Gemäss Schätzungen sollen rund 30% der in der Schweiz beschäftigten Personen diese Art der Arbeitsausführung während der Zeit des Lockdowns wahrgenommen haben. Gewisse Branchen halten bis heute am Homeoffice fest. Bei der Verschärfung der gelockerten Massnahmen kehren zudem erneut viele Mitarbeitende ins Homeoffice zurück. Mit Blick auf das schweizerische Arbeitsrecht wird nachfolgend in kurzer gedrängter Form eine Übersicht zu den «Spesen» und zum Homeoffice zur Verfügung gestellt.
Homeoffice und Spesen in der Schweiz – eine Übersicht
In der Schweiz lassen die Arbeitgeber ihre Spesenreglemente häufig von den zuständigen Steuerbehörden genehmigen; dies erleichtert sowohl dem Arbeitgeber wie auch den Mitarbeitenden den administrativen Aufwand mit den Behörden. Diese Reglemente sind grösstenteils deckungsgleich mit den von der Schweizerischen Steuerkonferenz SSK erarbeiteten Musterreglementen. Aus rein pragmatischen Gründen verwenden viele Arbeitgeber diese Musterreglemente und lassen sie durch die kantonale Steuerbehörde genehmigen. Nur das Musterreglement für Non-Profit-Organisationen der SSK sieht eine Regelung vor. Darin ist geregelt, dass «für die übrigen Spesen wie Parkgebühren, Telefongebühren, Briefmarken sowie für die Benützung privater Einrichtungen wie Büroraum und Büroeinrichtung» eine jährliche Spesenpauschale von insgesamt höchstens CHF 1'000.00 ausgerichtet werden darf. Fehlen bei Ihnen aktuell solche Bestimmungen, sind diese anzupassen. Wie sind nun Spesen im Obligationenrecht geregelt?
Die gesetzliche Regelung des Einzelarbeitsvertrages (im Schweizerischen Obligationenrecht, OR) unterteilt die umgangssprachlichen «Spesen» (i) in die Auslagen im Allgemeinen (Art. 327a OR), (ii) in die Arbeitsgeräte und das Material (Art. 327 OR) sowie (iii) in die Nutzung eines Fahrzeugs für geschäftliche Zwecke (Art. 327b OR).
(i) Der Arbeitgeber hat dem Arbeit- nehmer alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstehenden Auslagen zu ersetzen. Dabei müssen nur diejenigen Auslagen ersetzt werden, welche ein sorgfältiger Arbeitnehmer als notwendig für die Erfüllung der Arbeitsleistung ansehen durfte. Darüber hinaus müssen die Auslagen in einem Zusammenhang mit der Arbeitsausführung stehen und aufgrund dieser angefallen sein. Zu denken sind an Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten im Rahmen der Arbeitstätigkeit sowie Repräsentationsausgaben (Einladungen im üblichen, angemessenen Rahmen) und kleine Kundengeschenke. Sofern vertraglich vereinbart oder durch einen Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen, können auch Pauschalentschädigungen vereinbart werden. Diese (echten) Spesenpauschalen decken im Durchschnitt die effektiv notwendigen Auslagen über einen entsprechend langen Zeitraum (bspw. 12 Monate).
Allzu grosszügig gewährte Pauschalspesen, sog. unechte Pauschalspesen, gelten im Übrigen als versteckter Lohn und sind zudem bei einer Freistellung des Mitarbeitenden geschuldet.
(ii) Die für die Ausübung der dienstlichen Tätigkeit benötigten Geräte und das Material sind dem Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen, soweit nichts anderes verabredet oder üblich ist. Zu denken ist an die besondere Berufsbekleidung, den Laptop, das Mobiltelefon oder die übliche Büroinfrastruktur bzw. die zur Ausübung erforderlichen Gerätschaften. Stellt der Mitarbeitende diese selbst zur Verfügung, ist er angemessen zu entschädigen, soweit nicht eine Abrede oder die Übung eine Entschädigungslosigkeit vorsehen. Eine solche (im Übrigen kaum anzutreffende) Übung fand sich bisher bei Köchen mit Bezug auf ihre Messer.
(iii) Für die Benützung eines Fahrzeugs bei der Ausübung der Tätigkeit sind dem Mitarbeitenden die üblichen Aufwendungen für den Betrieb und für den Unterhalt nach Massgabe des Gebrauchs (Benzin, Pneus, Service, Reinigung, Wartung, etc.) zu vergüten, soweit die Benützung mit Einverständnis des Arbeitgebers erfolgt; bei einem Fahrzeug des Mitarbeitenden sind überdies die öffentlichen Abgaben (Steuern), die Prämie für die Haftpflichtversicherung und eine angemessene Entschädigung für die Abnützung geschuldet. Üblicherweise sind Pauschalierungen pro Kilometer vorgesehen, welche auch die Abnützung berücksichtigen. Um vor allem bei Unfällen den Schaden überblickbar zu halten, empfiehlt sich eine vertragliche Pflicht, eine Vollkaskoversicherung bei privat genutzten Fahrzeugen vorzusehen.
Erlaubt sei der Hinweis, dass im Grundsatz die Ausübung der Arbeit am bisherigen, gewöhnlichen Ort der Arbeitsverrichtung zu erfolgen hat und der Arbeitgeber nicht einseitig und sofort dem Mitarbeitenden einen anderen Arbeitsort zuweisen darf. Fehlen entsprechende Regelungen im Arbeitsvertrag ist ein abrupter Wechsel des Arbeitsortes nicht zulässig. Ausnahmsweise und in begründeten Fällen, so wie beispielsweise bei einer Pandemie, kann eine entsprechende, vorübergehende Veränderung des Arbeitsortes angezeigt sein.
Welche Auslagen sind nun vom Arbeitgeber dem Mitarbeitenden zu entschädigen, wenn die Arbeit im Homeoffice verrichtet wird? Abhängig davon, ob Homeoffice auf Wunsch des Mitarbeitenden erfolgt, ob der Arbeitgeber diese Möglichkeit einräumt oder ob besondere Umstände (Pandemie) vorliegen, ergeben sich unterschiedliche Antworten.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, dem Mitarbeitenden die Möglichkeit einzuräumen, seine Arbeit auch von zu Hause aus erbringen zu können. Will er diesem Wunsch entsprechen, kann er Homeoffice zulassen. Sofern der Mitarbeitende in den Betriebsräumen des Arbeitgebers einen Arbeitsplatz zur Verfügung hat, kann vereinbart werden, dass der Arbeitgeber keine Auslagen betreffend Homeoffice (erhöhte Stromkosten, Miete, Nutzungsentschädigung für Stuhl, Pult, etc.) zu ersetzen hat.
Sofern Homeoffice angeordnet wird, sind dem Mitarbeitenden die Auslagen und eine angemessene Entschädigung für die Arbeitsgeräte und das Material zu ersetzen. Da die Kosten einzelner Auslagen bzw. deren effektiver Anteil für die Arbeitserbringung (erhöhte Stromkosten, Anteil der Internetnutzung für die Arbeit, etc.) bzw. deren Berechnung kaum umsetzbar sind, drängt sich eine Pauschalierung derselben auf. Jährliche Pauschalen von CHF 200.00 bis CHF 1'000.00 zur Abgeltung dieser Auslagen sind anzutreffen. Zudem stellen die Arbeitgeber häufig Bürostühle und die nötige IT-Ausrüstung (Laptop, Bildschirm, Tastatur, Maus etc.) zur Verfügung, um ideale Voraussetzungen zur Arbeitserbringung sicherzustellen und um zu verhindern, dass der Mitarbeitende seine privaten Geräte und seine private Infrastruktur nutzen muss. Darüber hinaus kommt der Arbeitgeber auch seinen Fürsorgepflichten nach und hält die Vorschriften des Gesundheitsschutzes gemäss Arbeitsgesetz ein, insbesondere mit Bezug auf die Sitzgelegenheit.
Aufgrund fehlender Urteile kann aktuell als ungeklärt gelten, ob die Auslagen infolge Homeoffice-Arbeit während des Lockdowns zwingend zu ersetzen sind. Tendenziell müssen diese nicht ersetzt werden.
Wie eingangs erwähnt, müssen die Auslagen in einem Zusammenhang mit der Arbeitsausführung stehen und aufgrund dieser angefallen sein. Zu denken ist beispielsweise an den Internetzugang, welcher – sofern bereits vorhanden – nicht im Hinblick auf die Arbeitsausführung erworben worden ist. Insofern sind diese Auslagen dem Mitarbeitenden nicht aufgrund der Arbeit entstanden und berechtigen grundsätzlich nicht zum Auslagenersatz.
Mit Blick auf Homeoffice-Arbeit nach Aufhebung des Lockdowns empfiehlt es sich, klare Regelungen zu schaffen (freiwilliges oder angeordnetes Homeoffice) und entsprechende Anpassungen der Arbeitsbedingungen vorzunehmen und Arbeitsgeräte und Material zur Verfügung zu stellen oder entsprechende Entschädigungen auszurichten.
Durch die Verlegung des Arbeitsortes ergeben sich weitere Fragen, welche nachfolgend im Sinne einer nicht abschliessenden Auswahl angeschnitten werden. Auf Fragen des Datenschutzes und allfällige Berufspflichten wird nicht eingegangen.
Wie bereits erwähnt, hat der Arbeitgeber auch bei Homeoffice-Arbeit die Vorschriften des Arbeitsgesetzes (insbesondere Gesundheitsschutz, Arbeits- und Ruhezeiten, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitsverbot, Arbeitszeiterfassung) zu beachten und die Mitarbeitenden darauf hinzuweisen, dass diese auch bei der Homeoffice-Arbeit zwingend einzuhalten sind. Bei Kenntnis über Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen muss der Arbeitgeber aktiv werden und notfalls die Erlaubnis zur Homeoffice-Arbeit widerrufen, um nicht selbst seine Fürsorgepflichten zu verletzen.
Bei Mitarbeitenden, welche nicht in der Schweiz Wohnsitz haben (Grenzgänger), stellen sich bei Homeoffice-Arbeit für den schweizerischen Arbeitgeber sowohl sozialversicherungs- und steuerliche Fragestellungen, welche nicht unterschätzt werden dürfen und erhebliche finanzielle Folgen zeitigen können. Sofern nämlich der Mitarbeitende in seinem Wohnsitzstaat «wesentlich» erwerbstätig ist (vgl. Art. 13 Abs. 1 Bst. a Vo 883/2004), ist er einzig den Sozialversicherungsbehörden des Wohnsitzstaates unterstellt. Ein Arbeitspensum von mehr als 25% gilt als wesentliche Tätigkeit. Ein Grenzgänger kann bei einem 100% Pensum somit maximal einen Arbeitstag im Homeoffice arbeiten. Dabei sind aber zusätzlich immer die zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften des Wohnsitzstaates zu beachten.
Nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass mit einer dauernden, wesentlichen Erbringung der Arbeitsleistung aus dem ausländischen Homeoffice plötzlich im Ausland die Frage einer permanenten Betriebsstätte aktuell werden kann und (ungewollt) Steuern und Abgaben (Gewinn-, Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer etc.) im Wohnsitzland des Mitarbeitenden geschuldet sind. Aktuell scheinen sich die Behörden aufgrund der ausserordentlichen Situation noch zurückzuhalten.
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, drängt es sich auf, bei Homeoffice-Arbeit das vorhandene Spesenreglement anzupassen sowie eine Vereinbarung mit dem Mitarbeitenden abzuschliessen, um klare Verhältnisse zu schaffen und neben den Auslagen wichtige Aspekte der Homeoffice-Arbeit umfassend zu regeln.