Warum wir Top-Jobs mit Top-Flops besetzten, ist eine durchaus berechtigte Frage. Insbesondere wenn wieder einmal ein gescheitertes Projekt der Spitzenklasse – wie die Elbphilharmonie Hamburg oder auch die Transrapidstrecke in München – ans Licht kommt. Wie kann es zum «Dieselgate» bei VW kommen, warum muss der Nachfolger von Brady Dougan bei Credit Suisse so manches in Ordnung bringen? Wieso wiederholen sich solche Fehler immer wieder? Leopold Hüffer, ein Experte im individuellen Top Executive Assessment und Autor, beschäftigt sich in seinem Buch ausgiebig mit diesem Problem. Wir haben ihn deshalb zu unserem Business-Lunch am 5. April 2016 eingeladen und ihm im Vorfeld ein paar Fragen zum Thema gestellt.
Warum besetzen wir Top-Jobs mit Top-Flops?
Fehlentscheidungen und Scheitern von Projekten in höchsten Führungsgremien von Politik und Wirtschaft sind keine Seltenheit. Dennoch scheint es, dass diese Entwicklung im Laufe der Zeit zugenommen hat.
Hüffer antwortet darauf, dass keine Statistik einen Rückgang der Verweildauer in den Spitzen-Positionen erweisen würde. Blickt man zwanzig Jahre zurück, so ergeben sich laut mehreren Studien keine signifikanten Veränderungen in der Verweildauer auf der Stufe Geschäftsführung. Diese betrage konstant 4.5 bis 6.5 Jahre. Jedoch würden wir in einer Zeit leben, in der Fehlentscheidungen und Scheitern immer offener angeprangert und diskutiert würden. «Fehlleistungen können heute schlichtweg schlechter unter den Tisch gekehrt werden» sagt Hüffer. «Weit mehr Stakeholder als früher schauen genau hin und die Performance der Top-Riege lässt sich immer besser vergleichen».
Was läuft jedoch bei einer solchen Stellenbesetzung schief? Anzunehmen ist, dass für ein Unternehmen durch eine Stellenbesetzung auf oberster Managementebene Chancen entstehen. Woran liegt es also, dass Unternehmen auf «Blender» reinfallen? «Es fehlt manchen Nominationsausschüssen an der Coolness, die Anwärter auf Herz und Nieren zu prüfen und konsequent im Interesse der Eigentümer zu handeln», konstatiert Hüffer. Es gehe ihnen zu wenig um «Erfolg oder Misserfolg».
Der Nutzen von Führungsqualität und Verantwortungsbewusstsein würde gegenüber Aspekten wie der Vergütung oder der persönlichen Präferenz, zu tief gewichtet. Hüffer bemerkt ausserdem, dass Gremien von starken Alleinentscheidern bestimmt würden. So gelten deren Entscheide als unantastbar – selbst wenn diese Wirtschaftsführer mit ihren Top-Leuten nicht glücklich werden. Ausserdem verlieren viele die eigentliche Frage, ob der Anwärter das Team verstärke oder nicht, zu schnell aus den Augen. Verhindert würde dies auch durch Abhängigkeiten, welchen zu viele Verwaltungsrat-Mitglieder einem CEO oder CxO-Anwärter gegenüber unterlägen.
Fehlbesetzungen passieren immer wieder. Selbst eine offene Kommunikation in der Branche verhindert solche Fälle nicht. Ohne mehr Methodenkompetenz oder ein halbwegs systematisches Auswahlverfahren, würden sich immer die gleichen Fallgruben ergeben. Ausserdem seien derartige Fehlentscheidungen unangenehm und deshalb verschwiege man diese lieber, so Hüffer.
Wir danken Leopold Hüffer für das Gespräch und freuen uns, am Business Lunch vom 5. April in Zürich noch mehr Wissenswertes zu erfahren.