz. Auch der bekannte Schokoladenhersteller Läderach kennt seine Heimvorteile im Kanton Glarus. Das Familienunternehmen mit Betrieben in Ennenda und Bilten beschäftigt 500 Mit-arbeitende, baut weiter aus und hat über 60 Filialen im In- und Ausland.
Präzis auf Zukunftskurs
Eine der grössten Arbeitgeberinnen ist die Kunststoff Schwanden AG. Sie entwickelt, produziert und veredelt thermoplastische Kunststoffteile für Haushaltmaschinen, Telekomprodukte, Automobile und hat 2018 über ihr neues Standbein im Bereich Lebensmittelverpackung informiert. Auch die Netstal Maschinen AG ist eine der grössten privaten Arbeitgeberinnen. Seit 60 Jahren zählt sie zu den führenden An-bietern hochpräziser Kunststoff-Spritzgussmaschinen. Die Firma setzt weltweit Standards – zum Beispiel bei der Herstellung von Maschinen zur Produktion von PET-Gefässen. Unter den Start-ups fällt mit Stat Peel ein Unternehmen der MedTech-Branche auf. Es ist über die ganze Welt von den USA über Europa bis nach Asien verteilt und erstellt Lösungen zur Überwachung der Nanofaser-Exposition.
Förderung der Innovationsstimmung
Glarner Unternehmen produzieren, rekrutieren, verkaufen und denken über die kantonalen Grenzen hinaus. So ist Glarus langjähriges Mitglied der Greater Zurich Area (GZA) und fördert die Hochschule für Technik Rapperswil (HSR). Auf diesem Nährboden für Innovation baut die kantonale Wirtschaftsförderung auf. Das bereits verankerte Netzwerk im Kanton stärkt sie mit Impuls-Vorträgen an Innovationsapéros und ermöglicht bestehenden Firmen sowie Start-ups den Zugang zu Wissen und potenziellen Finanzierungsquellen. Die Innovationsförderung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Glarner Gewerbeverband, der Glarner Handelskammer, Hochschulen und dem Institut für Jungunternehmen (IFJ). Mit letzterem organisiert die Kontaktstelle für Wirtschaft Kurse zum Beispiel zum Thema Firmengründung. Auch das Trendthema Digitalisierung ist mit Initiativen wie «NüGlarus», «Digital Glarus» oder den an internationalen Robotik-Wettbewerben erfolgreichen Glarner Kantonsschülern angekommen.
Zukunftspotenzial aus Vergangenheit
Im Kanton Glarus entwickelt sich derzeit ein Think Tank für nachhaltiges Wirtschaften mit Fokus auf «Sustainable Textiles». Das ist kein Zufall, denn die Textilindustrie hat in Glarus Tradition. Im 19. Jahrhundert erlangte sie weltweite Bedeutung. Im 21. Jahrhundert knüpft der Kanton Glarus an die Textiltradition von einst an: 2016 wurde Glarus Nord die erste «Fair Trade Town» der Schweiz. Die grösste Glarner Gemeinde beherbergt denn auch die Inno-vationsplattform Kerenzerberg. Vor diesem Hintergrund formiert sich mit dem Zukunftsforum «Ethical Fashion Switzerland» eine Stimme für «Sustainable Textiles» in der Schweiz. 2018 findet das dritte Forum dazu statt, das sich als Sprachrohr für eine nachhaltige und faire Textilwirtschaft versteht. Auch der Tagungsort im Seminarhotel Lihn setzt auf Nachhaltigkeit. Neben sozialtherapeutischen Ange-boten stehen nachhaltiger Umgang mit naturnahen, fairen und regionalen Produkten auf der Agenda.
Alte Fabriken für neue Bedürfnisse
Das Glarner Wirtschaftsarchiv in Schwan-den widmet sich der reichhaltigen Wirt-schaftsgeschichte des Kantons Glarus. Die Industrialisierung prägt auch heute noch das Landschaftsbild mit architektonischen Zeitzeugen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Wo früher Maschinen ratterten, entsteht neuer Raum für Arbeit, Wohnen und Kultur. So beherbergt zum Beispiel das Jenny Areal in Ziegelbrücke die Carlsberg Supply Company AG mit modernsten Büroräumen und Direktanschluss an die Autobahn sowie den öffentlichen Fernverkehr. Im Linthpark Glarus Süd ist aus einer ehemaligen Spinnerei ein vielschichtiges Projekt entstanden mit einem Gesundheits- und Präventionszentrum, einem eigenen Wasserkraftwerk und Platz für Kultur und Gewerbe. Auf dem Legler-Areal in Diesbach, wo einst Jeans hergestellt wurden, lässt Arealentwicklerin HIAG ein alpines Coworking Retreat entstehen, das digital arbeitende Menschen anziehen soll. Im Industriebrachenverzeichnis des Kantons Glarus sind über 20 Objekte zu finden. Das Ziel ist, die alten Gebäude wieder sinnvoll zu nutzen.