Grenzüberschreitender Immobilienbesitz
14. Nov 2019, Recht & Steuern | Immobilien

Grenzüberschreitender Immobilienbesitz

Infolge der engen Beziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland trifft man den grenzüberschreitenden Immobilienbesitz häufig an. Gerne beleuchten wir nachfolgend die Steuerfolgen von ausgewählten Konstellationen.

Für die Vereinfachung gehen wir bei den nachfolgenden Ausführungen bei «Deutschen» von Personen mit Wohnsitz in Deutschland aus, bei «Schweizern» von Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Im Weiteren gehen wir bei unseren Ausführungen davon aus, dass es sich bei den Immobilien steuerlich um Privatvermögen handelt.

1. Wohnsitz Deutschland – Immobilienbesitz in der Schweiz
Bei dieser Ausgangslage sind folgende Punkte zu beachten:
 
1.1 Erwerb der Liegenschaft
Durch den Erwerb der Liegenschaft wird in der Schweiz eine beschränkte Steuerpflicht begründet. Beim Kauf fällt je nach Kanton, in dem das Grundeigentum gelegen ist, die Handänderungssteuer an, welche rund 1–3% vom Kaufpreis beträgt.
 
1.2 Jährliche Einkommenssteuern
Die der Immobilie zugehörigen Erträge (Mietzinseinnahmen oder Eigenmietwert) werden in der Schweiz besteuert. Beim Eigenmietwert handelt es sich um einen fiktiven Mietwert, welcher bei Selbstnutzung steuerlich angerechnet wird. Dieser Eigenmietwert beträgt in der Regel rund 70–80% der Marktmiete und ist politisch umstritten (aktuell wird über die Abschaffung diskutiert). Bedeutsam ist, dass der ganze jährliche Eigenmietwert bei Ferienwohnungen/ -häusern berechnet wird, auch wenn das Objekt nur teilweise benutzt wird.
 
In der Schweiz relevante Abzüge sind Unterhaltskosten (effektiv oder pauschal) sowie die anteiligen Schuldzinsen. Die Abzugsmöglichkeiten sind im Vergleich zu Deutschland eingeschränkt, es können werterhaltende Kosten (z. B. Reparatur, Ersatz), Versicherungsprämien und Dritt-Verwaltungskosten geltend gemacht werden. Ferner können u.U. Investitionen für Energiesparen und Umweltschutz steuerlich berücksichtigt werden. Kein Abzug bei Liegenschaften im Privatvermögen ist für Abnutzung (Abschreibungen) möglich. In jeder Steuerperiode ist die Abzugsmöglichkeit frei wählbar (effektiv oder pauschal).
 
Der Pauschalabzug wird von den Mieteinnahmen resp. Eigenmietwert berechnet und beträgt in der Regel 10–20% (je nach Kanton und Alter der Liegenschaft). Beim Abzug der Schuldzinsen ist zu beachten, dass diese im internationalen Verhältnis nach Lage der Aktiven verteilt werden. Hat beispielsweise ein deutscher Immobilienbesitzer (umgerechnet) CHF 4 Mio. Wertschriftenvermögen in Deutschland und eine Liegenschaft mit einem Steuerwert von CHF 1 Mio. in der Schweiz, so werden nur 20% der Schuldzinsen der Schweizer Hypothek in der Schweiz angerechnet, im Gegenzug werden aber auch von möglichen Schuldzinsen in Deutschland 20% berücksichtigt. Bei der Steuersatzbestimmung ist zu beachten, dass die Schweiz das weltweite Einkommen berücksichtigt. Es ist somit eine ordentliche Steuererklärung mit dem weltweiten Einkommen und Vermögen einzureichen.
 
In Deutschland werden die Erträge (mit Ausnahme vom Eigenmietwert) ebenfalls der Einkommenssteuer unterworfen (Welteinkommensprinzip). Die Steuerbemessungsgrundlage ist jedoch i.d.R. niedriger, da sie nach dem abweichenden deutschen Steuerrecht zu ermitteln ist (siehe Ziffer 3.2). Die Doppelbesteuerung wird vermieden, indem die in der Schweiz bezahlte Steuer an die deutsche Steuer angerechnet wird.
 
1.3 Veräusserung der Liegenschaft in der Schweiz
Bei einer Veräusserung der Liegenschaft fällt in der Schweiz die Grundstückgewinnsteuer an, dies auf der Differenz zwischen den Anlagekosten (Kaufpreis und wertvermehrende Investitionen) und dem Verkaufspreis. Im Wohnsitzstaat Deutschland wird die Veräusserung der Liegenschaft grundsätzlich ebenfalls besteuert, der deutsche Fiskus rechnet aber die in der Schweiz bezahlte Steuer an. Interessant ist, dass in Deutschland die Besteuerung entfällt, wenn die Liegenschaft länger als zehn Jahre gehalten oder ausschliesslich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Die Ausnahme gilt auch für eine Ferienwohnung.
 
1.4 Fallstricke und Optimierungsmöglichkeiten
Die Schuldzinsen werden nach Lage der Aktiven verteilt. Es kann also durchaus sein, dass Schuldzinsen einer Schweizer Hypothek steuerlich anteilig ins Leere fallen. Beim Kauf einer Liegenschaft als Kapitalanlage könnte geprüft werden, ob diese allenfalls via Immobiliengesellschaft erworben werden soll, damit die Schuldzinsen vollständig geltend gemacht werden können.
 
Aufgrund der Möglichkeit, dass in der Schweiz die Unterhaltskosten jährlich effektiv oder pauschal geltend gemacht werden können ist es empfehlenswert, die Unterhaltsarbeiten auf ein Jahr zu konzentrieren und in den übrigen Jahren den Pauschalabzug zu wählen.
2. Wohnsitz Schweiz – Immobilienbesitz in Deutschland
Wohnsitz Schweiz mit Immobilienbesitz in Deutschland führt zu folgenden steuerlichen Konsequenzen:
 
2.1 Erwerb der Liegenschaft / Real- und Vermögensteuer
Infolge Erwerbs von Grundeigentum in Deutschland entsteht eine beschränkte Steuerpflicht. Beim Kauf fällt Grunderwerbssteuer an, welche je nach Bundesland zwischen 3.5 und 6.5% des Kaufpreises ausmacht. Deutschland hat seit 1995 die Vermögensteuer abgeschafft. Für Grundstücke erheben die Gemeinden allerdings überschaubare Grundsteuern, die politisch derzeit heftig diskutiert werden.
 
2.2 Jährliche Einkommenssteuern
Besteuert in Deutschland werden, im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht, die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, eine Besteuerung der Eigennutzung erfolgt nicht. Sämtliche der Liegenschaft wirtschaftlich zuordenbaren Kosten können geltend gemacht werden, z.B. solche für Unterhalt, Schuldzinsen, Instandhaltungen etc., v.a. aber – dies im Unterschied zur Schweiz – sind Abschreibungen (AfA) auf der Immobilie steuerlich abzugsfähig. Die Abschreibung beträgt zwischen 2 und 3% der Gebäudeanschaffungskosten, politisch diskutiert werden derzeit Sonderabschreibungen zur Wohnbauförderung. Schuldzinsen können in voller Höhe abgezogen werden, soweit Darlehen der Finanzierung des Objektes (auch für laufende Unterhaltskosten) zugeordnet werden können. Dies führt i.d.R. zu einer niedrigeren Bemessungsgrundlage als in der Schweiz, aber zu u.U. höheren Steuersätzen. Steuerliche Liegenschaftsverluste können mit anderen Einkünften voll verrechnet werden.
 
Die in Deutschland gehaltene Liegenschaft muss in der Schweizer Steuererklärung deklariert werden. Die Mietzinserträge (abzüglich der Unterhaltskosten) werden in der Schweiz nicht besteuert, aber bei der Satzbestimmung berücksichtigt (Progressionsvorbehalt). Ein Gewinnungskostenüberschuss (d. h. wenn die Liegenschaftsunterhaltskosten höher sind als die Erträge) wird in der Schweiz bei der direkten Bundessteuer nur steuersatzbestimmend berücksichtigt. Eine kleine Minderheit der Kantone hingegen lässt bei den kantonalen Steuern eine Verrechnung des ausländischen Gewinnungskostenüberschusses mit dem Einkommen in der Schweiz zu. Die Schuldzinsen werden aus Schweizer Optik nach Lage der Aktiven verteilt. Dieses System hat zur Folge, dass Schuldzinsen von Krediten auf deutschen Immobilien in der Schweiz teilweise ebenfalls effektiv in Abzug gebracht werden können. Da in Deutschland der Schuldzinsabzug objektmässig erfolgt, kann somit u.U. ein doppelter Schuldzinsabzug resultieren.
 
2.3 Veräusserung der Liegenschaft in Deutschland
Die Veräusserung der Liegenschaft ab zehn Jahre nach Erwerb löst in Deutschland keine Steuern aus. Nur bei Veräusserung innerhalb einer (sog. Spekulations-) Frist von zehn Jahren fällt Einkommenssteuer an, dann allerdings in Höhe der Differenz zwischen Buchwert und Verkaufspreis. Wird eine in Deutschland gelegene Liegenschaft veräussert, welche Privatvermögen darstellt, so handelt es sich aus Sicht der Schweizer Steuerbehörden um einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn.
 
2.4 Fallstricke und Optimierungsmöglichkeiten
Bei Erwerb einer selbst genutzten Immobilie von Schweizern in Deutschland ist vorab zu prüfen, ob nach dem Doppelbesteuerungsabkommen eine sog. überdachende Besteuerung in Deutschland begründet wird. Dies kann zu einer erheblichen Verlagerung der Einkommensbesteuerung nach Deutschland führen und deshalb ein Grund sein, vom Erwerb abzusehen.

Es gibt aber auch positive Aspekte, insbesondere bei in Deutschland immer noch günstigeren Anlageobjekten. Wird die in Deutschland gelegene Liegenschaft finanziert, kann aufgrund der verschiedenen Systeme (Deutschland objektmässiger Schuldzinsabzug, Schweiz Schuldzinsabzug nach Lage der Aktiven) u.U. eine doppelte steuerliche Anrechnung von Schuldzinsen erreicht werden. Ebenfalls kann nach einer Haltedauer von mehr als zehn Jahren ein in beiden Staaten steuerfreier Kapitalgewinn aus dem Verkauf erzielt werden. Zu beachten ist, dass beim Kauf einer Liegenschaft in Deutschland sich in der Schweiz im Normalfall der Steuersatz erhöht, da die zusätzlichen Nettoerträge satzbestimmend berücksichtigt werden. Ebenfalls ist der Effekt auf die Steuerausscheidung in der Schweiz zu beachten: Da diverse Abzüge (Sozialabzüge, Unterhaltsbeiträge/ Alimente) im Verhältnis vom Nettoeinkommen verteilt werden, hat dies zur Folge, dass beispielsweise ein Teil der geleisteten Alimentenzahlungen von den Schweizer Steuerbehörden nach Deutschland ausgeschieden, in Deutschland diese aber nicht geltend gemacht werden können und somit ins Leere fallen. Bei dieser Konstellation wäre zu prüfen, ob in Deutschland die sog. Grenzpendlerregelung greift (mehr als 90% der Einkünfte in Deutschland) oder die Liegenschaft beispielsweise über eine juristische Person gehalten werden soll.

3. Erwerb über eine Immobiliengesellschaft

Allenfalls kann es Sinn machen, die (Kapitalanlage-) Liegenschaft über eine Immobiliengesellschaft zu erwerben. Dies kann sowohl eine Schweizer Gesellschaft (mit deutscher Betriebsstätte) oder eine deutsche Gesellschaft mit Schweizer Anteilseignern sein. In Betracht kommen hier aus deutscher steuerlicher Sicht v.a. die GmbH (Steuersatz nur 15%, aber Besteuerung des Veräusserungsgewinns) oder eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG (steuerliches Privatvermögen).

4. Fazit

Beim Immobilienerwerb über die Grenze ist es unerlässlich, dass vorgängig die steuerlichen Konsequenzen simuliert werden. Die nötigen Vorkehrungen (z.B. Gründung Immobiliengesellschaft, optimale Finanzierung der Liegenschaft) sind zu treffen, bevor die Liegenschaft erworben wird.




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