Strafrechtliche Risiken für Schweizer und Deutsche Unternehmen im Zollbereich Teil 2
1. Mär 2019, Recht & Steuern

Teil 2: Strafrechtliche Risiken für Schweizer und Deutsche Unternehmen im Zollbereich

III. Grenzüberschreitende Strafverfolgung
Sind es Schweizer Unternehmen, die durch falsche Präferenznachweise oder andere unzutreffende Angaben eine Verkürzung der europäische Einfuhrabgaben bewirken, reicht der lange Arm des deutschen Zolls im Wege der Amtshilfe problemlos bis in die Schweiz: Das sog. Betrugsbekämpfungsabkommen (BBA) zwischen der Schweiz und der EU vom 26.10.2004 gibt den deutschen Behörden recht unkompliziert die Möglichkeit, die Schweizer Behörden um Mithilfe bei der Aufklärung von Steuerstraftaten zu ersuchen. Die Schweizer Behörden können – ggf. auch unter Anwesenheit der deutschen Beamten – Hausdurchsuchungen in der Schweiz bei Schweizer Unternehmen und Schweizer Staatsbürgern vornehmen, Gegenstände und Unterlagen beschlagnahmen und gegebenenfalls an die deutschen Behörden herausgeben. Selbstverständlich gilt diese Zusammenarbeit auch vice versa. Darüber hinaus aber ahndet Deutschland auch solche Taten als Steuerhinterziehung gemäss § 370 Abs. 6 AO, bei denen nicht deutsche Einfuhrabgaben gefährdet werden, sondern die bestimmter assoziierter Staaten. Neben sämtlichen EU-Staaten sind das die Mitgliedstaaten der europäischen Freihandelsorganisation (EFTA) und solcher Staaten, die mit der EFTA assoziiert sind. Früher gehörten zur EFTA Island, Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz und Norwegen, assoziiert war Finnland. Heute verbleiben als EFTA-Staaten – die nicht zur EU gehören – nur noch Island, die Schweiz, Liechtenstein und Norwegen. Typischer Fall des § 370 Abs. 6 AO ist die Ausstellung falscher Präferenznachweise in Deutschland, die zu zu geringen Einfuhrabgabenfestsetzungen in den assoziierten Staaten, zum Beispiel der Schweiz führen. In diesem Fall erfolgt die Tathandlung nicht gegenüber den inländischen Behörden, sondern gegenüber ausländischen Behörden, es liegt dennoch eine Steuerhinterziehung nach deutschem Recht vor. Schliesslich regelt § 370 Abs. 7 AO das sogenannte Weltrechtsprinzip, wonach unerheblich ist, in welchem Staat Täter oder Teilnehmer gehandelt haben bzw. wo der Erfolg der Tat eingetreten ist.
IV. Selbstanzeige im Zollrecht
Da die Verkürzung von Einfuhrabgaben als Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 AO gegeben ist, ist auch die Möglichkeit der Selbstanzeige nach § 371 AO eröffnet. Es steht deutschen wie Schweizer Unternehmen und Privatpersonen frei, Verstösse gegen den Unionszollkodex, die zu einer Verkürzung der Einfuhrabgaben geführt haben vollständig für die letzten zehn Kalenderjahre und in der für eine Selbstanzeige erforderlichen Form den deutschen Finanzbehörden zu melden, um so Straffreiheit zu erreichen. Hier auf die einzelnen Voraussetzungen der zollrechtlichen Selbstanzeige einzugehen, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass die Selbstanzeige ihre strafbefreiende Wirkung nur entfaltet, wenn sie alle Verstösse der letzten zehn Kalenderjahre erfasst, die zur Verkürzung ein und derselben Steuerart geführt haben. Regelmässig bestehen die hinterzogenen Einfuhrabgaben aus Zoll einerseits und Einfuhrumsatzsteuer andererseits. Einfuhrumsatzsteuer ist aber nur eine besondere Form der Umsatzsteuer, so dass im Falle einer Selbstanzeige wegen Einfuhrabgabenhinterziehung sicherzustellen ist, dass in den letzten zehn Kalenderjahren auch keine sonstigen Verstösse betreffend umsatzsteuerlicher Sachverhalte vorliegen. Die Vollständigkeit hinsichtlich der Zölle erfordert die Sicherstellung, dass der EU innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre nicht Zoll vorenthalten wurde; es sind also ggf. die erfolgten Einfuhren in alle EU-Mitgliedsstaaten relevant. Wichtig ist ferner, dass zwar die Einfuhrumsatzsteuer bei bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung nur ein durchlaufender Posten ist. Wurde wegen falscher Angaben aber Einfuhrumsatzsteuer nicht in korrekter Höhe festgesetzt, ist auch dies in der Selbstanzeige anzugeben und zu korrigieren. Es ergehen aufgrund der Selbstanzeige neue Einfuhrabgabenbescheide mit der entsprechenden korrekten Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer. Diese kann dann ggf. in der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer gezogen werden.
 
V. Geschäftsführer und Mitarbeiter im Visier der Zollfahndung
Anders als das Ordnungswidrigkeitenrecht hat das Strafrecht nicht juristische Personen, mithin das Unternehmen, im Visier, sondern stets die verantwortlich handelnden natürlichen Personen. Angriffspunkt der Verteidigung muss hier regelmässig der fehlende Vorsatz sein: Der strafrechtliche Vorwurf der Steuerhinterziehung erfordert im Hinblick auf die subjektive, innere Tatseite mehr, als die Zollschuld: Genügt für die Zollschuld gemäss Art. 77 Abs. 3 Unterabs. 2 UZK das «Wissen Müssen» von der Unrichtigkeit der eigenen Angaben, erfordert die vorsätzliche Einfuhrabgabenhinterziehung das positive Wissen und Wollen. Generell dringend zu empfehlen – auch im Hinblick auf die Ahndung zollrechtlicher Verstösse als Ordnungswidrigkeit – ist ein internes zollrechtliches Kontrollsystem im Unternehmen mit klarer Organisation der Zuständigkeiten und Abläufe, verschriftlichten Arbeitsanweisungen, dem Vier-Augen-Prinzip an den wichtigen Stellen und institutionalisierten Kontrollen, geschulten Mitarbeitern und schliesslich einer Dokumentation, die belegt, dass das System tatsächlich gelebt wird.
 
VI. Zusammenfassung
Verstösse gegen zollrechtliche Vorschriften können eine Zollschuld begründen und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Schweiz im Wege der Amtshilfe erhöht das Risiko Schweizer Unternehmen in Deutschland wegen Zollstraftaten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Vermeidungsstrategien und die Möglichkeit der Selbstanzeige sollten genutzt werden, um dieses Risiko für Geschäftsführer und verantwortliche Mitarbeiter gering zu halten.
 



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