Ein von der Politik immer wieder versprochener Bürokratieabbau ist in der Praxis des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs nicht festzustellen. Vielmehr zeigen aktuelle Beispiele den gegenteiligen Trend auf. Schweizer Unternehmer müssen beispielsweise für ihre Grenzgänger mit Wohnsitz in Deutschland neue Zollvorschriften beachten. Umgekehrt sehen sich deutsche Entsendebetriebe einem stetig wachsenden Verwaltungsaufwand ausgesetzt, bei Entsendungen ihrer Mitarbeiter in die Schweiz.
Seitens der EU wurde die Nutzung von ausserhalb der Schweiz zugelassenen Fahrzeugen beschränkt, wenn diese durch in der EU wohnhafte Personen benutzt werden.
Welcher Personenkreis ist von der neuen Fahrzeugregelung betroffen?
Von der Neuregelung sind die in Deutschland wohnhaften Mitarbeiter betroffen, die bei einem in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber angestellt sind und ein in der Schweiz zugelassenes Fahrzeug in Deutschland nutzen. Darunter fallen beispielsweise in Deutschland wohnhafte Grenzgänger eines Schweizer Arbeitgebers.
Bedeutung für Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz
Für Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz, die deutsche Grenzgänger beschäftigen, ist die Neuregelung mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand verbunden. Es stehen Ihnen zwei Optionen zur Verfügung:
1. Option: Beschränkung der Nutzung
Der Schweizer Arbeitgeber beschränkt die Nutzung des in der Schweiz zugelassenen Fahrzeuges im Arbeitsvertrag auf die Fahrten zwischen Arbeitsplatz (in der Schweiz) und Wohnort des Mitarbeiters in Deutschland. Soweit der Grenzgänger das Fahrzeug bislang privat uneingeschränkt in Deutschland genutzt hat, muss der Schweizer Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nun schlechter stellen. Des Weiteren muss die Beschränkung auf die Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort neu im Arbeitsvertrag festgehalten werden. Zudem muss eine Kopie des Arbeitsvertrages im Fahrzeug mitgeführt werden.
2. Option: Versteuerung und Verzollung in Deutschland
Das Fahrzeug wird für Deutschland versteuert und verzollt. Dies hat zur Folge, dass das Fahrzeug in Deutschland uneingeschränkt vom Grenzgänger genutzt werden darf. Es entsteht aber der Verwaltungsaufwand, das Fahrzeug zu verzollen und zu versteuern sowie allenfalls eine finanzielle Belastung – zum Beispiel wenn keine Zollpräferenzen genutzt werden können. Schliesslich sollte der Verzollungsbeleg im Fahrzeug mitgeführt werden.
Meldeverfahren für deutsche Entsendebetriebe
Deutsche Entsendebetriebe können während 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr ohne ausländerrechtliche Bewilligung in der Schweiz erwerbstätig sein. Für sie besteht lediglich eine Meldepflicht (sogenanntes Meldeverfahren).
Beim Meldeverfahren steigt der Verwaltungsaufwand für deutsche Entsendebetriebe stetig an. Zum Beispiel indem weitere Angaben bei der Meldung – wie beispielsweise Angaben zu den Lohnzahlungen – eingeführt werden. Seit Dezember 2014 müssen Entsendebetriebe neu auch im Meldeverfahren umfassende Fragen zur Schweizer Mehrwertsteuerpflicht beantworten. Erst dann können sie die Meldung für ihre Mitarbeiter abschliessen.
Bewilligungsverfahren
Für Arbeitseinsätze, die 90 Tage pro Kalenderjahr überschreiten, ist immer und für jede einzelne Person separat eine Aufenthaltsbewilligung mit Erwerbstätigkeit bei der zuständigen kantonalen Arbeitsmarktbehörde einzuholen. Grundsätzlich besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer solchen Bewilligung. Kurzaufenthaltsbewilligungen für Dienstleistungserbringer aus EU / EFTA unterliegen des Weiteren Höchstzahlen – wenn die Aufenthalte über 120 Tage dauern. Diese Höchstzahlen werden jährlich vom Bundesrat festgelegt und die Kontingente quartalsweise an die Kantone freigegeben.
Zum 01.01.2015 hat der Bundesrat die Höchstzahlen für das Jahr 2015 gekürzt und für das Jahr 2016 auf dem niedrigen Vorjahresniveau belassen.
Geplante Verschärfungen
Nach den Vorschlägen des Schweizer Bundesrates soll neu:
- die Voraussetzungen für eine Verlängerung von Normalarbeitsverträgen mit zwingenden Mindestlöhnen definiert werden.
- geprüft werden, ob die Pflicht zur Benennung einer Zustelladresse für ausländische Dienstleistungserbringer eingeführt werden soll.
- ein Aktionsplan zur Verbesserung des Vollzugs der flankierenden Massnahmen bis Oktober 2016 vorgelegt werden.
Bereits beschlossen ist die Erhöhung der Verwaltungssanktionen bei Verstössen gegen die minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen von 5.000 auf 30.000 Schweizer Franken.
Ob durch Entsenderichtlinien, Zollvorschriften, MWST-Regelungen oder Verordnungen zur Sozialversicherung und leider vieles mehr, die Regelungsdichte, die administrativen Aufwendungen und damit verbundene Beleg- und Beweisführungspflichten, haben in den letzten Jahren in beiden Ländern deutlich zugenommen.
Fazit
Grenzüberschreitende Geschäftsvorgänge sehen sich einer immer grösser werdenden Bürokratie gegenüber. Für kleinere Unternehmen und für kleinere Aufträge wird das Geschäft über die Grenze mit jedem Jahr kostenintensiver.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen unserer Exportnationen zielen jedoch auf die Offenheit der Märkte und den freien Wettbewerb von Gütern, Dienstleistungen und den freien Personenverkehr.
(Bildquelle: © Yuri_Arcurs/iStockphoto)