Häufig geben (behauptete) Markenverletzungen Anlass zu Rechtsstreitigkeiten. Grund ist das leichte Recherchieren von Markenbenutzungen. In Deutschland etwa erfolgen die meisten Abmahnungen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes wegen (behaupteter) Markenverletzungen – auch gegen im Ausland, zum Beispiel in der Schweiz, ansässige Firmen und Personen.
Markenrechtliche Aspekte des grenzüberschreitenden Online-Handels
Markenverletzungen können insbesondere dann nach deutschem, europäischem oder Schweizer Recht vorliegen, wenn die Marke eines anderen zwar nicht identisch übernommen wird, jedoch der Eindruck entsteht, dass das Angebot vom Inhaber der eingetragenen Marke kommt und nicht vom tatsächlichen Anbieter.
Indizien für ein «bestimmungsgemäss» auch an ausländische Kunden gerichtetes Online-Angebot sind zum Beispiel Sprachauswahl, Warenlieferung sowie Akzeptanz von Kreditkarten. Liegen diese Voraussetzungen vor, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des deutschen Landgerichts – auch gegenüber einem in der Schweiz ansässigen Beklagten wegen der behaupteten Markenverletzung aus Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Das gilt auch in umgekehrter Richtung.
Das Verwenden von Marken Dritter für die Bewerbung der online angebotenen (Original-)Waren ist in der Regel zulässig. Unzulässig ist jedoch der Online-Verkauf von Plagiaten – beliebt sind zum Beispiel Textilien, Handtaschen, Uhren – unter Verwendung der Marke des Originalherstellers. Dabei ist zu beachten, dass die widerrechtliche Verwendung von fremden Marken im geschäftlichen Verkehr einen Straftatbestand erfüllt. Die Folge kann eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren sein.
Für die Annahme der Tätigkeit im «geschäftlichen Verkehr» ist weder eine Gewinnerzielungsabsicht noch Entgeltlichkeit erforderlich. Bejaht wurde das Handeln im geschäftlichen Verkehr auch bei Privatpersonen, die wiederholt Plagiate über eBay und ähnliche Internetplattformen angeboten haben («Powerseller»).
Um einen entsprechenden Verkehr auf der jeweiligen Internetseite zu erreichen, werden nicht selten fremde Marken als Metatags in den Quellcode von Websites aufgenommen. Das soll die Suchmaschinen dazu veranlassen, bei Eingabe der Marke durch den Internet-Nutzer die betreffende Homepage in der Trefferliste anzuzeigen. Eine solche Verwendung kann eine Rechtsverletzung der Markenrechte des Inhabers darstellen.
Keyword-Advertisment betrifft die Abrede zwischen einem werbenden Unternehmen und einem Suchmaschinenbetreiber bezüglich des Inhalts. Dabei geht es darum, dass bei Eingabe eines bestimmten Suchwortes – also zum Beispiel ein Markenname – neben oder über der Trefferliste die entsprechende Werbung erscheint. Wird für die Bewerbung einer markenrechtlich geschützten Ware oder Dienstleistung ein mit der entsprechenden Marke identisches Zeichen als Keyword benutzt (sogenannte Doppelidentität), ist nach der Rechtsprechung des EuGH von einer Markenverletzung auszugehen – unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der Werbefunktion der Marke.
Werden im Online-Angebot Ersatzteile oder Reparaturleistungen für Markenprodukte Dritter (wie zum Beispiel Fahrzeuge) angeboten, darf zwar die betreffende (Auto-)Marke als Bestimmungshinweis auf das Ersatzteil oder die Dienstleistung benutzt werden, nicht jedoch zusammen mit dem Logo des Markenherstellers. So hatte der deutsche Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 2011 entschieden, dass die Verwendung der bekannten Wort-Bild-Marke «VW im Kreis» in der (Print-)Werbung einer freien Autowerkstatt für Inspektionsarbeiten an Fahrzeugen rechtswidrig gewesen ist.
Mit der Zahlung entsprechender Gebühren wird die Gültigkeit der Marken beliebig verlängert. Die Lebensdauer kann damit ewig sein – sowohl nach deutschem als auch nach Schweizer Recht. Wird eine Marke joch nicht mindestens fünf Jahre nach Eintragung genutzt, werden diese Marken für die nicht benutzten Waren und Dienstleistungen löschungsreif. Das heisst, jeder Dritte (Wettbewerber) kann entweder vor den entsprechenden Ämtern oder vor den Zivilgerichten die (teilweise) Löschung der entsprechenden Marke beantragen.
In der Vergangenheit konnten sich Schweizer Unternehmen darauf verlassen, dass die Benutzung ihrer Marken in der Schweiz auch als Benutzung der entsprechenden Marke in Deutschland gilt – aufgrund eines bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und Deutschland aus dem Jahre 1892. Umgekehrt konnten sich deutsche Unternehmen darauf berufen, dass die Benutzung innerhalb Deutschlands auch als Benutzung der Marke in der Schweiz gilt.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Juli 2012 (T-170/11) besteht jedoch für die Anwendbarkeit dieses Übereinkommens für die Durchsetzung von Ansprüchen aus Gemeinschaftsmarken kein Raum mehr. Im konkreten Fall liess das Gericht die Benutzung der Rivella-Marke «Passaia» in der Schweiz nicht ausreichen, um eine rechtserhaltenden Benutzung einer Gemeinschaftsmarke nachzuweisen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei Online-Angeboten im Rahmen des deutsch-schweizerischen Waren- und Dienstleistungsverkehrs sowohl EU-Markenrecht als auch nationales Schweizer und deutsches Recht Anwendung finden. Wegen der leichten Recherchierbarkeit von Online-Markenverletzungen (auch bei der Verwendung als Metatags oder Keywords) empfiehlt sich ein konkretes Überprüfen der zulässigen Verwendung von Marken nach allen betroffenen Rechtsordnungen – insbesondere auch im Zusammenhang mit online angebotenen Dienstleistungen.
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