Die Wirtschaftsstandorte Deutschland und Schweiz behaupten sich glänzend im globalen Wettbewerb. Dies wird regelmässig durch Managerumfragen bestätigt – wie auch das aktuelle Ergebnis des «Global Competitiveness Ranking» 2016 des WEF zeigt. Danach liegt die Schweiz an erster Stelle – Deutschland im dichten Verfolgerfeld an fünfter Stelle. Auch zwischen den beiden Ländern steigen die Direktinvestitionen. Diese beinhalten Unternehmensneugründungen und –beteiligungen. Alleine im ersten Halbjahr 2016 investierten Schweizer Firmen netto rund 9,5 Milliarden Euro in Deutschland. Investitionen deutscher Firmen betrugen rund fünf Milliarden Euro in der Schweiz. Im langjährigen Vergleich ist das ein Rekordwert.
Angesichts der Vorteile dieser intensiven Verflechtungsbeziehungen im härter werdenden globalen Wettbewerbsumfeld sollten auch die Rahmenbedingungen für die gegenseitigen Investoren dem Vernetzungsgrad Rechnung tragen – sollte man meinen! Manchmal ist die Entwicklung sogar rückwärts gerichtet. Ein Beispiel sind die Probleme, die deutsche Investoren in der Schweiz durch deren Unterstellung unter die Beitragspflicht der schweizerischen Sozialversicherung haben.
Sozialversicherung in der Schweiz kann teuer werden
Verwaltungsräte oder Geschäftsführer einer Schweizer AG oder GmbH – die mit ihrer Tätigkeit in Deutschland von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind – werden in der Schweiz als unselbständige Beschäftigte eingestuft. Damit sind diese der Beitragspflicht der Sozialversicherung (AHV) unterstellt. Dies gilt sogar dann, wenn etwa ein Verwaltungsratsmandat entschädigungslos ausgeübt wird. Als Bemessungsgrundlage für die Beiträge wird das Welteinkommen der betreffenden Person herangezogen.
Folgende Konstellationen kommen im Bereich der Direktinvestitionen relativ häufig vor und führen zu einer erheblichen finanziellen Belastung für die betroffenen Personen:
- Geschäftsführer einer deutschen GmbH (mit Befreiung von der deutschen Sozialversicherungspflicht) und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
- Vorstand einer deutschen AG (mit Befreiung von der deutschen Sozialversicherungspflicht) und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
- Selbständige in Deutschland (mit Befreiung von der deutschen Sozialversicherungspflicht) und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
- Kommanditist einer deutschen GmbH & Co KG und Tätigkeit als Verwaltungsrat einer Schweizer AG oder als Geschäftsführer einer Schweizer GmbH.
Zurückzuführen ist die Regelung auf EU-Verordnungen, welche mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen CH-EU auch im Verhältnis Deutschland – Schweiz gelten. Bis zum Jahr 2012 liess die Schweiz die Ausnahmebestimmungen nach Artikel 17 der EU-Verordnung Nr. 1408/71 zu. Demnach entfiel bei geringfügigen Einkünften in der Schweiz für die selbständige Tätigkeit in Deutschland die Unterstellung unter die Schweizer Sozialversicherungspflicht. Seither wird diese Ausnahmebestimmung bei geringfügigen Einkommen nicht mehr zugelassen – obwohl die EU-Verordnungen dies heute noch erlauben würden.
Nicht gewahrt ist aus Sicht der Handelskammer Deutschland-Schweiz die Verhältnismässigkeit, die Bemessungsgrundlage für den AHV-Beitrag mit sehr geringen Einkommen oder mit entschädigungsfreier Tätigkeit in der Schweiz durch das Welteinkommen der betreffenden Personen zu erweitern. Die Kammer wird sich weiterhin an der Beseitigung des Hemmnisses für deutsche Investitionen in der Schweiz engagieren.
Angesichts der immer enger werdenden grenzüberschreitenden Beziehungen der Wirtschaft welche in den kommenden Jahren auch im Rahmen der Digitalisierung zunehmen werden – darf sich der entsprechende Ordnungsrahmen nicht als Hemmnis erweisen. Nach wie vor gilt: Die Verflechtung zwischen der deutschen und der Schweizer Wirtschaft stützt die Wettbewerbsfähigkeit im globalen Wettbewerb für beide Standorte.
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