Mehr Möglichkeiten zur Rekapitalisierung deutscher Verlustgesellschaften (1/2)
28. Feb 2017, Recht & Steuern | Finanzierung

Mehr Möglichkeiten zur Rekapitalisierung deutscher Verlustgesellschaften (1/2)

Gegen Ende 2016 veröffentlichte der deutsche Gesetzgeber das «Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften» – und schaffte damit neue Möglichkeiten für Kapitalgesellschaften. 

Am 23.12.2016 erhielten Unternehmen, die Verluste angesammelt haben, ein verfrühtes «Weihnachtsgeschenk»: Im Bundesgesetzblatt wurde das «Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften» veröffentlicht. Damit wird die bisher sehr enge Nutzungsmöglichkeit von Verlustvorträgen bei Kapitalgesellschaften erheblich ausgeweitet. Gültig ist das Gesetz bereits rückwirkend ab dem 01.01.2016 – also schon für das abgelaufene Wirtschaftsjahr.

Bisherige Rechtslage

Bis zur gesetzlichen Neuregelung stellte § 8 c des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) eine hohe Hürde für Unternehmen dar, bei denen Verluste aufgelaufen waren und die auf der Suche nach neuen Kapitalgebern waren. Die Suche wurde dadurch erschwert, dass durch einen nennenswerten Anteilsverkauf an neue Investoren bisher entstandene Verluste nicht mehr abzugsfähig waren.

§ 8 c Abs. 1 KStG lautet: «Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als fünfundzwanzig Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar. Unabhängig von Satz 1 sind bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 Prozent des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahestehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt...»

Das bedeutet:

  • (K)ein Verlustvortrag bei Beteiligungserwerb
    Durch diese Regelung fällt bei einem Beteiligungserwerb von über fünfzig Prozent der Anteile der Verlustvortrag vollständig weg. Bei einem Anteilserwerb zwischen fünfundzwanzig und fünfzig Prozent entfällt derjenige Teil des Verlustvortrages, der der Höhe des Prozentsatzes der neuen Beteiligung entspricht. 
     
  • Kapitalerhöhung durch gesplittete Beteiligungen
    Den Ausweg, eine Kapitalerhöhung durch mehrere kleinere Beteiligungen vorzunehmen, hat der Gesetzgeber mit Satz 3 der vorgenannten Regelung verschlossen: «Als ein Erwerber im Sinne der Sätze 1 und 2 gilt auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen».
     
  • Kapitalerhöhung durch neue Investoren
    Eine Kapitalerhöhung durch die zusätzliche Hereinnahme neuer Investoren scheiterte durch Satz 4 der Vorschrift: «Eine Kapitalerhöhung steht der Übertragung des gezeichneten Kapitals gleich, soweit sie zu einer Veränderung der Beteiligungsquote am Kapital der Körperschaft führt.»
Wegfall des Verlustabzugs bei stillen Reserven

Diese sehr strengen Restriktionen wurden nur geringfügig dadurch gemildert, dass ein Wegfall des Verlustabzugs in der Höhe unterblieb, in der stille Reserven im Unternehmen nachgewiesen werden konnten. 



Stille Reserven definiert § 8 c Abs. 1 S. 7 KStG wie folgt:
«Stille Reserven im Sinne des Satzes 6 sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem ... in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem auf dieses Eigenkapital jeweils entfallenden gemeinen Wert der Anteile an der Körperschaft, soweit diese im Inland steuerpflichtig sind.» 

Solche stillen Reserven sind naturgemäss schwer zu ermitteln, die Berechnung ist kompliziert und streitanfällig.

Konzernklausel bringt Erleichterung

Eine weitere Erleichterung ermöglicht seit 2010 die sogenannte «Konzernklausel» des § 8 c Absatz 1 S. 5 KStG. Danach erfolgt bei Umstrukturierungen im Konzern – bei ansonsten unveränderten Beteiligungsverhältnissen – kein Wegfall des Verlustvortrages.

Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass nach dem bisher geltenden Recht eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse bei Unternehmen mit Verlustvortrag im Regelfall zu einem teilweisen oder sogar völligen Untergang des Verlustvortrages führt – insofern mehr als fünfundzwanzig beziehungsweise fünfzig Prozent der Unternehmensanteile auf einen neuen Gesellschafter übergehen. Diese Situation ist unbefriedigend und erschwert mögliche Sanierungen von Verlustunternehmen enorm.

Gerade bei Start-up-Unternehmen kommt es damit zu erheblichen Erschwernissen. Denn diese generieren üblicherweise in der Anlaufphase Verluste und sind im Zuge der Expansion ständig auf «frisches Geld» angewiesen.

Fazit und Ausblick

Die genannten Regelungen erschweren die Sanierung von verlustgeplagten Unternehmen. Nun hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit der Gesetzesänderung erkannt und mit dem «Gesetz zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften» reagiert. Mehr dazu in Teil 2 der Artikelreihe.

(Bildquelle: © IuriiSokolov/iStockphoto)




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