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10. Dez 2014, Recht & Steuern | Schweizer Steuergesetz

Mehrwertsteuer bei der internationalen Spedition und Logistik – Teil 2

Die Rechtslage zur Bestimmung des Leistungsortes hat sich mit dem Inkrafttreten des neuen Mehrwertsteuergesetzes in der Schweiz (MWSTG) und dem EU-MWST-Paket per 1. Januar 2010 grundlegend geändert. In Teil 1 der Artikelreihe wurde bereits auf die Transportleistung sowie diverse Fallkonstellationen eingegangen. Im zweiten Teil liegt der Fokus auf der Lagerleistung.

Lagerleistungen i.e.S.

Das Aufbewahren von Gegenständen aufgrund eines Aufbewahrungsvertrages ist eine Dienstleistung. Diese ist gemäss Art. 8 Abs. 1 MWSTG ebenfalls am Empfängerort steuerbar. 


Werden Gegenstände in der Schweiz für ein Unternehmen gelagert, das seinen Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit in Deutschland hat, fallen für die Lagerung keine Schweizer MWST an. Das gilt selbst dann, wenn dieses Unternehmen in der Schweiz für Mehrwertsteuerzwecke registriert sein sollte. Begründet dieses Unternehmen aber in der Schweiz eine Betriebsstätte und die Lagerung ist dieser Betriebsstätte zuzurechnen, liegt eine zum Satz von 8 Prozent steuerbare Dienstleistung in der Schweiz vor. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass reine Auslieferungslager keine Betriebsstätte in der Schweiz begründen (Art. 5 Abs. 3 MWSTV).

Lagerleistung I.: Abgrenzung zur Vermietung von Lagerräumlichkeiten

Abzugrenzen sind Lagerleistungen von der Vermietung eines Gebäudes oder Gebäudeteils (Lagerräumlichkeiten), welche als Grundstücksleistungen nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 20 MWSTG von der MWST ausgenommen sind. Im Falle einer Option für die freiwillige Versteuerung dieser Leistung bestimmt sich der Ort der Leistung und Besteuerung nach dem Ort der Lagerräumlichkeiten.

Eine solche Vermietung wird von der Verwaltungspraxis dann angenommen, wenn die betreffenden Räumlichkeiten allein durch den Mieter für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit genutzt werden. Dies kommt zum Beispiel dadurch zum Ausdruck, dass

  • bei Gebäuden eine durch bauliche Massnahme klare räumliche Trennung zu anderen Benutzern erkennbar ist. Wird etwa ein einziger Lagerraum an verschiedene Mieter vermietet, be- steht eine räumliche Trennung durch dauerhaft am Gebäude befestigte Trennwände;
  • der Mieter jederzeit uneingeschränkten Zutritt hat.
Lagerleistung II.: Ein Blick über die Grenze

Auch aus EU-Sicht bestimmt sich der Ort der Leistung im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von Gegenständen grundsätzlich nach dem Empfängerortprinzip. Wiederum ist eine Abgrenzung von grundstücksbezogenen Leistungen erforderlich, deren Besteuerung sich nach dem Belegenheitsort richtet.

Mit Urteil vom 27. Juni 2013 hat der EUGH18 entschieden, dass «eine komplexe Dienstleistung im Bereich der Lagerung, die in der Annahme von Waren in einem Lager, ihrer Unterbringung auf geeigneten Lagerregalen, ihrer Aufbewahrung, ihrer Verpackung, ihrer Ausgabe sowie ihrem Ent- und Verladen besteht, nur dann unter diesen Artikel fällt, wenn die Lagerung die Hauptleistung eines einheitlichen Umsatzes darstellt und den Empfängern dieser Dienstleistung ein Recht auf Nutzung eines ausdrücklich bestimmten Grundstücks oder eines Teils desselben gewährt wird.»

Lagerleistung III.: Anwendungsfälle

Selbstständige Lagerleistungen, die sich nicht als individuelle Überlassung eines abgegrenzten Grundstück(teils)s qualifizieren, fallen damit in der Regel unter das Empfängerortprinzip – sowohl aus schweizerischer Sicht als auch aus EU-Sicht. Es finden keine besonderen Befreiungsvorschriften Anwendung. Insofern unterliegen in der Schweiz lediglich Lagerleistungen für einen Leistungsempfänger mit Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit in der Schweiz der Besteuerung.

Unterhält ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland ein Auslieferungslager in der Schweiz und beauftragt ein schweizerisches Unternehmen mit der Einlagerung, der Konditionierung und Belieferung der schweizerischen Tochtergesellschaften, sind alle Leistungen aus Sicht des schweizerischen MWST-Rechts in Deutschland steuerbar – und damit am Empfängerort. Das Auslieferungslager begründet keine Betriebsstätte in der Schweiz, so dass der Sitz des Unternehmens in Deutschland als Empfängerort massgebend ist. Für diese Leistungen ist also keine schweizerische MWST geschuldet.

Grundsätzlich wendet das deutsche UStG für die Lagerleistung und den Transport ebenfalls das Empfängerortprinzip an. Für reine Drittlandsbeförderungen sieht hingegen § 3a Abs. 8 UStG als Ausnahme vom Empfängerortprinzip das Prinzip der Nutzung und Auswertung vor.  Im vorliegenden Fall wird somit auf die Besteuerung in Deutschland verzichtet.

Folglich unterliegt nur die Lagerleistung – Einlagerung und Konditionierung – der deutschen Umsatzsteuer. Diese ist durch den deutschen Leistungsempfänger im reverse charge Verfahren abzurechnen. Für die innerschweizerische Transportleistung im Auftrag des deutschen Unternehmens ist hingegen weder die schweizerische MWST noch die deutsche Umsatzsteuer geschuldet.

Fazit

Die Leistungsbeziehungen bei internationalen Transport- und Logistikleistungen sind zur Bestimmung der Mehrwertsteuer folgen detailliert zu analysieren. Neben der Bestimmung des Leistungsinhalts (Transport, Nebenleistung, Lagerung in Abgrenzung zu grundstücksbezogenen Leistungen) ist in einem ersten Schritt die Bestimmung des Leistungsempfängers und seines Sitzes für die Festlegung des Besteuerungsortes relevant. Erst in einem zweiten Schritt kann der Transportweg im Hinblick auf eine Steuerbefreiung oder eine vom Empfängerortprinzip abweichende Regelung zum Leistungsort Bedeutung erlangen. Der Lagerort ist nur bei grundstückbezogenen Leistungen entscheidungsrelevant.

Ein fehlerhafter Ausweis der Steuer aufgrund einer fehlerhaften Bestimmung des Leitungsortes kann für den Kunden, das heisst den Leistungsempfänger teuer werden. Wird ein ausländischer Kunde fälschlicherweise mit schweizerischer MWST belastet, ist diese auf der Rechnung falsch ausgewiesene Steuer nicht im Vorsteuervergütungsverfahren erstattbar. Eine Vereinfachung im Sinne eines Steuerausweises ohne Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift sieht die schweizerische Verwaltungspraxis lediglich dann vor, wenn der Leistungsempfänger ebenfalls in der Schweiz steuerpflichtig ist, effektiv abrechnet und dem Steuerausweis zustimmt. Der Leistungsempfänger ist in diesem Fall zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Das deutsche Recht versagt sogar im innerdeutschen Leistungsverhältnis dem deutschen Leistungsempfänger für fehlerhaft ausgewiesene deutsche Umsatzsteuer den Abzug als Vorsteuer (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Eine Lösung kann in diesen Fällen nur durch Rechnungskorrektur erfolgen. Dies kann aber allenfalls entweder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen im Zeitpunkt der Aufdeckung des Fehlers nicht (mehr) möglich sein.

Das deutsche Recht versagt sogar im innerdeutschen Leistungsverhältnis dem deutschen Leistungsempfänger für fehlerhaft ausgewiesene deutsche Umsatzsteuer den Abzug als Vorsteuer (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Eine Lösung kann in diesen Fällen nur durch Rechnungskorrektur erfolgen. Dies kann aber allenfalls entweder aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen im Zeitpunkt der Aufdeckung des Fehlers nicht (mehr) möglich sein.

Für die Branche bildet ein korrektes MWST-Handling den Ausweis für eine sorgfältige Auftragsabwicklung. Ein MWST-Screening des Leistungsangebots sollte somit beim Speditions- oder Logistikanbieter zum regelmässigen Standardprogramm gehören. Dies dient sowohl der Vermeidung eigener MWST-Risiken als auch der Qualitätssicherung von der Auftragserfüllung bis zur Rechnungstellung.

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Lesen Sie auch Teil 1 der Artikelreihe: Mehrwertsteuer bei der internationalen Spedition und Logistik: zum Artikel

(Bildquelle: © kupicoo/iStockphoto)




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